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Video: rbb24 - Ihre Wahl | 17.09.2024 | Die ganze Sendung | Quelle: rbb

Landtagswahl in Brandenburg

Zuwanderung und Fachkräftemangel sind bestimmende Themen bei rbb-Wahlsendung

Mehr als 100 Minuten haben sich Spitzenvertreter von sieben Parteien in der rbb-Sendung "Ihre Wahl" einen Schlagabtausch geliefert. Besonders kontrovers wurde es beim Thema Migration. Aber auch am Hochwasser schieden sich die Geister.

Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Brandenburg haben am Dienstagabend in Potsdam für ihre Positionen gerungen. In der rbb-Sendung "rbb24 - Ihre Wahl: Der Kandidatencheck" waren Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), Hans-Christoph Berndt (AfD), Jan Redmann (CDU), Benjamin Raschke (Co-Fraktions-Chef der Grünen im Landtag und Listenplatz 2), Sebastian Walter (Linke), Péter Vida (BVB/Freie Wähler) und Robert Crumbach (BSW) zu Gast.

Bei der mehr als 100 Minuten dauernden Gesprächsrunde in der Biosphäre Potsdam wurden verschiedene Themen abgearbeitet. Dabei gingen die Meinungen etwa bei den Themen Zuwanderung, Fachkräftemangel und dem Umgang mit rechtsextremen Tendenzen an Schulen im Land deutlich auseinander, aber auch bei der Beurteilung des Tesla-Werks und des Kohleausstiegs.

Liveticker zum Hochwasser

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Berndt kritisiert zu wenig Engagement bei Bibern, die Deiche beschädigten

Zum Auftakt der von Franziska Maushake und Dirk Platt moderierten Sendung ging es zunächst um die Bekämpfung des Hochwassers, das auch Ortschaften in Brandenburg an der Oder und der Neiße bedroht. Hier zeigten sich deutliche Unterschiede in der Bewertung der Gründe für solche Unwetterkatastrophen.

Ministerpräsident Woidke verteidigte die Maßnahmen seiner Landesregierung im Bereich Hochwasserschutz. Seit 1997 sei hier investiert worden. Im Deichbau sei man gut vorangekommen, es gebe aber noch viel zu tun, unter anderem in Mühlberg an der Elbe.

AfD-Fraktionschef und Spitzenkandidat Berndt kritisierte, dass das Hochwasser mit Klimawandel in Verbindung gebracht wird. In den vergangenen Jahrhunderten seien viel höhere Pegelstände erreicht worden. Ein Problem seien vielmehr Biber, die Deiche beschädigten. Hier werde jedoch zu wenig getan. Bei den Bundesmitteln zur Ertüchtigung der Deiche habe Brandenburg die wenigsten Mittel abgerufen.

Auch CDU-Spitzenkandidat Redmann forderte, die Jagd auf Nutria (Biberratten) und Biber an sich zu verstärken. Zudem müssten ehrenamtliche Retter deutlicher unterstützt werden. Redmann forderte auch eine allgemeine Dienstpflicht für Bundeswehr, Technisches Hilfswerk und Feuerwehr.

Der Grünen-Co-Landesvorsitzende Raschke forderte mehr Naturschutz in Brandenburg, um mehr Hochwasserflächen auszuweisen, "so dass dem Wasser die Spitze genommen wird" und Linke-Spitzenkandidat Walter soziale Antworten wie eine Feuerwehrrente sowie eine Elementarschutzversicherung.

Vida (BVB/Freie Wähler) machte sich für Entschädigungen für Landwirte stark, da Deiche auch nach hinten verlegt werden müssten. Zudem brauche es bessere Regenrückhaltevorrichtungen.

BSW-Spitzenkandidat Crumbach betonte, seine Partei leugne den Klimaschutz nicht. Man müsse solchen Phänomenen wie Hochwasser mit neuer Technologie begegnen.

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Große Unterschiede beim Thema Migration

Weit auseinander lagen die Positionen erwartungsgemäß beim Thema Zuwanderung. SPD-Spitzenkandidat Woidke betonte, Brandenburg sei "in vielen Bereichen bereits heute von ausländischen Fachkräften, aber auch Arbeitskräften abhängig". Das sei eine Tatsache. Woidke verwies auf das Klinikum in Perleberg – dort hat seinen Angaben zufolge jeder zweite Mediziner einen Migrationshintergrund. Auch in anderen Bereichen zeige sich, wie wichtig Zuwanderung sei: "Wir haben 60, 70 Nationen bei Rolls Royce unweit von hier, bei Tesla 60 verschiedene Nationen, es ist Realität und normal."

