Protest gegen deutsche Klimapolitik - Klima-Aktivisten wollen mit Hungerstreik Gespräch mit Scholz erzwingen

Mi 17.04.24 | 09:23 Uhr | Von Julia Vismann
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Archivbild: Richard Cluse (57, im Hungerstreik seit 23 Tagen), Michael Winter (61, verkündet auf der Pressekonferenz seinen Beginn des Hungerstreiks), Linda Doblinger (Sprecherin von "Hungern bis Ihr ehrlich seid") und Wolfgang Metzeler-Kick (49, im Hungerstreik seit 41 Tagen) bei einer Pressekonferenz im Hungerstreikcamp, Spreebogenpark, Berlin, 16.04.2024. (Quelle: dpa/Mueller)
Audio: Radioeins | 16.04.2024 | Julia Vismann | Bild: dpa/Mueller

Aus Protest gegen die deutsche Klimapolitik sind drei Menschen in Berlin-Mitte in den Hungerstreik getreten. Mit der Kampagne "Hungern bis ihr ehrlich seid" fordern sie eine Regierungserklärung zur Klimakrise. Von Julia Vismann

Seit 41 Tagen hat Wolfgang Metzeler-Kick keine feste Nahrung mehr zu sich genommen. Der 49-Jährige ist im unbefristeten Hungerstreik der Initiative "Hungern bis ihr ehrlich seid". Er ist groß und schlaksig, seit Beginn des Hungerstreiks habe er 18 Kilogramm Gewicht verloren sagt der Ingenieur für technischen Umweltschutz auf der Pressekonferenz im Camp der Initiative nahe dem Kanzleramt. Er sei sehr sportlich, doch jetzt fühle er sich schwach. Beim Spazierengehen müsse er sich auf einer Parkbank ausruhen.

Kreislauf wackelig, Kondition schlecht

Richard Cluse befindet sich seit über drei Wochen im Hungerstreik. Der 57-jährige Ingenieur und Energieberater aus Potsdam hat mittlerweile eingefallene Wangen: "Mein Kreislauf ist wackelig, meine Kondition ist schlecht." Seine Stimmung bezeichnet er als grimmige Entschlossenheit.

In diesen Tagen ist noch ein weiterer Aktivist in den Hungerstreik getreten. Michael Winter, ein 61-jähriger Biologe aus Garching bei München will auf die wissenschafltichen Fakten hinter der Klimakrise aufmerksam machen. Zum Unterstützerkreis der Kampagne gehört auch die Aktivistengruppe Scientist Rebellion.

Hungerstreik beinhaltet immer den Tod

Es ist ein unbefristeter Hungerstreik, die Aktivisten trinken Saft und nehmen Elektrolyte und Vitamine zu sich. Ein Team von medizinisch tätigen Menschen begleitet sie beim Hungerstreik.

Wolfgang Metzeler-Kick kündigt bei der Pressekonferenz der Initiative an, am Donnerstag für einen Tag in den trockenen Hungerstreik zu gehen, also an diesem Tag auch nichts zu trinken. Anlass ist ein Prozess in Passau, bei dem er sich für eine Blockadeaktion als Mitglied der "Letzten Generation" verantworten muss: "Ich bin mir bewusst, dass ein Hungerstreik immer den Tod beinhalten muss, um von der Öffentlichkeit und daraufhin von der Politik beachtet zu werden", sagt Wolfgang Metzeler-Kick mit entschlossenem Blick. Zusammen mit Richard Cluse befand sich Wolfgang Metzeler-Kick im Jahr 2022 schon einmal im Hungerstreik. Damals waren es 18 Tage, als er Bayern in Präventivhaft saß.

Forderung nach Ehrlichkeit in der Klimapolitik

Mit ihrem Hungerstreik fordern die Aktivisten von Bundeskanzler Olaf Scholz, dass er die wissenschaftlichen Fakten anerkennt und seine Klimapolitik danach ausrichtet. "Wir fordern eine Regierungserklärung, in der Bundeskanzler Scholz die Wahrheit über die Klimakatastrophe aussprechen soll und sagen soll, dass wir dafür jetzt radikal umsteuern müssen", sagt der Energieberater Richard Cluse.

Den Hungerstreik sieht Metzeler-Kick als letztes Mittel, um gegen "die Ohnmacht und die Verdrängung" anzugehen. Er wolle deutlich machen, dass die Menschheit direkt auf die Selbstzerstörung zusteuere, wie er sagt. Der Fortbestand der menschlichen Zivilisation sei durch die Klimakatastrophe extrem gefährdet. Er zitiert den UN-Weltklimarat, der sagt, dass der CO2-Gehalt in der Luft mit 0,42 Promille viel zu hoch sei.

Der Weltklimarat zeige mit dem 1,5-Grad-Pfad einen Weg auf, mit dem die Menschheit die beste Überlebenschance habe. Der Pfad hat einen CO2-Zielwert von 0,35 Promille bis zum Jahr 2150. Aktuell werden jedoch weltweit pro Jahr 40 Gigatonnen CO2 emittiert. Das bedeutet, es sind bereits jetzt hunderte Gigatonnen zu viel CO2 in der Luft, rechnet der Aktivist vor.

"Wir müssten jetzt, wenn auch mit Jahren Verspätung, radikal umsteuern und die Emission von Treibhausgasen wie CO2 schnellstmöglich beenden und darüber hinaus CO2 mit technischen und landbaulichen Methoden wieder aus der Luft herausholen", warnt der Ingenieur Metzeler-Kick.

