Vorfahrt für Windenergie - Brandenburg will an deutlich mehr Orten neue Windkraftanlagen ermöglichen

Di 06.12.22 | 06:05 Uhr | Von Andreas B. Hewel
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Windräder in der Uckermark (Bild: imago images/serienlicht)
Bild: imago images/serienlicht

Ein neues Bundesgesetz setzt die Länder unter Druck, mehr Tempo beim Bau von Windkraftanlagen zu machen. Zudem können in mehr Regionen Windräder genehmigt und gebaut werden. Wildwuchs wird befürchtet. Von Andreas B. Hewel

Die Ziele sind hochgesteckt: Elf Gigawatt Leistung allein durch Windenergieanlagen will das Land Brandenburg bis 2030 schaffen. Installierte Leistung wohlgemerkt, also die Menge, die die Anlagen im optimalen Fall an Strom erzeugen können. Bislang ist man immerhin schon bei satten acht Gigawatt.

Knapp 4.000 Windräder ragen bislang in Brandenburg in die Höhe. Viele von ihnen haben eine Leistungsfähigkeit von rund einem Megawatt. Die neuen der neusten Generation liegen dagegen deutlich darüber, 4,5 Megawatt schaffen sie. Dafür aber sind sie nochmal höher, um weiter oben, weit über 200 Meter hoch Wind abgreifen zu können. Der weht dort deutlich regelmäßiger als in Bodennähe.

Deutlich mehr Tempo wird verlangt

Rechnet man jetzt alles zusammen und berücksichtigt, dass alte Anlagen auch durch neue ersetzt werden müssen, um das Ziel zu schaffen, kommt man auf rund 1.000 neue Anlagen, die bis zum Jahr 2030 gebaut werden müssen. Das wären im Schnitt mehr als 140 neue Windkraftanlagen im Jahr. Eigentlich machbar, könnte man meinen. In den Jahren 2014 bis 2017 hat man diese Zahl zum Teil deutlich übertroffen. Doch seither brach die Zahl der neu errichteten Anlagen deutlich ein. Bei 64 lag sie im vergangenen Jahr. Das ist nicht mal halb so viel, wie es in Zukunft sein müsste.

Der Bau von Windkraftanlagen soll daher deutlich beschleunigt werden. Den Auftakt hat die Bundesregierung gemacht. Mit dem "Wind-an-Land-Gesetz" sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren mehr Tempo bekommen. Vor allem sollen mehr Flächen für die Windkraft bereitgestellt werden. Die Länder bekommen feste Ziele, die sie erreichen müssen: bis 2027 1,4 Prozent ihrer Landesfläche, bis Ende 2032 gar zwei Prozent. Brandenburgs hat sich so das Ziel gesetzt, auf dem Weg dahin bis 2027 1,8 Prozent seiner Fläche für Windkraft auszuweisen.

Mehr Orte für Windkraftanlagen möglich

Dafür müssen auch in Brandenburg neue Flächen her. Um bislang solche Flächen zu ermitteln, wurde Brandenburg vor Jahren schon in fünf regionale Planungsgemeinschaften aufgeteilt. Jede macht sich auf die Suche nach geeigneten Arealen. Diese wurden Eignungsgebiete genannt. Nur in ihnen durften Windräder aufgestellt werden. Manche Windenergieunternehmen klagten zwar zum Teil auch mit Erfolg andere Areale für den Bau ein, doch in der Regel wurde in den Eignungsgebieten gebaut.

Hier soll es nun einen Paradigmenwechsel geben. Nicht mehr Eignungsgebiete, sondern Vorranggebiete sollen in Zukunft ausgewiesen werden. Mit Vorrang soll in diesen neuen Gebieten Windkraft genutzt werden können. Aber auch andere Gebiete seien zulässig. So können ab sofort Gemeinden selbst Gebiete vorschlagen und dort planen.

