Bis 2026 volle Bezüge
Die Wahlwiederholung in Berlin war ein Novum - da ist nicht verwunderlich, dass die Landesverfassung nicht für alles eine Regelung parat hält. Jetzt werden etwa Lösungen gesucht, wie die Wahlergebnisse in die Bezirksämter übertragen werden können.
Mitglieder der Bezirksämter, die nach der Wiederholungswahl ihre Ämter verlieren könnten, sollen bis 2026 ihre vollen Bezüge als Ruhegeld bekommen. Das sieht ein Gesetzentwurf der SPD vor, die dem rbb vorliegt. Über den Entwurf sollen nun die Fraktionen im Abgeordnetenhaus diskutieren. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" am Montag berichtet. Nach rbb-Informationen soll der Gesetzentwurf noch im März verabschiedet werden.
Demnach sollen die Bezirksämter und auch die Bezirksbürgermeisterinnen und Bezirksbürgermeister neu gewählt werden können, um die durch die Wahl am 12. Februar veränderten Mehrheitsverhältnisse in den Bezirken besser abzubilden. Denn laut Gesetz verteilen sich die Sitze in den Bezirksämtern gemäß der Stimmanteile der Fraktionen in den Bezirksverordnetenversammlungen. Das Amt des Bürgermeisters wird nach dem Mehrheitsprinzip gewählt.
Allerdings sieht die Landesverfassung keine Regelung für den Fall einer Wahlwiederholung vor. Damit könnten bisher die 2021 gewählten Mitglieder der Bezirksämter und die Bezirksbürgermeister im Amt bleiben, obwohl sich die Mehrheitsverhältnisse in den Bezirksverordnetenversammlungen zum Teil stark verändert haben. Die geplante Gesetzesänderung soll das nun einmalig korrigieren. Die Landesverfassung von Berlin müsste dann nicht geändert werden.
Durch die Wiederholungswahl hatten sich die Mehrheitsverhältnisse in einigen Bezirken stark verändert. Die CDU hatte die Mehrheit in neun Bezirken klar gewonnen. In Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg lösten die Christdemokraten die Grünen als stärkste Kraft ab, in Lichtenberg die Linke und in Neukölln, Spandau und Treptow-Köpenick die SPD.
Schon bei der Wahl 2021 hatte die CDU in drei Bezirken die meisten Stimmen bekommen, aber trotzdem keinen Bezirksbürgermeister gestellt. Deshalb hatten die Christdemokraten bereits vor der Wiederholungswahl gefordert, dass die Bezirksämter den neuen Mehrheitsverhältnissen angepasst werden müssten. Eine gesetzliche Regelung dafür gibt es bislang aber nicht, die Bezirksämter könnten auch unverändert bestehen bleiben.
Allerdings hatte schon die bisherige rot-grün-rote Regierung ihre Bereitschaft erklärt, eine Lösung zu finden, damit die neuen Mehrheitsverhältnisse im Bezirksamt sichtbar werden. Ein Antrag von CDU, SPD, Grünen und Linke soll am Donnerstag, 16. März in erster Lesung im Abgeordnetenhaus behandelt und eine Woche später am 23. März beschlossen werden. Wenn das geschehen ist, können die Bezirksämter nach der neuen Regelung verändert werden.
Der Gesetzentwurf der SPD sieht vor, dass Fraktionen, denen laut Stimmenproporz nun mehr Sitze im Bezirksamt zustehen, einmalig einen Kandidaten oder eine Kandidatin für das Gremium vorschlagen dürfen. Fraktionen, die Stimmen verloren haben und deswegen weniger Mitglieder des Bezirksamts stellen dürfen, müssten innerhalb eines Monats mitteilen, an welchen ihrer bisherigen Bezirksamtsmitglieder sie festhalten wollen – und welche also aus dem Amt scheiden müssen.
Mitglieder der Bezirksämter, die auf diese Weise aus dem Amt scheiden, bleiben Beamte auf Zeit. Sie sollen, so der Gesetzentwurf, bis zum Ende der Wahlperiode im Jahr 2026 weiter ihre vollen Bezüge erhalten. Das ist mehr, als etwa die CDU noch vor der Wahl in einem eigenen Gesetzentwurf gefordert hatte: Damals war die Rede von einem Ruhegehalt, das bei 71,5 Prozent der normalen Bezüge für Bezirksamtsmitglieder liegen sollte.
AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker kritisierte das Vorhaben als "Selbstbedienungsmentalität aller Parteien von CDU bis ganz linksaußen". Das sei "eine ungeheure Respektlosigkeit gegenüber den Steuerzahlern, die diese Exzesse nicht nur bezahlen müssen, sondern auch von einer derartigen Absicherung gegen Arbeitslosigkeit nur träumen können", so Brinker.
Sendung: rbb24 Abendschau, 06.03.2023, 19:30 Uhr
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