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Symbolbild. | Quelle: IMAGO/Zoonar

Kommunalwahl 2024

Migrantische Stimmen werden zur Wahl in Cottbus lauter

Zur Kommunalwahl in Cottbus engagieren sich immer mehr migrantische Bürger. Sie wollen das Thema Wahl nicht nur in ihrer Community in den Fokus rücken - sondern lassen sich teilweise auch selbst aufstellen. Von Isabelle Schilka.

Im Cottbuser Studierendenclub Quasimono herrscht reges Gewusel. Noch wird der Beamer aufgebaut, Flyer ausgelegt – der ein oder andere holt sich eine Tasse Tee. Knapp zehn Leute sind an diesem Abend Ende Mai vorbeigekommen, um mehr über das Wahlsystem in zu Deutschland erfahren.

Organisiert wurde das Treffen vom "Cottbuser Geflüchtetennetzwerk e.V.", unterstützt von der Initiative "Unteilbar Südbrandenburg". Seit 2017 setzt sich das Geflüchtetennetzwerk für die Integration in der Stadt ein. Es leitet Menschen an die richtigen Ansprechpartner weiter, wenn sie Hilfe bei Behördengängen brauchen, einen Facharzttermin oder einen Schulplatz für ihre Kinder suchen. Das Netzwerk organisiert Nachhilfe für geflüchtete Kinder und das Zuckerfest zum Ende des Ramadans. Und in diesem Jahr eben auch Infoabende zum Thema Europa- und Kommunalwahl.

Kreise, Städte, Gemeinden

Kommunalwahlen 2024 in Brandenburg

Die landesweiten Kommunalwahlen finden in Brandenburg alle fünf Jahre statt. Gewählt werden die 14 Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Gemeindevertretungen, Bürgermeister und Ortvorsteher sowie Ortsbeiräte. Der nächste Wahltermin ist am 09. Juni 2024.

"Solche Themen haben wir im Integrationskurs nicht so richtig gelernt", sagt Bachir Alali, der die Veranstaltung gemeinsam mit seinem Kumpel Mohammed organisiert hat. Beide sind 2015 vor dem Krieg in Syrien geflüchtet.

"Die meisten Geflüchteten kommen wegen Kriegen oder der politischer Lage, oft aus diktatorischen Ländern", so Alali weiter. "In Syrien gab es alle sieben Jahre eine Präsidentenwahl", beschreibt er die Situation in seinem Heimatland. "Manchmal gab es nur einen einzigen Kandidaten". Sich selbst in die Politik einzumischen durch freie Wahlen, Demonstrationen oder Unterschriftenlisten - das sei für Geflüchtete darum oft unbekanntes Terrain.

Wahlinfoabende sollen viele Geflüchtete erreichen

Der Beamer ist mittlerweile angeschlossen, die ersten Teilnehmer haben sich schon einen Flyer gegriffen. Darauf steht das Wichtigste in Kürze - was, wann, wo und warum wird gewählt – auf Deutsch, Arabisch, Persisch und Ukrainisch.

Wie die parlamentarische Demokratie in Deutschland und Europa funktioniert und warum es wichtig ist, sich daran zu beteiligen, erklären Bachir und Mohammed heute vor allem auf Arabisch. Es ist die Muttersprache der meisten Teilnehmer. So können sie schneller und ohne Missverständnisse verstehen, worum es geht.

Während Bachir und Mohammed erzählen, wie das Europaparlament zusammengesetzt ist, was eine Stadtverordnetenversammlung macht und wer die Stimmen auszählt, hören viele Teilnehmer aufmerksam zu. Sie nicken, um zu zeigen, dass sie den Erzählungen folgen, ab und zu gibt es eine Nachfrage. Der ein oder andere verschwindet im Laufe der Veranstaltung aber auch still und heimlich.

