Fünf besondere Hertha-Präsidenten
Am Sonntag wählen die Mitglieder von Hertha BSC einen neuen Präsidenten. Er wird sich in eine lange Liste von Club-Bossen eintragen. Diese fünf Ex-Präsidenten stechen besonders hervor.
rbb|24 wirft gemeinsam mit Michael Jahn, der Hertha BSC lange als Reporter begleitete und acht Bücher über den Verein und seine Geschichte schrieb, einen Blick auf fünf besondere Präsidenten des Fußball-Bundesligisten.
130 Jahre ist es her, dass zwei Geschwisterpaare auf die Idee kamen einen Verein zu gründen: Fritz und Max Lindner sowie Otto und Willi Lorenz waren damals allerdings noch nicht volljährig und somit nicht in der Lage, die Formalitäten zu erfüllen. Also gingen sie auf die Suche nach einem älteren Unterstützer - und fanden Ernst Wisch.
"Das war ein Verwandter, der auch erst 22 Jahre jung war. Der hat dann die Formalitäten erledigt", sagt Michael Jahn. Mit Wischs Unterschrift auf dem Polizeipräsidium am Molkenmarkt wurde er am 25. Juli 1892 zum ersten Präsidenten vom BFC Hertha 92. Das war der Gründungsname des späteren Bundesligisten Hertha BSC.
Wilhelm Wernicke nimmt einen besonderen Platz in der Vereinshistorie ein. So besonders, dass die Hertha-BSC-Stiftung 2020 sogar einen Preis nach ihm benannte. Wernicke hält den Rekord für die längste Amtszeit an der Vereinsspitze und erlebte Außergewöhnliches: 1930 und 1931 wurde Hertha unter seiner Führung deutscher Meister. Es sind bis heute die einzigen Meistertitel in der Geschichte des Hauptstadt-Klubs.
Doch nicht nur deshalb war Wernicke einer der wichtigsten Vorsitzenden des Vereins. "Er war wie der gute Geist von Hertha BSC. Während des Krieges hat er jede Woche an 300 Herthaner, die an der Front kämpften, die Fußballwoche geschickt", sagt Jahn. Auch beim Wiederaufbau des alten Hertha-Stadions "Plumpe" am Gesundbrunnen war er nach dem Krieg beteiligt.
Wahrscheinlich wäre seine Amtszeit noch deutlich länger gewesen, doch Wernicke war SPD-Mitglied und aktiver Gewerkschafter. Während des Nationalsozialismus musste er deshalb in den Hintergrund rücken und sich von Führungspositionen zurückziehen.
Wolfgang Holst galt während seiner Zeit als Präsident als "Die graue Eminenz" und Strippenzieher im Hintergrund. Dabei sah es lange so aus, als hätte er das Amt niemals ausüben dürfen.
Schon als Obmann von Hertha BSC hatte Holst Anfang der 1960er Jahre großen Einfluss. 1963 sorgte er zum Beispiel dafür, dass die Berliner Gründungsmitglied der Bundesliga wurden. Später war er dann allerdings Teil des wohl größten Skandals im deutschen Profifußball. Beim sogenannten "Bundesliga-Skandal" wurden in der Saison 1970/71 mehrere Spiele im Abstiegskampf manipuliert. Auch Berliner Spieler waren involviert. "Er war nicht direkt betroffen, hat aber den Verein und die Spieler, die beteiligt waren, eine lange Zeit geschützt", sagt Jahn.
Dafür sperrte man ihn 1973 zunächst lebenslänglich von sämtlichen Tätigkeiten innerhalb des DFB. Nach fünf Jahren wurde Holst begnadigt und der Weg zum Hertha-Präsidenten war frei. Nach seiner Amtszeit war Holst noch lange Mitglied im Ältestenrat und setzte sich tatkräftig für den Verein ein.
Als stadtbekannter Medienmanager war Bernd Schiphorst schon Anfang der 1990er Jahre bei Hertha involviert, weil er mit der Ufa Film- und Fernseh-GmbH die Werbeflächen auf den Banden im Olympiastadion kaufte. Später war er acht Jahre lang Präsident bei den Berlinern und Teil einer der erfolgreichsten sportlichen Zeiten bei den Blau-Weißen. Während seiner ersten Saison spielte Hertha in der Champions League. Danach folgten ständige Teilnahmen am Uefa-Cup.
Aber auch abseits des Sports engagierte er sich. 2006 gab er eine Studie in Auftrag, die die Rolle des Vereins in der Zeit des Nationalsozialismus untersuchen sollte. Hertha war einer der ersten Bundesligavereine, der sich damit beschäftigte. Außerdem setzte er in seiner Amtszeit die Ausgliederung des Profibetriebs in eine Kapitalgesellschaft durch und trug zur sportlichen Konsolidierung des Vereins bei. "Für mich war er der beste Präsident von Hertha BSC", sagt Jahn.
Bis zuletzt war Schiphorst noch Mitglied des Aufsichtsrats und genießt auch heute noch große Sympathien im Verein. Zur jüngsten Wahl trat der 79-Jährige aus Altersgründen dann allerdings nicht mehr an.
Werner Gegenbauer hat nach Wilhelm Wernicke die zweitlängste Zeit an der Vereinsspitze verbracht. Der Unternehmer gehörte seit 2000 dem Aufsichtsrat von Hertha BSC an, wurde 2006 dort zum Vorsitzenden und 2008 Präsident. Zu Beginn seiner Amtszeit war Gegenbauer durchaus beliebt bei den Vereinsmitgliedern und erzielte gute Wahlergebnisse. Viermal stellte er sich insgesamt zur Wahl. "Den letzten Wahlgang hätte er sich aber wohl sparen können", sagt Jahn. Denn gerade die letzten Jahre seiner Präsidentschaft waren deutlich weniger ruhmreich. Bei seiner Wiederwahl 2020 erhielt er nur noch 54 Prozent der Stimmen.
Immer wieder führte Gegenbauer während seiner Amtszeit Machtkämpfe im Verein. Schon zu Beginn seiner Präsidentschaft legte er sich mit dem damaligen Manager Dieter Hoeneß an, der daraufhin den Verein verließ. An dessen Nachfolger Michael Preetz hielt der Unternehmer in den Augen vieler Fans hingegen zu lange fest und wurde scharf kritisiert. "Das war wohl einer seiner größten Fehler", sagt Jahn. Doch auch nach dem Weggang von Preetz entspannte sich die Situation nicht.
In aller Öffentlichkeit lieferte sich Gegenbauer einen Machtkampf mit Hertha-Investor Lars Windhorst ab. Hinzu kam die schwierige sportliche Situation der Berliner. Zu viel für die Mitglieder, die den Präsidenten wohl bei der nächsten Möglichkeit abgewählt hätten. Dem kam Gegenbauer zuvor. Kurz nach dem Saisonende und dem gelungenen Klassenerhalt verkündete er seinen Rücktritt.
Sendung: rbb24 Inforadio, 25.06.2022, 12.15 Uhr
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