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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 15.02.2024 | Katrin Neumann | Quelle: dpa

Brandenburger FDP

Mit der Abrisskugel in den Landtag

Seit zehn Jahren ist die FDP im Brandenburger Landtag nicht vertreten. Das soll sich bei der kommenden Wahl ändern. Dabei zählt jeder Prozentpunkt. Helfen soll ein engagierter Wahlkampf – und prominente Unterstützung aus der Bundespolitik. Von Birgit Raddatz  

Der Saal im Potsdamer Kutschstall ist bis auf den letzten Platz gefüllt: 300 Gäste hat der Politische Aschermittwoch angelockt, ausgerichtet von der Brandenburger FDP. Das liegt nicht etwa daran, dass es die erste Veranstaltung dieser Art war. Sondern vielmehr an der prominenten Unterstützung durch Bundesfinanzminister Christian Lindner.

Unter tosendem Applaus und dem Lied "For you" von The Disco Boys empfängt ihn der Landesverband. Begleitet wird Lindner von Zyon Braun, Spitzendkandidat der Brandenburger FDP - und bisher weitgehend unbekannt.

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Beflügelt durch mediales Interesse

Doch das soll sich ändern. Die Liberalen sind sich sicher: Mit prominenter Unterstützung aus der Bundespolitik und der damit einhergehenden medialen Aufmerksamkeit schaffen sie nach zehn Jahren den Einzug in den Brandenburger Landtag. "Alles neu" steht in großen Magentafarben auf ihrem Plakat, daneben eine Abrisskugel. Wie es sich für einen Politischen Aschermittwoch gehört, versucht es der Kreisvorsitzende der FDP Potsdam-Mittelmark und Moderator des Abends, Matti Karstedt, sogleich mit einem Witz in Richtung des politischen Gegners: "Wir haben heute Abend die Bundes- und Landespresse da, Dutzende Kameras sind hier im Raum, jedes Wort wird mitgezeichnet. Ich glaube, die Hobby-Sheriffs der CDU Brandenburg waren noch nie so stolz auf die FDP." Verhaltenes Gelächter im Raum, es scheint, als sei vielen in der Brandenburger FDP gar nicht so wohl mit der Aufmerksamkeit.

Besonders als sie von Karstedt dann auch noch erfahren, dass sich Udo Brömme alias Ralf Kabelka, Reporter des ZDF-Satireformats "Heute Show", im Saal aufhält. Er dürfe alles, ruft ihm Kniestedt von der Bühne aus zu. "Nur eine Sache dürfen Sie nicht und das ist hier nach oben kommen und eine Rede halten, denn ein linker Clown am Mikrofon, das ist in Brandenburg immer noch Kernkompetenz von Sebastian Walter."

Mit wem will die FDP regieren – und wer mit ihr?

Viel zu lachen gibt es im Laufe des Abends dann auch nicht mehr. Dafür ist die Lage der Brandenburger FDP zu Ernst. Laut den letzten Umfragen kommt die Partei derzeit gerade einmal auf drei Prozent, würde einen Einzug in den Landtag also wieder verfehlen. Doch Spitzenkandidat Zyon Braun gibt sich kämpferisch – und sieht sich bereits in einer Regierung mit SPD und CDU. Die Rolle der FDP in diesem Bündnis, so Braun, sei die der Lokomotive "Emma" aus Jim Knopf. "Und dann heißt es: Anschnallen meine Herren, denn dann geht es nämlich los in Brandenburg."

Spätestens jetzt wird klar: Der ausgewiesene politische Gegner der Freien Demokraten in diesem Wahlkampf sind die Grünen. Kein Wort darüber, dass die Wunschkoalition aus SPD und CDU derzeit in den Umfragen ebenfalls keine Mehrheit mehr bilden könnte und die AfD stärkste Kraft würde.

