"Zustrombegrenzungsgesetz" - Merz-Antrag zu schärferer Migrationspolitik im Bundestag gescheitert

Fr 31.01.25 | 19:42 Uhr
  263
Friedrich Merz, CDU, am 31.01.2025 im Bundestag, vor der Abstimmung seinem Migrationsgesetzentwurf . (Quelle: Picture Alliance/Michael Kappeler)
Audio: rbb24 Inforadio | 31.01.2025 | Arndt Breitfeld | Politikwissenschaftler Jun im Gespräch | Bild: Picture Alliance/Michael Kappeler

Der Entwurf für ein "Zustrombegrenzungsgesetz" ist im Bundestag gescheitert. In der zweiten Lesung gab es dafür nach namentlicher Abstimmung keine Mehrheit. Zuvor hatte es hitzige Debatten und lange Verzögerungen gegeben.

Der von der Union eingebrachte Entwurf für ein "Zustrombegrenzungsgesetz" ist im Bundestag gescheitert. In der zweiten Lesung gab es dafür nach namentlicher Abstimmung keine Mehrheit. 349 Abgeordnete stimmten gegen das Gesetz, 338 dafür. 692 Parlamentarier hatten sich beteiligt, es gab fünf Enthaltungen. Sitzungsleiterin Petra Pau (Linke) korrigierte das Ergebnis leicht, zunächst hatte sie von 350 Nein-Stimmen gesprochen. Insgesamt 41 Abgeordnete haben nicht abgestimmt.

Zahlreiche Abgeordnete gaben ihre Stimme nicht ab. In der Unions-Fraktion nahmen zwölf Abgeordnete nicht an der Abstimmung teil, bei der FDP waren es 16, zwei FDP-Abgeordnete stimmten gegen das Gesetz. Bei der AfD gab es nur Ja-Stimmen, wobei ein Abgeordneter nicht mitstimmte, beim BSW nahmen drei Abgeordnete an dem Votum nicht teil.

Das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz von CDU/CSU wurde unter anderem auch von der AfD unterstützt. Damit nahmen es die Unionsparteien das zweite Mal in dieser Woche in Kauf, dass die AfD einem ihrer Vorhaben zustimmt. Die Sitzung wurde mehrmals für Gespräche zwischen den Fraktionen unterbrochen.

SPD und Grüne hatten die Pläne heftig kritisiert. Kritiker hatten gewarnt, die "Brandmauer" anderer Parteien zur AfD falle, wenn ein Gesetz verabschiedet werde, für das AfD-Stimmen maßgeblich gewesen wären. Wie die Abgeordneten im Einzelnen abgestimmt haben, kann auf der Seite des Bundestags nachvollzogen werden [bundestag.de]

Bundestagsabgeordnete aus der Region gegen CDU-Migrationsgesetz

Die Brandenburger und die Berliner Bundestagsabgeordneten lehnten den Gesetzentwurf der Union für Verschärfungen in der Migrationspolitik mehrheitlich ab.

Insgesamt stimmten acht Berliner Vertreter im Bundestag mit Ja, sie gehören den Fraktionen von CDU, FDP und AfD an. 15 Gegenstimmen kommen von der SPD, den Grünen und der Linken. Zwei Berliner Parlamentarier gaben keine Stimme ab.

Auch die Brandenburger Bundestagsabgeordneten stimmten mehrheitlich gegen das Migrationsgesetz der Union. Während elf Parlamentarier von CDU, AfD und FDP für den Entwurf stimmten, lehnten ihn insgesamt 14 Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken ab. Es gab keine Enthaltungen.

Gesetz sollte Migration drastisch begrenzen

In dem eingebrachten Entwurf ging es um konkrete Regelungen zur Eindämmung der Migration. Kern des Gesetzentwurfs der Unionsfraktion, zu dem die FDP, die AfD und das BSW Zustimmung signalisiert hatten, ist die Aussetzung des Familiennachzugs zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus. Zu dieser Gruppe gehören in Deutschland viele Syrerinnen und Syrer. Außerdem sollten die Befugnisse der Bundespolizei erweitert werden. Sie sollte künftig, wenn sie in ihrem Zuständigkeitsbereich - also etwa an Bahnhöfen - Ausreisepflichtige antrifft, selbst für eine Abschiebung sorgen können.

