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Audio: rbb24 Inforadio | 18.05.2022 | Christina Rubarth | Quelle: privat

#Wiegehtesuns? | Das erste Kind mit 38

"Ich finde es gut, dass ich spät Mutter geworden bin"

Brit Salmon hat lange nicht das Gefühl, dass sie ein Kind haben will. Mit Mitte 30 dann kommt der Kinderwunsch, mit 38 der erste Sohn und jetzt mit 42 soll der zweite auf die Welt kommen. Ein Gesprächsprotokoll

In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, was sie gerade beschäftigt – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

Brit Salmon wuchs in Pirna auf, lebte in Dresden, ist studierte Sozialpädagogin. Sie lebte mehrere Jahre im isländischen Reykjavik und wohnt seit 2013 mit ihrem Partner und mit ihrem gemeinsamen vierjährigen Sohn in Berlin. Sie arbeitet in einer Berliner Kita als Pädagogin.

Ich habe mit 18 Abitur gemacht, dann ein freiwilliges soziales Jahr und mit 20 Jahren angefangen zu studieren. Kinder hatte ich da ehrlich gesagt noch nicht im Kopf. Ältere Studienkolleginnen hatten zum Teil schon ein, zwei Kinder und ich dachte mir immer: Oh, wie schaffen die das? Und auch: Die Studienzeit ist doch die Zeit, wo man noch lange ausgeht, auf Studentenpartys und so. In der Zeit hätte ich mir gar nicht vorstellen können, ein Kind zu bekommen. Ich dachte: Ich will erst noch ein bisschen was erleben, reisen, einfach was sehen von der Welt. Und auch: Bis 30 hat man ja ungefähr Zeit.

Als ich dann aber so 27 war, gerade mit Studium fertig und das erste Mal einen richtig festen Job hatte, kam plötzlich die Befürchtung: War's das jetzt? Jetzt mache ich diesem Job bis 60? Oder fällt mir noch was anderes ein? Während also meine Freundinnen um mich herum mit 27, 28 alle ihre ersten Kinder bekamen, dachte ich: Nee das ist jetzt nix für mich. Ich habe mich von meinem Freund getrennt und mir gesagt: Ich gehe jetzt meinen Weg - und bin mit 28 nach Island gezogen.

Vorher bei der Verabschiedung in der Kita, in der ich gearbeitet habe, waren ganz viele Mütter in meinem Alter, zum Teil schon mit dem zweiten Kind. Die standen vor mir und sagten: "Wenn ich kein Kind hätte, dann würde ich das ja auch machen." Da hörte ich auch Sehnsucht heraus und dachte mir innerlich, ich mache das jetzt einfach. Ich möchte mir später nicht sagen, ich hab's nicht probiert.

Bis in meine frühen Dreißiger dachte ich dann immer, dass ich keine Kinder möchte, dass ich auch ohne Kinder glücklich bin. Dann habe ich aber meinen Partner kennengelernt und mit 34 oder so fing auf einmal die Uhr zu ticken an. Das hätte ich nicht erwartet, denn eigentlich war die Sache für mich klar. Mein Partner und ich haben entschieden: Man kann's ja mal probieren. Am Ende hat es dann aber bis 37 gedauert, bis ich schwanger wurde. Der Grund war ein Myom in meiner Gebärmutter. Meine Frauenärztin hat mich zu einem Spezialisten und irgendwann zu einer Kinderwunschklinik geschickt. Das war alles nicht so easy.

Mit Kind Nummer eins fand ich die Schwangerschaft okay, da war ich fit und habe nicht gezweifelt, hätte ich das mal vor vier Jahren gemacht. Aber ich habe schon gedacht: Für ein zweites sind wir jetzt etwas spät dran, dafür hätte es mit dem ersten schon mit 35 klappen müssen. Dann haben wir uns aber doch für ein zweites entschieden – und ich muss ehrlich sagen, ich hatte das unterschätzt. Als ich den positiven Schwangerschaftstest in der Hand hatte, hat es mir doch kurz mal den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich dachte, schaffe ich das wirklich, schafft das meinen Körper, schafft das unsere Beziehung? Und ich kann eigentlich ansonsten sehr gut damit umgehen, dass ich 42 bin.

Der Anfang der Schwangerschaft war es ein bisschen schwieriger, aber momentan geht's mir sehr gut und meine Angst oder Befürchtung ist eher, die Geburt gut durchzustehen und danach wieder auf die Beine zu kommen. Die Geburt von meinem ersten Kind hat ungefähr 48 Stunden gedauert. Das macht schon was mit einem und es hat auch eine Weile gebraucht, bis ich wieder einigermaßen fit war. Jetzt mit 42 habe ich natürlich Respekt, auch mit dem Wissen, dass da schon ein erstes Kind ist. Aber ich sage mir auch, dass ich das schon irgendwie schaffen werde. Ich habe auch ein gutes Umfeld von Freunden und Familie, die ich um Hilfe bitten kann.

Mein Partner fragt immer: Können wir uns noch ein zweites Kind leisten? Dann rechne ich ein bisschen und denke mir, ach klar, geht schon irgendwie. Ich glaube, da war meine Mutter ein ganz gutes Vorbild. Wir hatten auch nicht so viel Geld, aber sie hat es immer sehr gut hinbekommen. Wenn ein Kind Liebe und Aufmerksamkeit bekommt und man sich einfach auch damit beschäftigt, dann ist es ja egal, ob ich viel Geld habe oder nicht.

Ich finde es gut, dass ich spät Mutter geworden bin, weil ich mich jetzt viel selbstsicherer und auch selbstbestimmter in meinem Leben fühle, als ich das noch vor zehn Jahren oder so hatte. Da war ich schon eher die junge Frau, die sich ausleben wollte. Jetzt fühle ich mich einfach gestandener.

Gesprächsprotokoll: Christina Rubarth

Sendung: rbb24 Inforadio, 18.05.2022, 11:10 Uhr

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