Ähnlich argumentierte CDU-Spitzenkandidat Redmann. Er nannte als Beispiel das Krankenhaus in Neuruppin: "Dort werden Operationen abgesagt, nicht weil die Ärzte fehlen, sondern weil die OP-Schwester fehlt." Fachkräften, die in Brandenburg arbeiten wollen, müssten die Abschlüsse schneller anerkannt werden. Gleichwohl müsse zwischen Fachkräftezuwanderung und allgemeiner Zuwanderung unterschieden werden. "Wir werden unserer Fachkräfteproblem nicht damit lösen, indem wir dauerhaft offene Grenzen haben und jeden reinlassen", so Redmann.

AfD-Vertreter Berndt sagte, seit 2015 seien mehr als 10 Millionen Menschen nach Deutschland gekommen. "Und noch nie war das Fachkräfteproblem so groß wie jetzt. Da stimmt doch was nicht." Die Situation in den Schulen treibe Fachkräfte aus dem Land, auch "die Situation in den Parks (…) Wir haben stündlich Messerattacken und Gruppenvergewaltigungen." Es gebe "viele Hunderttausend Menschen im Land, die kein Aufenthaltsrecht haben. Wenn wir die zurückschicken, gewinnen wir Kapazitäten, um uns um Ausbildung zu kümmern."

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BSW-Spitzenkandidat Crumbach betonte, die Auffassung, "dass alle Menschen hier willkommen sind, um unser Arbeitskräfteproblem zu lösen, ist falsch". Er habe sich als Vormund um einen minderjährigen Flüchtling gekümmert, der auf der Schule große Probleme gehabt habe. Solche Tatsachen dürfe man nicht ignorieren.

Linke-Spitzenkandidat Walter kritisierte, dass in Brandenburg zu oft über Bezahlkarten und Grenzkontrollen gesprochen werde. "Worüber wir nicht reden: Brandenburg ist Schlusslicht bei der Berufsanerkennung." Integration funktioniere am besten über Arbeit.

Dem schloss sich BVB/Freie Wähler-Chef Vida an. Vor allem im Gesundheitsbereich, im Pflegebereich und in anderen Dienstleistungsbereichen sei "Brandenburg, was die Anerkennungsprozedere angeht, teilweise schikanös unterwegs, deshalb muss es da besser werden". Seine Partei fordere auch mehr Kreisvolkshochschulen, um den Spracherwerb zu unterstützen.

Der Grünen-Vertreter in der Runde, Raschke, sprach derweil von einem "Wettbewerb der Schäbigkeit. Die Positionen werden immer weiter nach rechts geschoben." Das Problem liege vielmehr in zu wenigen Investitionen, etwa in Kita-Plätze und generell in die Infrastruktur. Deshalb müsse die Schuldenbremse gelockert werden.

Berndt sieht "migrantische Gewalt" an Brandenburger Schulen

Kontrovers wurde es auch bei der Frage nach Antworten auf rechtsextreme Vorfälle an Brandenburger Schulen wie jener in Burg/Spreewald. AfD-Kandidat Berndt betonte in seiner Antwort, man müsse sich eher "Gedanken über migrantische Gewalt gegen einheimische Schüler" machen. Mehr als 90 Straftaten habe es in diesem Bereich auch in Brandenburg gegeben.

Ministerpräsident Woidke sagte, Rechtsextremismus an Schulen könne man nur über Bildung bekämpfen - "und das geht nicht nur mit den Schulen. Das Elternhaus spielt dabei eine große Rolle, deswegen müssen wir alles dafür tun, den Kindern deutlich zu machen, was Rechtsextremismus in Deutschland schon alles angerichtet hat."