Die Union wollte überdies in ihrem Entwurf darauf drängen, das Ziel einer "Begrenzung" des Zuzugs von Ausländern wieder ins Aufenthaltsgesetz aufzunehmen. Das hatte die inzwischen auf Rot-Grün reduzierte Ampel-Koalition gestrichen.

Merz bedauert, Habeck attackiert

Unionsfraktionschef Friedrich Merz bedauerte das Scheitern des eingebrachten Gesetzentwurfs zur Migration im Bundestag. "Ich hätte gerne ein anderes Ergebnis gesehen", sagte er am Freitag in Berlin. Das Ergebnis schaffe aber auch Klarheit, wo Union, SPD und Grüne stünden. Merz wies nach dem Scheitern des Gesetzes Kritik an seinem Kurs gegenüber der AfD zurück. "Ich bin mit mir persönlich sehr im Reinen, dass wir es wenigstens versucht haben", sagte er.

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck hatte Merz im Streit um die Migrationspolitik attackiert. "Friedrich Merz hat sein Versprechen, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten, gebrochen. Er hat Erpressung als Mittel der Politik eingesetzt." Damit habe er der AfD den größten Erfolg beschert, nämlich die Spaltung der Demokraten", sagte der Bundeswirtschaftsminister. "Dank und Respekt gebührt jenen, die verhindert haben, dass erstmals im Deutschen Bundestag ein Gesetz durch eine gemeinsame Mehrheit mit der AfD zustande gekommen ist", so Habeck weiter.

SPD: "historische Entscheidung"

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich bewertete die Ablehnung des Unionsgesetzes als "historische Entscheidung". Merz sei an der Mehrheit des Bundestags damit gescheitert, "den Weg zur AfD zu suchen". Die Wählerinnen und Wähler müssten nun bei der Bundestagswahl am 23. Februar darüber befinden, "ob man einem solchen Kanzlerkandidaten das Schicksal unseres Landes in schweren Zeiten in die Hände legen darf".

AfD-Chefin Alice Weidel sprach nach der Abstimmung von einer "Demontage von Friedrich Merz als Kanzlerkandidat" der Union. Der CDU-Chef habe sich "selbst zu Fall gebracht", sagte sie. Die Debatte um den Unionsantrag und dessen Ablehnung habe die "Implosion einer konservativen Volkspartei" gezeigt.

Die Linken-Parteichefs Ines Schwerdtner und Jan van Aken nannten das Vorgehen von Merz "unverzeihlich". Es zeige, "dass Friedrich Merz zwar gerne markige Sprüche klopft, aber ein unzuverlässiger Politiker ist". Letztlich sei der Ausgang der Abstimmung "höllisch knapp" gewesen.

Antrag am Mittwoch fand Zustimmung

Bereits am Mittwoch hatte die Union mit Hilfe der AfD einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag durchgesetzt. Der Antrag hatte allerdings nur Appellcharakter. Die Empörung über das Vorgehen von Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU), der auch Spitzenkandidat von CDU und CSU zur Bundestagswahl ist, ist seitdem groß. Zehntausende Menschen gingen deshalb allein am Donnerstag auf die Straße - unter anderem in Berlin, Freiburg, Hannover und München.

Die Kommentarfunktion wurde am 31.01.2025 um 18:55 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 31.01.2025, 17:40 Uhr

Nächster Artikel

263 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 262.