Sorge vor Wildwuchs

Man ahnt es schon, genau hier fängt der Streit an. Einen Wildwuchs befürchten zum Beispiel BVB/Freie Wähler. Windkraftanlagen könnten "formal überall beantragt und genehmigt werden", klagen sie. Es drohten "Windräder vor jeder Haustür, zudem im Wald und in Natur- und Landschaftsschutzgebieten". Überspitzt formuliert sei das zwar. Das räumen BVB/Freie Wähler selbst ein, aber es treffe den Kern.

Nun, ganz so einfach wird es nicht werden. Denn nach wie vor müssen alle Anlagen den Auflagen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes genügen. Daran ändert sich nichts. Auch müsste die Abstandsregelung Brandenburgs eingehalten werden, betont das Infrastrukturministerium. Gleiches gelte für Regelungen des Artenschutzes, zu Schutzgebieten oder zum Denkmalschutz. Was sich allerdings ändern wird, ist die Zahl der Anträge und der Umfang der Prüfungen, die das Landesamt für Umwelt in Zukunft für unterschiedlichste Areale bewältigen muss. Noch habe man kein rasches Anwachsen der Bauanträge für Windkraftanlagen registriert, aber man vermute, dass es so kommen wird, sagt Thomas Frey vom Landesumweltamt.

Umstellung von Planungsgebieten wird dauern

Vor allem aber sind jetzt wieder die fünf regionalen Planungsgemeinschaften des Landes gefragt, Vorranggebiete zu finden und auszuweisen. Dafür könnte man einfach die bisherigen Eignungsgebiete nehmen, weisen sie doch schon 1,85 Prozent der Landesfläche für den Bau von Windkraftanlagen aus. Das ist sogar etwas mehr, als es bis 2027 gefordert wird.

Die Umwandlung ist auch machbar, aber sie ist offenbar ein rechtlich aufwändiger Akt. Zwei Jahre, so heißt es aus den Gemeinschaften, könnten dafür mal eben ins Land gehen. Genau das aber, so fürchtet man, könnte die Geduld mancher Windkraftanlagenbauer überfordern. Sie warten nicht, sondern beantragen einfach an anderen Stellen des Landes ihren Bau, denn genau das ist jetzt möglich. Die ganze jahrelange Mühe, Areale für Windkraftanlagen zu finden, wäre so dahin.

Moratorium beim Windkraftanlagenbau ist beendet

Solch einen Run aber sieht man beim Bundesverband Windenergie BWE in der Landesgeschäftsstelle in Potsdam nicht. Das Nadelöhr seien nach wie vor Genehmigungsbehörden und die Klageverfahren. Mehr Personal wünscht sich so Sebastian Haase vom BWE zum Beispiel beim Oberverwaltungsgericht oder in den Behörden. Ihn freut vor allem, dass durch das neue "Wind-an-Land-Gesetz" des Bundes das Moratorium in Brandenburg aufgehoben wurde, das den Bau neuer Windkraftanlagen ausgesetzt beziehungsweise stark eingeschränkt hatte.

Denn die Ziele des Landes gehen weiter. 15 Gigawatt durch Windkraftanlagen will man in den 2030er Jahren erreichen, genug Strom aus regenerativen Energien, um damit auch ausreichend grünen Wasserstoff für die Industrie herstellen zu können.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 06.12.2022, 19:30 Uhr

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Beitrag von Andreas B. Hewel

72 Kommentare

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  1. 72.

    „immer wieder mit den gleichen ganz ollen Kamellen kommen, die längst so nicht mehr genehmigt werden würden“
    Die Verlogenheit geht weiter. In Werder/Bliesendorf. Trotz der Nähe zu geplanten 250m hohen WKA. Die wurden klagemäßig (!) ausgeschlossen, weil die Gemarkung Ferch (da stimmen die Abstände) statt Werder zuständig ist. Wie die umliegenden Schönefeldgemeinden bei den Flugrouten damals auch. Heute sind sie betroffen. Lediglich eine nichttbindende Anhörung hat es als Alibi gegeben. Alternativen, entlang der A2, auch in der Nähe, gibt es genug.
    Warum sollte man bei diesem rigorosen Vorgehen die Leute für die EE gewinnen? Alle Ihre Kommentare hätten in der Praxis das Gegenteil einer Wende bewirkt. Da stellt sich die Frage der Interessen aus ganz anderer Sicht?

