AfD vorn in Heinersbrück, SPD in Welzow
In Heinersbrück war die AfD bei der Landtagswahl besonders erfolgreich: Jeder Zweite stimmte dort für sie. Ganz anders in Welzow: Hier hat die SPD die Nase vorn. Warum? Wo doch in beiden Orten die Kohle das zentrale Thema ist. Von Anja Kabisch
Das Landtagswahlergebnis aus Heinersbrück (Spree-Neiße) sorgte am Montag für überregionales Aufsehen: 50,5 Prozent der Zweitstimmen hatte die AfD bei der Landtagswahl am Sonntag bekommen. Nur an einem Ort in Brandenburg erreichte die AfD in Brandenburg mehr Zweitstimmen.
Zudem machten 49,7 Prozent der wahlberechtigten Heinersbrücker bei der Landtagswahl bei Steffen Kubitzki von der AfD ihr Kreuz. Dietmar Woidke hingegen, der Direktkandidat im Wahlkreis Spree-Neiße I und damit auch in Heinersbrück, bekam an Erststimmen nur 23,0 Prozent.
In Welzow sieht das anders aus: Hier hat SPD-Kandidat Jörg Rakete mit knapp 31 Prozent die meisten Erststimmen geholt, die AfD liegt knapp dahinter. Auch bei den Zweitstimmen liegt die SPD mit über 32 Prozent vor der AfD (28,5 Prozent).
Beide Orte sind von der Kohle abhängig. In beiden Orten arbeiten viele Einwohner bei der Leag oder bei Zulieferfirmen. Und über Welzow hängt nach wie vor das Damoklesschwert der teilweisen Abbaggerung. Warum siegte hier die SPD - und in Heinersbrück die AfD?
Schon bei den vergangenen Wahlen hatten viele Leute in Heinersbrück blau gewählt - immer zwischen 30 und 40 Prozent bei der Bundestags-, Kreistags und Europawahl - und hatten damit bundesweites Medieninteresse ausgelöst. Aber auf die Frage, warum in Heinersbrück so viele die AfD wählen, antwortet Ortsbürgermeister Horst Nattke (parteilos) am Montag: "Die Frage ist ein bisschen falsch gestellt." Es müsse eher heißen, warum die anderen so wenige Stimmen haben, meint er. "Vielleicht ist es ihnen nicht gelungen, dass sie ihre Erfolge den Bürgern richtig rübergebracht haben."
Der Bürgermeister glaubt, dass die Einwohner sich allein gelassen fühlen. Heinersbrück lebt mit einer Haushaltssperre, hat finanziell keine Spielräume. Es können nur die Pflichtaufgaben wie Kita und Winterdienst gezahlt werden. Darüber hinaus bleibt kein Spielraum, so Nattke. "Gerne würden wir für unsere Senioren einen Radweg nach Peitz haben."
Schon vor fast genau zwei Jahren, zur Bundestagswahl, stach Heinersbrück hervor. 40,4 Prozent der Wähler hatten damals ihre Stimme der AfD gegeben. Schon damals hieß es: Es gebe offenbar dieses Gefühl, von 'denen da oben' allein gelassen zu werden.
Bürgermeister Nattke kritisiert am Montag auch, dass SPD-Direktkandidat und Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im Wahlkampf nicht nach Heinersbrück gekommen ist. "Im Speckgürtel von Berlin, wo alles in Ordnung ist, da lässt man sich feiern. Aber wo die Probleme sind, da macht man einen großen Bogen 'rum." Nach Ansicht von Nattke brauche sich Woidke dann nicht wundern, "wenn solche Reaktionen kommen".
Anwohner werden auf Nachfrage konkreter: "Ich habe die AfD gewählt, wegen dem Kohleausstieg", sagt einer. Denn die AfD sei gegen einen Ausstieg, und an der Kohle hingen viele Arbeitsplätze. Ein weiterer glaubt ebenfalls, dass das Thema Kohle zum Wahlerfolg der Partei geführt hat. "Dass die AfD versprochen hat, Arbeitsplätze im Tagebau zu halten, das hat halt den Bürgern vermutlich Hoffnung gemacht."
Im 50 Kilometer entfernten Welzow (Spree-Neiße) scheint hingegen die SPD mehr Hoffnung gemacht zu haben - zumindest geringfügig. Wahlentscheidenes Thema sei auch hier vermutlich der Kohleausstieg gewesen, meint ein junger Welzower. "Es hängen ja dann nicht nur der Bergbau dran, sondern auch die ganzen anderen Betriebe, beim Bäcker angefangen."
Dass die SPD die Nase vorn hatte, könne daran liegen, dass die Bürger "gewisse Sicherheiten haben" wollen, meint ein anderer Einwohner, "und deshalb nicht unbedingt in Richtung AfD gehen". Die würden, so schiebt er hinterher, seiner Meinung nach auch nur Versprechungen machen. Ein dritter Welzower vermutet, dass das Wahlergebnis zugunsten der SPD vielleicht etwas mit der Tradition zu tun habe: "Die SPD war einfach schon früher in Welzow gewesen."
Beitrag von Anja Kabisch
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