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SPD und CDU als Wunschpartner der FDP

Das Wahlprogramm der FDP wird derzeit noch erarbeitet. Mehrfach betont Braun jedoch, wofür seine Partei steht: Menschen führen in Brandenburg gerne Auto und müssten es aufgrund von mangelnder Infrastruktur auch. Er spreche sich für die Verlängerung der Berliner Stadtautobahn A100 aus, davon habe auch das Umland etwas. Außerdem wolle er sich für den Abbau von Bürokratie für Brandenburger einsetzen, dann würden sich auch wieder mehr Unternehmen gründen.

Die Veranstaltung zeigt: Die FDP – selbst wenn sie über die fünf-Prozent-Hürde käme - hat Schwierigkeiten, ein Bündnis zu finden, mit denen sie als "Lokomotive" in die Regierung fahren will. Die Grünen, das ist der ausgewiesene, politische Gegner. "Einmal im Monat kommt der Vorschlag der Grünen, dass wir aus der Kohle aussteigen müssen. Ich höre nicht ein einziges Mal, wo die Grünen in irgendetwas einsteigen wollen." Mit der AfD mache man es auf keinen Fall, das betont Braun mehrfach. Die Linke halten die Liberalen für "clownesk". SPD und CDU schneiden in den Umfragen derzeit zu schwach ab, um eine kleine Partei wie die FDP in die Koalition zu holen.

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FDP verliert derzeit Mitglieder

Knapp ein halbes Jahr vor der Wahl versucht die FDP Brandenburg außerdem herauszufinden, was sie von anderen Parteien im Land unterscheidet. Und wer sie eigentlich wählen wird. Im Saal sind auffallend viele jüngere Menschen. In der Altersspanne der 16- bis 34-Jährigen schnitt die Partei 2019 am besten ab. Mittelständige Unternehmer und Unternehmerin sollen sich ganz offensichtlich angesprochen fühlen. "Alle freiheitsliebenden Menschen", wird Parteichef Christian Lindner später auf die Frage nach den potenziellen Wählerinnen und Wählern in Brandenburg antworten.

Bundespolitische Themen überlagerten derzeit vieles in der Partei, gab Landesvorsitzender Braun kürzlich in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" zu. Anfang Februar hatte der ehemalige Bundestagsabgeordnete und Kreisvorsitzende von Brandenburg an der Havel, Patrick Meinhardt, in einem Brief seinen Rücktritt aus der Partei erklärt. Meinhardt kritisierte dabei auch direkt Bundesfinanzminister Lindner für dessen Umgang mit dem Mittelstand und den protestierenden Bauern. Etwas mehr als 1.500 Parteimitglieder hätten die Brandenburger Liberalen laut ihres Vorsitzenden noch. Es gebe derzeit mehr Aus- als Eintritte.

Braun hofft auf weitere Unterstützung der Bundespartei

Doch weder Lindner noch Braun scheint das an diesem Abend groß zu kümmern. Auch den Bundesfinanzminister scheint die Begeisterung für die Partei im Potsdamer Kutschstall zu euphorisieren. Fast eine Stunde lang spricht Lindner auf der Bühne, lobt Braun, der auch Mitglied im FDP-Bundesvorstand ist, später als "Mensch mit klaren Grundüberzeugungen". Der 29-jährige gelernte Bankfachwirt sei kein Berufspolitiker, sondern stehe für eine neue Generation. "Er hat Lust, Brandenburg zu gestalten, zum Beispiel im Bereich Unternehmensgründungen auch im mittelständischen Bereich."

Die 300 Gäste haben sowohl Lindner als auch Braun an diesem Abend jedenfalls überzeugt, kaum jemand der Befragten äußert sich kritisch. Braun kündigt an, in den kommenden Monaten weiterhin auf prominente Unterstützung zu setzen. "Hat Brandenburg Bock auf Wahlkampf mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann?" Der Saal jubelt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 15.02.2024, 14:21 Uhr

Beitrag von Birgit Raddatz

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