Nach der Europawahl
Bei der Europawahl in Deutschland warb die Partei Volt mit frechen Plakaten und holte schließlich drei Sitze. Kann Volt damit aber auch genügend Stimmen bei kommenden Bundes- oder Landtagswahlen gewinnen? Von Leonie Schwarzer
An einem Samstagnachmittag findet ein Meet-and-Greet im Berliner Büro der paneuropäischen Partei Volt statt. Interessierte können hier Mitglieder treffen. Ralf Uebigau ist dafür extra zwei Stunden aus Senftenberg (Oberspreewald-Lausitz) angereist. "Ich bin heute hier, um mir einen ersten Eindruck zu verschaffen, wie die Atmosphäre bei Volt ist, was für Menschen hier zusammenkommen und um zu spüren, ob das was für mich ist", sagt Uebigau.
Mit ihm sitzen etwa 30 interessierte Menschen auf Klappstühlen in einem kleinen Raum in Berlin-Prenzlauer Berg. Jonathan Drewes von Volt hält eine Power-Point-Präsentation und spricht von "Onboarding" und "Community Teams". Der 25-Jährige studiert noch und ist der Ko-Vorsitzende in Berlin.
Derzeit ist Volt in 31 europäischen Ländern aktiv, in 20 Ländern ist sie als Partei, in anderen als Bewegung eingetragen. Volt will die Europäische Union stärken, zum Beispiel dem europäischen Parlament mehr Kompetenz geben. Damit konnte die Partei bei der Europawahl in Deutschland vor allem bei jüngeren Wählerinnen und Wählern punkten. Bundesweit kam Volt auf 2,6 Prozent der Stimmen, in Berlin sogar auf 4,8 Prozent. Schaut man auf die 16- bis 24-Jährigen, bekam Volt deutschlandweit sogar rund sieben Prozent der Stimmen.
Volt sei - anders als die Regierungsparteien - noch nicht vorbelastet und musste bislang keine Kompromisse eingehen, sagt der Politikwissenschaftler Nicolai von Ondarza. Zudem hätte die Kampagne mit den auffälligen, lilafarbenen Poster jüngere Leute angesprochen: "Vieles, was sich größere etablierte Parteien nicht getraut haben, eben Sprüche wie 'Sei kein Arsch', hat junge Leute angesprochen, die sich erstmal gefragt haben: Was ist das für eine Partei?"
Von Ondarza glaubt jedoch nicht, dass Volt die Ergebnisse auch bei anderen Wahlen erreichen kann: "Volt konnte jetzt schon zum zweiten Mal bei den Europawahlen erfolgreich sein, aber eben nur bei den Europawahlen." Schon 2019 hatte Volt aus dem Stand mit 0,7 Prozent der Stimmen in Deutschland einen Platz im Europaparlament geholt. "Ich erwarte nicht, dass sie bei Bundestags- oder bei Landtagswahlen solche Erfolge erringen können", so der Politikwissenschaftler.
Der Berliner Ko-Vorsitzende Jonathan Drewes sieht das anders. Die Mitgliederzahl sei in Berlin nach der Wahl von 430 auf 500 Mitglieder gewachsen. Viele Anträge seien zudem noch offen. In der Hauptstadt will seine Partei vor allem mit drei Themen überzeugen: "Wohnprobleme lösen, Mobilität klimafreundlicher und sozialverträglich machen und das Bildungssystem reformieren. Wir sind da aber in einem Prozess, da kommen noch Themen dazu", so Drewes weiter.
Ralf Uebigau aus Senftenberg hat das Treffen gut gefallen. Ganz sicher ist er sich zwar noch nicht, eine Parteimitgliedschaft kann er sich aber vorstellen: "Das ist halt Zukunft in erster Linie. Dass hier viele junge Leute allein schon aufgrund ihres Alters die Zukunft darstellen. Und das Denken ist eben ein anderes als in einem sehr, sehr alten Verband.“
Wenn die pan-europäische Partei auch auf Bundesebene und in Berlin mitgestalten will, muss sie noch mehr Menschen hierzulande überzeugen. Denn anders als auf europäischer Ebene werden hierzulande fünf Prozent der Stimmen benötigt, um ins Parlament einzuziehen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 24.06.2024, 07:30 Uhr
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Beitrag von Leonie Schwarzer
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