Vida: "Landesregierung ist bei Tesla der Kompass verloren gegangen"

Ein großes Thema der Diskussionsrunde war auch das Tesla-Werk in Grünheide (Oder-Spree). SPD-Spitzenkandidat Woidke verteidigte den E-Autobauer gegen Kritik, beispielsweise wegen des Wasserverbrauchs der amerikanischen Firma. Hier sei Tesla "kein Negativbeispiel, sondern ein positives." Denn Tesla setze auf 100-prozentiges Recycling des in der Produktion verwendeten Wassers. Unternehmen wie Tesla seien unverzichtbar, um den Wohlstand in diesem Land zu halten.

Für AfD-Vertreter Berndt steht das Tesla-Werk "am falschen Standort", da dort ein Wasserschutzgebiet liege. Und: "Es ist nicht der Motor für die Wirtschaft in Brandenburg. Die Autos stehen auf dem Flughafen Neuhardenberg und stapeln sich und stapeln sich. Tesla hat Arbeitskräfte abgebaut." Die kleine und mittelständische Wirtschaft Brandenburgs habe "herzlich wenig von Tesla."

CDU-Kandidat Redmann argumentierte dagegen so wie sein Koalitionspartner Woidke. "Ich finde, dass Tesla ein Beispiel ist, von dem wir mehr in Brandenburg brauchen. Ich wünsche mir die Tesla-Geschwindigkeit nicht nur für Tesla, sondern auch für unsere Bestandsunternehmen. Diese Kooperationsbereitschaft, die hier unsere Behörden gezeigt haben, das muss ein Vorbild sein auch für den Ausbau von Unternehmen, die es schon in Brandenburg gibt. Auch für kleine und mittelständische Unternehmen – die sehnen sich danach."

Nach Kritik von Bürgerinitiative

Untere Wasserbehörde bewertet den Grundwasserschutz bei Tesla als ausreichend

Die Kritik ist nicht neu: Tesla würde mit seiner Fabrik dem Grundwasser schaden, befürchten Initiativen und Aktivisten. Der Autobauer sieht das anders. Auch die Kontrollbehörde bewertet den Schutz nun als ausreichend.

Auch Grünen-Vertreter Raschke betonte, man müsse moderne Industrie halten. Allerdings brauche es dringend einen "Wasser-Check", gerade in Zeiten des Klimawandels.

Linke-Spitzenkandidat Walter kritisierte, Tesla bezahle nicht nach Tarif. Und: "Diese Landesregierung hat sich abhängig gemacht, verramscht Arbeitnehmerrechte und die Umwelt vor Ort. Jede Currywurstbude in diesem Land hätte bei den ganzen Straftaten schon längst die Betriebsgenehmigung entzogen bekommen."

Vida (BVB/Freie Wähler) bemängelte, der Landesregierung sei in Sachen Tesla "der Kompass verloren gegangen." Sie habe "Grünheide und die Umgebung alleine gelassen, was die Infrastruktur auf den Straßen angeht, die Pendlerströme und das Wasserthema wurde unterschätzt."

BSW-Spitzenkandidat Crumbach konzentrierte sich auch auf das Wasserthema. "Natürlich haben wir in Brandenburg ein Wasserproblem", sagte er. Gleichzeitig finde er die Tesla-Ansiedlung an sich "ok". Ob seine Partei einer Erweiterung des Tesla-Werks zustimmen würde, hänge von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich sehe er Tesla “kritischer als manch anderer."

Crumbach schließt Zusammenarbeit mit AfD nicht aus

In der Diskussionsrunde, in der vor allem Berndt und Woidke immer wieder aneinandergerieten, ging es zudem um Themen wie Windkraft, Bildung, Zukunft der Krankenhäuser und zum Schluss recht ausführlich auch um die Zukunft der Lausitz. Während Raschke (Grüne) einen früheren Kohleausstieg als 2038 forderte, sprach Berndt (AfD) von einer "zerstörerischen Energiewende".

Abgerundet wurde die Sendung mit einem Format, bei dem drei Sätze in drei Sekunden beendet werden mussten. Auf eine zukünftige Zusammenarbeit mit der AfD angesprochen, antwortete BSW-Spitzenkandidat Crumbach: "Es ist vorstellbar, dass wir einzelne Anträge der AfD im Landtag unterstützen, wenn sie denn vernünftig sind."

Sendung: rbb24 - Ihre Wahl: Der Kandidatencheck, 17.09.2024, 20:15 Uhr

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