Keine Reaktion von Bundeskanzler Olaf Scholz

Bisher hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz noch nicht geäußert. Dafür habe er jetzt einen Tik Tok Account, in seinem ersten Video gibt es einen Blick aus dem Fenster des Bundeskanzleramts auf die Zelte des Camps der Hungerstreikenden, bemerkte die Sprecherinnen der Initiative Linda Doblinger auf der Pressekonferenz. Aber er habe kein Wort dazu verloren und auch nicht auf den Brief reagiert, den sie zu Beginn der Aktion im Bundeskanzleramt abgeben haben mit einer Einladung zum Gespräch. 

In der Regierungs-Pressekonferenz vom 8. April sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf die Frage nach den Hungerstreikenden, dass die Bundesregierung mit ihrer Klimapolitik auf einem guten Weg sei und diese fortsetzen werde. Aber der Bundeskanzler werde konkrete einzelne Forderungen - und werden diese auch noch so nachdrücklich an ihn herangetragen - nicht erfüllen, erklärte der Regierungssprecher. Mit anderen Worten: Der Bundeskanzler lasse sich nicht erpressen.

Die Sprecherin der Initiative, Linda Doblinger, aber erklärt: Erst wenn Scholz auf die Forderung nach einer Regierungserklärung zur Klimakrise eingehe, wollten die Aktivisten ihren Hungerstreik beenden.

Sendung: Radioeins, 17.04.2024, 17:22 Uhr

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Beitrag von Julia Vismann

66 Kommentare

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  1. 66.

    "Ein Tempolimit ist eine sehr effektive Maßnahme". Warum? Dem Klima hilft es nicht! Wissenschaftlich bewiesen! Aber fahren Sie nur weiter mit Ihrem Lastenfahrrad der Weltrettung entgegen.

  2. 65.

    "Wie lange produziert Deutschland schon übermäßig viel Co2? Es geht um die Gesamtmenge. Und da ist D ganz weit vorn."
    Klar, nur ist das CO2 von 1900 und von 1950 eben schon längst in der Welt, da kann man nun hungerstreiken oder orange Farbe verteilen, wie man will...
    Hilft also nicht sehr viel weiter, diese Sichtweise. :-)

  3. 64.

    Weiß man, wieviel CO² ein Mensch in seinem Leben ausstößt?

  4. 63.

    Die T.limit Diskussion ist wissenschaftlich bewiesen eine Wertediskussion und keine Klimadiskussion. Das liegt schlicht an den Massenverhältnissen. Lediglich wenn der Verkehr ganz zum erliegen kommt würde es messbar sein, niemals eine sehr sehr kleine Differenzgeschwindigkeit in der tatsächlichen Praxis.

  5. 60.

    Lasst sie doch machen, aber berichtet nicht andauernd darüber!

  6. 58.

    Ach Wossi, wie lange wollen sie uns diesen Schwachsinn eigentlich noch auftischen?

    Ein Tempolimit ist eine sehr effektive Maßnahme. Und im Gegensatz zu ihren Hirngespinsten tatsächlich wissenschaftlich bewiesen.

  7. 57.

    Super Einwand, danke. Ich habe es mal wieder zu absolut formuliert. Aber ich meinte natürlich diese Menschen hier und generell alles, was nicht unbedingt die eigene Meinung ist, aber dennoch respektiert werden könnte. Ich denke wirklich, dass zunehmende Respektlosigkeit, sowohl im allgemeinen als auch hier, ein immer stärker werdendes Problem ist. Nur darauf wollte ich hinweisen.

  8. 56.

    Ist es nicht traurig, daß Menschen ihr Leben dafür einsetzen, daß die Politik&Wirtschaftsbosse endlich mal aus ihrem Tiefschlaf erwachen? Armutszeugnis für Deutschland.

  9. 55.

    Die kriegen viel zu viel Aufmerksamkeit.

  10. 54.

    Immer der gleiche Unsinn. Wie lange produziert Deutschland schon übermäßig viel Co2?

    Es geht um die Gesamtmenge. Und da ist D ganz weit vorn.

    Es ist unglaublich wieviele Heuchler hier untwegs sind und von "Erpressung" schwafeln.

  11. 53.

    Wir leben in einer Demokratie. Reicht es, den Kanzler aufzufordern? Müsste nicht die Mehrheit der Bevölkerung für die Sache gewonnen werden?
    Die bisherigen Konzepte der Aktivisten arbeiten meist gegen die Menschen, sind von viel Wut auf allen Seiten geprägt und polarisieren.
    Veränderungen bedeuten die Aufgabe von Gewohnheiten, Ansprüchen und Selbstverständlichkeiten.
    Der Hungerstreik erzeugt Aufmerksamkeit, aber auch Veränderung? Hat Herr Scholz überhaupt die nötige Macht? Ich habe Zweifel.

  12. 52.

    Hungerstreik ist absolut legitim.
    Nur wurde damit noch nie etwas erreicht.

  13. 50.

    Wer sagt "Hungerstreik beinhaltet immer den Tod" ist suizidgefährdet und hat in der Öffentlichkeit nichts zu suchen und bedarf stattdessen medizinischer Hilfe!

  14. 49.

    Danke an die Klimaaktivisten für ihr ethisches und humanitäres Engagement!

  15. 48.

    Ach "Weeste" sie sind doch bestimmt ein heimlicher Unterstützer. Nach der Wissenschaft der Reihenfolge ist ihr vierter Textbaustein überfällig. Da kann einem ja fast der Appetit vergehen.

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