Bachir Alali vermutet, dass es vielen Geflüchteten schwer fällt, über Politik zu reden, weil sie in ihren Heimatländern meist nicht offen sprechen konnten. Die beiden Kumpels versuchen nun, möglichst viele Menschen mit ihrer Infoveranstaltung zu erreichen. Sie sind in Sprechcafés unterwegs, in der islamischen Gemeinde oder in Begegnungszentren der Stadt.

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Migrantische Meinungen sichtbar machen

Mit ihrer Aktion wollen Bachir und Mohammed nicht nur aufklären, sie wollen Geflüchtete auch motivieren, zur Wahl zu gehen. "Einige Menschen, die um das Jahr 2015 nach Deutschland kamen, wurden mittlerweile eingebürgert", erzählt Alali. Sie dürfen mit der deutschen Staatsbürgerschaft an den Wahlen teilnehmen – würden dieses Recht aber nicht immer wahrnehmen.

Er erzählt auch, dass es am Ende jeder Veranstaltung kleine Übungswahlen gibt. Die gesammelten Stimmzettel sollen dann an die Stadt gehen. Damit will das Geflüchtetennetzwerk zeigen, dass es in Cottbus eine ganze Menge Menschen gibt, die nicht so einfach mitbestimmen können.

"Vielleicht kann das irgendwas bewegen, zum Beispiel ein Gespräch beim neuen Stadtrat", hofft Alali. Auf kommunaler Ebene würde er sich mehr Mitbestimmungsrecht für Bürger ohne deutschen Pass wünschen. Sie machen aktuell immerhin über zwölf Prozent der Cottbuser aus.

Migrantische Kandidaten wollen Integration verbessern

Auch Adeline Abimnwi Awemo will sich für eine bessere Integration in Cottbus und ganz Brandenburg einsetzen. Weil sie die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, kann sie nicht nur wählen gehen, sondern auch selbst als Kandidatin auftreten.

"Ich habe selber viel im Integrationsbereich gemacht - an der Uni, in der Kirche und der Stadt", erzählt die gebürtige Kamerunerin. "Und irgendwann merkte ich, es reicht nicht, man kommt irgendwie nicht weiter."

Darum hat sie sich bei der Kommunal- und der Landtagswahl für die CDU aufstellen lassen. "Ich bin christlich. Und als Christ ist man konservativ", erklärt Awemo ihre Entscheidung. "Aber Demokratie spielt auch eine Rolle. Die CDU ist demokratisch und jetzt bereit, den Menschen wirklich zuzuhören."

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Menschen ohne deutschen Pass eine Stimme geben

Für demokratische Werte einzutreten, das ist auch Nadeem Manjounehs Plan. Der gebürtige Syrer hat sich bei den Kommunalwahlen in Cottbus für die lokalen Wählervereinigung Sozialer Umbruch (SUB) aufstellen lassen.

Laut Manjouneh würde die Demokratie in Deutschland durch die gesellschaftlichen Spaltung gefährdet werden. "Ich habe in einem System, das Menschen unterdrückt, gelebt. In einem System von Menschen, die einander verachten und misstrauen", sagt er dazu. "Ich möchte das für mein neues Land nicht."

Die Integration neuer Bürger solle viel stärker als Chance verstanden werden, so Manjouneh, auch wenn es Baustellen gebe. Die kenne er durch seine Arbeit als Migrationssozialarbeiter besonders gut. Ein großes Problem seien zum Beispiel die Sprachkurse, in denen junge Geflüchtete meistens noch gut mitkommen, aber ältere Menschen oft auf der Strecke bleiben. Manjouneh sagt, für sie müsste es niederschwellige Angebote in der Stadt geben.

Mit seiner Kandidatur wolle er solche Probleme, Probleme von Menschen, die ohne deutschen Pass in Cottbus leben, sichtbar machen. "Mein Antrieb ist es, sie zu repräsentieren. Damit nicht nur über sie gesprochen wird, damit sie eine Stimme haben."

Sendung: Antenne Brandenburg, 31.05.2024, 14:10 Uhr

Beitrag von Isabelle Schilka

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