Brandenburgs CDU auf Vorsitzenden-Suche - Schleudersitz zu vergeben
Nachdem Michael Stübgen bekannt gegeben hat, dass er nicht erneut als Landesvorsitzender kandidieren will, beginnt in Brandenburgs CDU die Suche nach einem Nachfolger. Von Michael Schon
Es war ziemlich genau 19:30 Uhr, als der CDU-Landesvorstand am Freitagabend zur Weihnachtsfeier überging. Angerichtet war ein warmes Büffet. Dass an den Tischen auch die Frage nach einem neuen Landesvorsitzenden verhandelt wurde, liegt auf der Hand. Kurz zuvor hatte der aktuelle CDU-Chef Michael Stübgen angekündigt, dass er seinen Posten bis beim Parteitag Ende März räumen wird. Damit ist die Arena frei für den Wettkampf um die Parteispitze, der zwischen Ende Januar und Anfang März in einer Mitgliederbefragung entschieden werden soll.
Redmann will sich am Sonntag erklären
Das ist zumindest die Theorie. In der Praxis, so heißt es in der Partei, sei es nicht unwahrscheinlich, dass nur ein einziger Kandidat antreten wird: Jan Redmann, der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion. Offiziell hält sich Redmann noch bedeckt. Allerdings will er am Sonntagnachmittag vor die Presse treten. "Anlässlich der beschlossenen Mitgliederbefragung", heißt es in der Einladung. Unwahrscheinlich, dass es dabei um Verfahrensfragen geht.
Wenn man sich in der Partei umhört, gibt es durchaus Zustimmung für einen möglichen Kandidaten Redmann. Frank Bommert, Landtagsabgeordneter, CDU-Vorsitzender im Kreisverband Oberhavel und nach der verlorenen Landtagswahl 2019 erklärter Redmann-Gegner, hebt heute das diplomatische Fingerspitzengefühl des Fraktionsvorsitzenden hervor. Er habe es "super geschafft, die Fraktion hinter sich zu bringen" und seine Truppen im Landtag breit aufgestellt. Redmann sei "einer derjenigen, wo ich sagen würde - da kann ich es mir vorstellen", so Bommert gegenüber dem rbb.
Auch Kristy Augustin, Vorsitzende von Brandenburgs Frauen-Union, ebenfalls Landtagsabgeordnete und Kreis-Chefin in Märkisch-Oderland, spricht von einem "guten Vorschlag" und "Rückendeckung aus ihrem Kreisverband", falls Redmann antreten werde.
Schimke zögert
Die Lübbenauer Landtagsabgeordnete Roswita Schier legt Wert darauf, dass es einen Generationenwechsel gibt. Die CDU müsse auch jüngere Menschen ansprechen, so Schier.
Für einen solchen Generationenwechsel stünde neben dem 42-Jährigen Redmann auch die Bundestagsabgeordnete Jana Schimke. Auch ihr Name fällt immer wieder, wenn man sich in der CDU nach potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten umhört. Die 43-Jährige ist stellvertretende Vorsitzende im Kreisverband Dahme-Spreewald. Sie steht für den wirtschaftsliberalen, eher konservativen Teil in Brandenburgs CDU. Auf rbb-Anfrage lässt sie offen, ob sie sich um den Landesvorsitz bewerben wird. Dazu wolle sie sich "heute nicht äußern", schreibt sie auf Anfrage. Sie kann sich noch Zeit lassen. Die Bewerbungsfrist endet erst am 6. Januar.
Allerdings dürfte ihr klar sein, dass mit einer Kandidatur ein Risiko verbunden wäre: Redmann gilt als exzellent vernetzt in der Partei. Er ist klarer Favorit. Und eine Kampfkandidatur könnte die Scharmützel zwischen den Lagern in der CDU wieder aufflammen lassen. Es ist unklar, wie die Partei das goutieren würde. Von den Grabenkämpfen der Vergangenheit, die die CDU immer wieder Ansehen und womöglich gute Wahlergebnisse gekostet haben, scheinen mittlerweile viele genervt zu sein. Die Landtagsabgeordnete Schier sagt es trocken: "Für Streit sind wir bekannt und belächelt worden."
Andere potenzielle Bewerber winken ab
Andere potenzielle Kandidaten winken bereits ab. Für Sabine Buder, die vor einem Jahr beim Kampf um den CDU-Bundesvorsitz gegen Friedrich Merz in den Ring steigen wollte, ist eine Kandidatur um den Landesvorsitz keine Option: "Ich habe Respekt vor jedem, der bereit ist, auf diesem Schleudersitz Platz zu nehmen", sagt sie dem rbb. Auch sie hält Redmann für einen geeigneten Kandidaten. Er sei ohnehin bereits "der heimliche Landesvorsitzende".
Auch Gordon Hoffman will nicht antreten. Als CDU-Generalsekretär wäre er zumindest von Amts wegen ein natürlicher Kandidat. Er hat allerdings nie Ambitionen auf den Vorsitz erkennen lassen und lässt durchblicken, dass er im aktuellen Job schon genug zu tun habe.
Feste Bank statt Schleudersitz
Unter anderem wird er die Mitgliederbefragung organisieren müssen. Zwar stehen er selbst und auch der bisherige Landesvorsitzende Michael Stübgen dem basisdemokratischen Verfahren generell skeptisch gegenüber. In diesem Fall erhoffen sie sich allerdings eine disziplinierende Wirkung auf den Landesverband: Es sei gut, wenn das Votum von der Basis getragen werde und man später sagen könne: "Damals habt Ihr zugestimmt", so Hoffmann. Aus dem Schleudersitz des CDU-Chefs soll also eine feste Bank werden.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 10.12.2022, 19:30 Uhr