    >"Auch keine Entscheidung ist eine Entscheidung."
    Wieso keine Entscheidung? Es war eine parlamentarische Entscheidung für NEIN zum Gesetzesvorschlag von Merz. Auch eine mehrheitliche Ablehnung eines Vorschlages ist eine Entscheidung.
    >"Vor allem dann, wenn Parlamentarier mehrheitlich der Auffassung sind, dass die bisherigen Regelungen ausreichen"
    Eigentlich vorerst ja. So locker wie noch vor 10 Jahren ist es auch nicht mehr. Die Gesetze und behördlichen Beschlüsse müssen nur schnell und konsequent umgesetzt werden. Wer die Ablehnung hat oder aus anderen Gründen hier sein Recht auf Schutz verwirkt hat, muss auch schnell ausreisen oder ausgewiesen werden. Das auszuführen oder zu überwachen, gibt es die entsprechenden Behörden bzw. Ämter. Hier muss schnell gehandelt werden. Das war in den letzten Jahren leider wohl nicht so. An der Tür klingeln und ups... er ist nicht da, kommen wir nächste Woche wieder... ist keine konsequente Durchsetzung von behördlichen Beschlüssen.

  2. 261.

    Aber Respekt für die Mutigen in der CDU! Sie haben Merz abgestraft! Sehr gut.

  3. 258.

    Genau! Das sind doch die wahren Themen/Probleme, die wir haben und nicht die Flüchtlinge.

  4. 257.

    Ich hoffe,das die Vernünftigen ,es auch noch sind - wenn wir die Kontrolle über Deutschland völlig verloren haben. Viel Zeit bleibt nicht mehr!

  5. 255.

    Es ist einfach nur zum Kotzen. Statt über den Inhalt zu diskutieren, wird nur darüber hergezogen, wer aus welcher Partei der Ja- oder Neinsager kommt.

  6. 254.

    Wenn Flüchtlinge abgeschoben werden..?
    Wird dann das Gesundheitswesen besser?
    Sinken dann die Strom und Gaspreise?
    Wird dann Benzin und Diesel billiger?
    Sinken dann die Verbraucherpreise?
    Gibt es dann genügend Kräfte in Kitas und Schulen?
    Sinken dann die Steuern?
    Steigen dann die Löhne?
    Sinken dann die Mieten und gibt es genügend bezahlbaren Wohnraum?
    Wird dann die Rente höher ausfallen?
    Kommen dann alle Bürgergeld Empfänger in gut bezahlte Arbeit?
    Befindet sich dann Deutschlands Wirtschaft wieder im Aufwind?

  7. 252.

    Die Blackrock Floskel zieht schon lange nicht mehr. Ein erfolgreicher Manager wäre natürlich ein Gegensatz zur aktuellen Regierung.

  8. 251.

    Nun , das Volk ist von der Politik frustriert und gespaltet, und die Antwort der Politk darauf ist, man beschäftigt sich nicht mit Lösungen, sondern mit "Zerlegen" des politischen Gegners.
    Am 23 Februar sollte normalerweise der Wähler den Schiedsrichter abgeben, aber was ist hierzulande noch normal?


  9. 250.

    Yes!

    freufreufreufreufreu

  10. 249.

    The will of the people is a part at 21 percent that is considered right wing extremist? Stay bitter Flora. CDU got us into this mess over the last 16 years.

  11. 248.

    Wie schön! Es gibt also auch in der Union noch standhafte Demokraten, die sich nicht vor den Karren der Blaunen spannen lassen. Hatte ich so eigentlich nicht erwartet.

  12. 247.

    Sehr Schade, dass es wieder einmal keine Einigung gab. Das wird sich in der kommenden Wahle niederschlagen.
    Ich hoffe, dass jeder einzelne für sich selbst eine eigene Alternative findet. Manchmal ist dieser ein Direktkandidat der nicht den großen Parteien angehört!

  13. 246.

    Achso, das Gesetz wäre spätestens im Bundesrat gescheitert. Alle SPD und Grün regierte Länder hätten dagegen gestimmt und auch CDU regierte Bundesländer ( zb. Schleswig-Holstein ) hätten dagegen gestimmt. Weil sich Merz mit der AFD zusammengetan hat, und das Gesetz nicht anwendbar gewesen wäre.
    Hier wäre es besser gewesen gemeinsam, außer der AFD, eine Lösung zu finden. Nicht wie Herr Friedrich Merz in Trumpmanier.

  14. 245.

    Das ist mehr als schade und die Auswirkung wird sich bei der Wahlen zeigen.