  2. 71.

    „2-10km“ Abstand entspringt einem Gedankengut, dass sich erheben will mittels Falschdarstellung. Das Gleiche gilt für „Totalverhinderung“. Energiewende oder Energiemix kann nicht Ihre Motivation sein. Meine schon. Oberirdische aber endliche Energien, werden doch auch von mir begrüßt. Trotzdem erdreisten Sie sich jedesmal das Gegenteil zu behaupten.
    Es ist Überfällig Erfolglose abzulösen...
    Aber interessant, dass Sie „olle Kamellen“ verwenden für das verlogene Umgehen mit Betroffenen. So „oll“ wie der BER Standort auch? Und Anderes? Meinen Sie wirklich, dass nur genügend Jahre vergehen müssen, damit die Leute vergessen?

  3. 70.

    Der DVGW sieht ebenfalls wenig Probleme die vorhandene Gasinfrastruktur in wenigen Jahren H2ready zu haben.
    Das technische Regelwerk dürfte also auch in Arbeit sein.
    Die bisherigen Prüfungen deuten daraufhin, das dies schneller geht als man Anfangs dachte.
    https://www.h2vorort.de/

  4. 69.

    Wenn Sie wie in der Vergangenheit Einwendungen von über 2 km oder gar 10 km entfernten WKA zustimmen, bleibt nicht mehr viel übrig. Es geht Ihnen um Totalverhinderung, mögen Sie noch so sehr rumschwurbeln und immer wieder mit den gleichen ganz ollen Kamellen kommen, die längst so nicht mehr genehmigt werden würden.

  5. 68.

    Wieder falsch. Sinnvolle Abstandsregeln bewirken Akzeptanz ohne das ständige und nicht aufhörende "Wisch, wisch, wisch, wisch"..... und schnellere Verfahren, gekoppelt mit schon oft vorgeschlagenen Verwaltungsrechtsänderungen, die eine BI überflüssig machen können. Sie dagegen wollen Konfrontation aus der städtischen Amtstubenmacht heraus. Ist doch klar wie das ausgeht... Keine Gewinner, aber viel Zeit "verbraten".
    Wenn man immer wieder Vorschläge macht, selbst hier im Diskussionsverlauf, die Sie so schnell vergessen und dreist das Gegenteil behaupten, dann steckt da vermutlich anderes dahinter...

    P.S. In Luckenwalde, 500m neben der Bergsiedlung, können Sie sich überzeugen vom: wisch, wisch, wisch, wisch, wisch, wisch und davon wie man die Leute "über den Tisch zieht", um geringere Abstände durchzusetzen. Haben Sie mit solchen Methoden zu tun? Dann ist Ihre Zeit endlich...

  6. 67.

    Nicht die Genehmigung von WKA an sich, sondern die Regionalpläne dazu sind wegen Formfehlern gekippt worden.
    https://www.rbb24.de/studiofrankfurt/wirtschaft/tesla/2021/09/ovg-windplan-gekippt-oderspree.html
    Dabei wurden übrigens u.a. in diesem Fall mehrere Klagen gemeinsam verhandelt.

  7. 66.

    Bundesweit liefen bereits unter Merkel mehrere Großprojekte, um die unterirdische Aufbewahrung von Wasserstoff zu erforschen. 9,4 PWh Wasserstoffenergie könnten hierzulande in diesen Geosystemen gespeichert werden – das ist die 18-fache Menge des in Deutschland jährlich verbrauchten Stroms. Für die mittelfristige Speicherung bietet sich ggf. auch z.B. Druckluft an. Seit 1978 ist Huntorf als Kombikraftwerk in Betrieb, in China hat man bereits erste reine Drucklufspeicherkraftwerke errichtet und plant einen Zubau in großem Stil. In Deutschland gibt es Reichsbedenkenträger.

