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Quelle: dpa/Stefan Sauer

#Wiegehtesuns? | Alleinerziehende

"Sie sind an den Strand gelaufen, ins Wasser und haben vor Glück geweint"

Simona R. ist alleinerziehende Mutter von zwei Kindern und macht eine Ausbildung. Urlaubsreisen in den Ferien kann sich die 32-jährige Berlinerin schon seit Jahren nicht leisten. Doch weil ihr andere halfen, durfte sie vor kurzem etwas Besonderes erleben.

In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Leben gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

"Das letzte Mal so richtig in den Urlaub gefahren bin ich vor zwölf Jahren - da bin ich nach Tunesien gereist und konnte das selbst bezahlen. Das war noch, bevor meine Kinder auf der Welt waren. Sie sind heute sieben und acht Jahre alt. Seitdem konnte ich mir keine Urlaubsreise mehr leisten.

Ich lebe seit zehn Jahren in Berlin, komme ursprünglich aus Polen. Zuerst habe ich mich als Wimpernstylistin selbständig gemacht, dann habe ich meine beiden Kinder bekommen. Ihr Vater und ich leben getrennt. Jetzt mache ich eine Ausbildung. Das Geld ist seit langem knapp.

Ich kann nichts auf die Seite legen. Wieviel ich pro Monat zur Verfügung habe? Ich schaue mal in mein Handy. Durch den Unterhaltsvorschuss bekomme ich 602 Euro. Kindergeld sind 500 Euro. Von der Bundesagentur bekomme ich 348,68 Euro Bürgergeld und die Miete wird bezahlt. Und dann habe ich noch 150 Euro monatlich Weiterbildungsgeld. Das muss für mich und meine Kinder reichen. Aber es reicht nicht, um etwas für Urlaub anzusparen. Wir haben ja auch noch Strom- und Handykosten und vieles andere mehr.

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#Wiegehtesuns?

In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten.

Mich macht das sehr traurig, dass ich meinen Kindern gar nichts bieten kann. Ich versuche natürlich, jeden Tag wenigstens ein bisschen mit ihnen rauszugehen. Aber ich würde mir schon wünschen, auch mal in den Zoo gehen zu können oder so etwas. Aber leider kann ich das nicht. Ich werde auf jeden Fall versuchen, das nächstes Jahr zu ändern.

Wenn die Mitschüler aus den Ferien zurückkommen und von ihren Reisen erzählen, dann reden meine beiden Kinder nicht gerne darüber, dass sie nicht verreisen konnten.

Aber ich hoffe, dass ich sie trotz meiner geringen Möglichkeiten gut erziehe. Und sie freuen sich trotzdem mit den anderen. Aber auf jeden Fall ist es, glaube ich, nicht leicht für sie. Und obwohl sie so klein sind, macht es ihnen ein schlechtes Gefühl, wenn sie im Geschäft neues Spielzeug oder die neuesten Nike-Schuhe sehen. Ich hoffe, dass ich das irgendwann ändern kann.

In diesem und im letzten Jahr haben wir aber etwas ganz Besonderes erleben dürfen: Wir durften ein verlängertes Wochenende nach Zinnowitz an der Ostsee fahren. Möglich gemacht hat das Frau Siegberg von der Caritas Spandau, eine so liebe Frau, das ist unfassbar. Sie hat uns ermöglicht, dass meine Kinder zum ersten Mal in ihren Leben das Meer gesehen haben, das war letztes Jahr. Ich werde das niemals vergessen. Die waren überglücklich. Sie sind an den Strand gelaufen, ins Wasser und haben vor Glück geweint. Das war einfach ein unbeschreibliches Gefühl.

Diese Fahrt war eine Kurzreise für Alleinerziehende, auch ein alleinerziehender Vater war dabei. Es war einfach toll, mit den anderen zu reden, die in der gleichen Situation sind. Dann hat man sich einfach stärker gefühlt. Man war nicht alleine. Bis heute bin ich in Kontakt mit mehreren aus der Gruppe. Dadurch habe ich auch Freunde bekommen.

Die Caritas hat die Kosten übernommen. Ich habe sogar ein bisschen Geld bekommen zum Ausgeben, das war wunderschön. Da hat man sich einfach so dankbar gefühlt. Das ist einfach nicht zu beschreiben. Wenn ich daran denke, stehen mir die Tränen in den Augen. Dieses Jahr waren meine Kinder dort genauso glücklich, die kannten ja jede Ecke im Hotel. Das Coole war, die Kinder hatten auch noch Betreuung. Und so hatte ich zwei Stunden für mich allein am Strand. Die Jungs haben andere Kinder kennengelernt, die es im Leben auch nicht einfach haben. Und das hat uns allen gutgetan – einfach mal an nichts denken zu müssen.

Deep Doku – Wahre Geschichten aus Berlin und der Welt

Alleinerziehende Mutter – Christina ist von Armut bedroht

Christina ist alleinerziehend, seit ihre Tochter zwei Wochen alt ist. Der Vater ihres Kindes hat sie verlassen und nie Unterhalt gezahlt. Christina ist jetzt Single-Mutter, steckt mitten in ihrem Psychologie-Master und bekommt Bafög, ihr Kind Bürgergeld. Damit lebt sie als Elternteil nur knapp über der Armutsgrenze. Die Energiekrise und die steigenden Kosten bereiten ihr große Sorgen, trotz Entlastungspaket und Sparsamkeit. Eine normale Erwerbstätigkeit ist für Christina nicht möglich, weil ihr neben der Kinderbetreuung und dem Studium die Zeit fehlt. Das erfordert nicht nur viel Entbehrung, sondern bedeutet auch ein ständiges Armutsrisiko. Wie schafft Christina es trotzdem nicht zu verzweifeln? Und wieso haben Themen wie Partnersuche und Beziehung keine Priorität? Von Sophie Fichtner Regie: Oliver Martin Und noch ein Podcasttipp aus der ARD: www.ardaudiothek.de/eltern-ohne-filter Falls ihr noch mehr über Christina und die Beziehung zu Zoes Vater erfahren wollt, könnt ihr die Folge der Alltagsfeministinnen hören: www.ardaudiothek.de/die-alltagsfeministinnen/toxische-partnerschaft-so-erkennst-du-warnsignale

Wenn wir uns ein Reiseziel aussuchen könnten: Mein kleinerer Sohn möchte unbedingt in die Berge, und mein älterer Sohn will schon wieder ans Meer. Der ist einfach ins Wasser verliebt. Und ich auch. Ich muss gar nicht in ein anderes Land. Ich fühle mich ja trotz alledem gut. Aber mal wieder ein Wochenende lang einen Ausflug zu machen, das wäre schön.

Meine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten will ich nächstes Jahr abgeschlossen haben. Mein Ziel ist es, auf eigenen Beinen zu stehen und mich vom Amt unabhängig zu machen - und meinen Kindern endlich auch mal neues Spielzeug kaufen zu können. Okay, viele Menschen sagen, dass die Spielzeuge nicht wichtig sind. Aber wenn man so viele Jahre gar nichts und nur gebrauchte Sachen bekommt, dann ist es einfach toll, die Möglichkeit zu haben, in einen Laden zu gehen, weil das Kind sagt: „Mami, das hätte ich so gerne“ – und das dann auch mal kaufen zu können. Das möchte ich auf jeden Fall für meine Kinder erreichen.

Gesprächsprotokoll: Wolf Siebert

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.09.2024, 9 Uhr

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