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Quelle: Kim Neubauer/rbb

#Wiegehtesuns? | Alleinerziehende Studentin

"Für Zwei-Eltern-Familien ist es einfacher"

Christina ist alleinerziehend, seitdem ihre Tochter zwei Wochen alt ist. Nebenbei versucht sie, ihr Studium abzuschließen – und sich von der Krise und den steigenden Kosten nicht unterkriegen zu lassen. Wie geht es ihr damit? Ein Gesprächsprotokoll

In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

Christina studiert Psychologie in Berlin und erzieht ihre zweijährige Tochter allein. Die 35-jährige kann nebenbei nicht arbeiten und ist auf Sozialleistungen angewiesen. Sie lebt sparsam und macht sich trotzdem Sorgen wegen der steigenden Preise. Als Alleinerziehende empfindet sie die Krise als besonders herausfordernd.

Ich bin komplett allein verantwortlich für Zoe. Zum Vater meiner Tochter habe ich keinen Kontakt, was besser so ist. Er würde uns manipulieren und anschreien. Aber meine Familie wohnt nicht in Berlin und kann mich daher im Alltag nicht unterstützen. Einkaufen, kochen, waschen, nachts den Alptraum wegtrösten – das mache immer ich. Ich muss alle Entscheidungen allein treffen. In welchen Kindergarten geht Zoe? Geht es ihr da gut? Es wäre schön, Unterstützung zu haben und sich absprechen zu können. Zu wissen, dass sich noch jemand liebevoll um Zoe kümmert. Trotzdem bin ich lieber allein, als mit einem Partner, der uns erpresst.

#Wiegehtesuns? | Studentin aus der Ukraine

"Es ist nicht immer leicht, neue Kontakte zu knüpfen"

Viele ukrainische Studierende, die wegen des Krieges aus ihrer Heimat geflohen sind, wollen ihr Studium hier fortsetzen. Ein Hochschulsystem in einem fremden Land bringt aber auch neue Probleme und Herausforderungen mit sich. Ein Gesprächsprotokoll.

Nicht nur emotional trage ich die ganze Verantwortung, sondern auch finanziell. In der aktuellen Krise ist die finanzielle Belastung besonders herausfordernd. Alles wird teurer. Wie bei den meisten wurde auch meine Gasrechnung erhöht, von 180 Euro auf 450 Euro. Auch meine Miete ist gestiegen. Jeder Einkauf kostet mehr. Für Zwei-Eltern-Familien ist es einfacher.

In Deutschland gibt es zwar eine Unterhaltspflicht, also müsste Zoes Vater eigentlich mindestens 437 Euro im Monat bezahlen, aber die Realität sieht anders aus. Als ich schwanger war, war ich offiziell noch mit einem anderen Mann verheiratet. Bei der Geburt wird in Deutschland aber immer automatisch der Ehemann als Vater in die Geburtsurkunde eingetragen. Also wurde mein heutiger Ex-Mann auf dem Papier zum offiziellen Vater von Zoe. Ihr leiblicher Vater muss deshalb keinen Unterhalt zahlen und macht das auch nicht.

Der Unterschied zu Familien mit zwei Elternteilen ist mir zuletzt an Weihnachten klar geworden. Ich war zu Besuch bei meinen Eltern, und meine Schwester ist mit ihrem Partner mit dem Auto angereist. Sie hatten viele schöne Geschenke dabei – und ich dachte: Klar, sie haben ein zweites Einkommen. Alles wird geteilt, das macht es leichter. Meine Schwester hat auch viel Selbstgebackenes mitgebracht. Dafür hätte ich gar nicht den Nerv gehabt. Kurz vor Weihnachten war ich damit beschäftigt die Anträge für Bafög, Wohngeld und Zoes Grundsicherung auszufüllen.

Aktuell leben wir von diesem Geld, weil ich neben meinem Studium und Muttersein nicht arbeiten kann. Es reicht zum Leben, wir liegen noch ein paar hundert Euro über der Armutsgrenze. Aber durch die Inflation mache ich mir manchmal Sorgen. Ich lebe jetzt schon sehr sparsam. Mein Geld gebe ich für die Miete, für Strom, Gas und Essen aus. Ich gehe nicht ins Kino oder mit Freundinnen in ein Café.

Bevor ich Mutter wurde, habe ich in einer Schule für Kinder mit psychischen Krankheiten gearbeitet. Dieser Job hat mir viel Spaß gemacht, war aber auch sehr energieraubend. Ich hätte nach Feierabend nicht mehr die Kapazität, mit meiner Tochter geduldig zu sein und ihr die Aufmerksamkeit zu geben, die sie verdient. Also habe ich mich entschieden mein Studium weiterzuführen und meinen Master in Psychologie zu machen. Auch damit ich irgendwann ein gutes Einkommen habe und weniger finanzielle Sorgen haben muss.

Manchmal muss ich Geld für eine Babysitterin ausgeben, wenn ich nachmittags ein Seminar habe und ich meine Tochter nicht rechtzeitig aus dem Kindergarten abholen kann. Im letzten Semester hat mich das 65 Euro pro Woche gekostet. Das hat mich hart getroffen. Aber ich habe eine Anwesenheitspflicht und möchte das Wissen haben.

Gerade liegt wieder eine Klausur-Phase hinter mir. Wenn ich eigentlich lernen müsste, fällt mir besonders auf, wie schwer es ist, allein mit Kind zu sein. Wenn ich am Montag eine Klausur habe, weiß ich, dass sich andere Studierende am Wochenende Zeit zum Lernen nehmen. Und ich habe Zoe, die mich schon die halbe Nacht nicht hat schlafen lassen. Dann muss ich Frühstück machen, sie verteilt die Hälfte in der Küche, ich wische es auf, dann spielen wir. Danach muss ich das nächste Essen vorbereiten. Zum Lernen habe ich kaum eine Chance. Das frustriert mich oft, weil ich nicht die Leistung bringen kann, die ich gerne würde.

Aber ich bin zuversichtlich, jetzt kommt der Frühling. Die Gefahr krank zu werden, hat mich im Winter gestresst. Zoe kann jetzt schon ihre Socken und ihren Schlafanzug ausziehen und hüpft gerne nackig rum, was für sie total schön ist. Aber ich denke nur: "Es ist kalt, du wirst krank, zieh dich an!"

Für mich ist das der Supergau: Wenn sie krank ist, kann sie nicht in den Kindergarten. Wenn sie nicht in den Kindergarten kann, muss ich zuhause bleiben. Wenn ich zuhause bleibe, kann ich nicht in die Uni. Wenn ich nicht in die Uni kann, schaffe ich meine Anwesenheitspflicht nicht. Wenn ich meine Anwesenheitspflicht nicht schaffe, dauert mein Studium länger. Ein Schnupfen hat einen riesigen Rattenschwanz.

Ohne meine Tochter wäre ich nicht in dieser prekären Lage, ich hätte nicht so einen stressigen Alltag – aber ich würde sie sehr vermissen. Sie ist ein großer Anker in meinem Leben. Ich habe sie so lieb und bin sehr stolz auf sie. Ich bin sehr froh, dass sie da ist.

Das Gespräch führte Sophie Fichtner, rbb|24

Sendung: "Deep Doku", rbbkultur, 08.03.2023, 10 Uhr

Beitrag von Sophie Fichtner

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