    Salzkavernen werden in Deutschland seit Jahrzehnten genutzt, um Erdgas unterirdisch einzulagern. Ebenso wird Erdöl im Salz gespeichert. In den USA hat man seit fünfzig Jahren Erfahrung mit der Speicherung von Wasserstoff in Salzkavernen. Auch hierzulande bekannte Firmen wie Linde und Air Liquide betreiben solche Anlagen.

  8. 65.

    Schon der Adler zeigte auf, wie eine Dampflok auf Grund technischer Zwänge aussehen muss: Liegender Kessen mit Schornstein, dahinter der Führerstand, gefolgt vom Behälter für Brennstoff. Auch der damalige Bahnhof war eher von profaner Architektur, s. https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwigsbahnhof_(N%C3%BCrnberg)

  9. 64.

    "Strom lässt sich nicht großtechnisch speichern." Sie unterschlagen, dass man eine Energieform auch in eine andere umwandeln kann. Strom kann man deshalb sehr wohl speichern, z.B. in Batterien, Pump- und Druckluftspeichern oder als Wasserstoff.

  10. 63.

    Ihr wiederkehrendes "wisch, wisch, wisch, wisch, wisch, wisch, wisch" ist eine klare Ansage, was Sie von den bestehenden Kompromissen halten, nämlich nix.

  11. 62.

    Ganz ihrer meinung.
    Von den befürworter war bestimmt noch keiner über die Stadtgrenze gewesen.

  12. 61.

    Aber 1000 Windräder sind jetzt meiner Meinung nach auch nicht besonders viel.
    Aha, 1000 nicht viel.
    Schon einmal auf dem Land gewesen, und solche Windparks gesehen 30 stk auf ein haufen sehen schon ätzend aus.

  13. 60.

    Obgleich sich Hundertschaften von Wissenschaftlern in dutzenden Instituten mit regenerativen Energien beschäftigen, steht eine belastbare Aussage zur Frage der Energiespeicherung bis heute aus.

  14. 59.

    Wir brauchen zwingend eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung. Und zwar bedarfsgerecht. Genau diese können Windkraftanlagen niemals leisten. Entgegen anders lautender Behauptung, die von profitorientierten Unternehmen und ideologischen Anhängern des Zufallsstroms in die Welt gesetzt werden: Strom lässt sich nicht großtechnisch speichern.

  15. 57.

    Ja, Berlin müsste mehr zur Energeiwende beitragen. Da das bislang nicht passiert, bin ich auch für Ausgleichszahlungen. Denn Politiker verstehen nur eine Sprache: Geld.

  16. 56.

    Und am wisch, wisch, wisch, wisch, wisch, wisch, wisch...das nie (!) aufhört.

    Ein „habt Euch nicht so“ von charakterlosen Nichtbetroffenen macht es nur schlimmer und erhöht die Wehrhaftigkeit. Kann man es sich überhaupt leisten, diese immer wieder neu zu erwecken? Wie einfältig ist das denn? Da gibt es direkt eine Parallele zur Armbindendiskussion und was dabei rauskommt.

    P.S. Schauen Sie mal auf die vertikalen Windräder. Gefallen die besser?

  17. 55.

    Wobei Umkreis nur ein Halbkreis ist.
    Auf der östlichen Seite der Oder ist man ja auch nicht untätig was WKA angeht.

  18. 53.

    „Kompromisse z.B. beim Bau von WKA nicht akzeptieren wollen“
    Wieder eine bewusst falsche Behauptung um selber sich hervorzutun? Gibt es nicht genug falsche u. teure Standortentscheidungen in Brandenburg? Die Einstellung muss sich ändern. Gewaltig und mehr dienend.
    Der Kompromiss: kein Windrad im „Vorgarten“, aber im Wald ja. Fragen Sie die Leute vor Ort statt mit komischen Bemerkungen zu verunglimpfen. Gerade weil Sie das nicht machen wollen, sind Sie der „Verhinderer“.

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