Interview | Ur-Unioner Christian Beeck
Am Mittwoch empfängt der 1. FC Union zum Testspiel Hansa Rostock im Stadion An der Alten Försterei. Christian Beeck hat für beide Vereine gespielt und spricht im Interview über die Entwicklung, Gemeinsamkeiten und Unterschiede.
rbb|24: Herr Beeck, im Jahr 1995 wechselten Sie vom damaligen Drittligisten 1. FC Union zum Erstligisten Hansa Rostock. Was hätten Sie gedacht, wenn man Ihnen damals gesagt hätte, dass Union irgendwann mal die deutlich bessere Mannschaft sein würde?
Christian Beeck: So eine Performance hat man sich natürlich immer gewünscht. Wir hatten damals Probleme mit Lizenzentzügen und Finanzen. Die große Sehnsucht nach dem Profifußball war aber immer da. Das es jetzt so gut läuft, ist eine absolute Sensation. Bei Hansa bin ich froh, dass sie mittlerweile wieder in der 2. Bundesliga sind. Davor gab es viel Trübsal und wenig Geld. Jetzt scheinen sie wieder einen stärkeren Investor in der Hinterhand zu haben. Ich habe immer noch einen guten Draht zu einigen Menschen im Verein und trage Hansa noch immer in meinem Herzen. Auch weil ich dort selbst gespielt habe und es eine meiner schönsten Stationen war.
Wie haben sich die beiden Vereine und das Umfeld damals und heute unterschieden?
Fußball ist grundsätzlich immer dasselbe. Man hat verrückte Fans, die nah am Verein sind und immer den größtmöglichen Erfolg wollen. Allerdings ist das Publikum in Rostock eher kritischer und auch ein Stück weit jähzorniger als bei Union. Bei uns kann man ein bisschen mehr Enttäuschung vertragen und wir haben da nicht gleich so eine Trauerstimmung. Bei Union ist man immer euphorisch unterwegs, denn unserem Verein kann niemand etwas. Wenn es in Rostock nicht so läuft, geht es schnell in eine andere Richtung. Da schießen die einzelnen Fangruppen ab und zu mal über das Ziel hinaus.
Gibt es auch Parallelen?
Ja, die beiden Klubs ähneln sich. Vor allem wenn man sieht, wie sehr die Regionen den Verein leben. Wenn ich mich an meine Zeit in Rostock zurückerinnere, dann hat man immer gemerkt, wie viel Herzblut bei den Fans dabei war. Einmal haben wir vor einem Möbelhaus acht Stunden lang Autogramme gegeben, weil so viele gekommen sind. Genauso ist das mit dem 1. FC Union in Köpenick.
Ihr alter Union-Trainer Frank Pagelsdorf wechselte eine Saison vor Ihnen nach Rostock und führte den Verein in die erste Liga. In seinem zweiten Jahr erreichte Hansa in der Bundesliga dann sogar völlig überraschend den sechsten Platz. Welchen Anteil hatte er am Erfolg und wie wichtig war er auch schon für Union?
Der Trainer ist derjenige, der die Mannschaft führt. Das ist eigentlich das wichtigste Instrument, das ein Verein hat. Und Union macht das mit Urs Fischer gerade perfekt vor. Das passt wie die Faust aufs Auge. Und so war es damals bei Frank Pagelsdorf auch. Er hat uns verbal und mit seinem Training an der richtigen Stelle gegriffen und uns in einen Zustand gebracht, in dem wir perfekt funktionieren konnten. Als Trainer war er ein echter Glücksgriff und hat alles aus der Mannschaft rausgeholt, genau wie Urs Fischer heute. Wenn man es als Verein schafft, solche Personen zu finden, dann gibt es auch Erfolg.
Ist Hansa Rostock mit diesem Erfolg damals auch eine Art Vorbild für Vereine aus dem Osten geworden, weil sie vorgemacht haben, wie es gelingen kann, oben mitzuspielen?
Auf jeden Fall. Sie kommen aus einer strukturschwachen Region. Für den ganz großen Fußball-Wettbewerb ist Mecklenburg-Vorpommern eigentlich nicht gemacht. Und trotzdem haben sie damals gezeigt, was alles möglich ist. Mit einem intensiven Teamgeist und einer tollen Mannschaft. Die sind jedes Jahr gemeinsam nach Mallorca geflogen und haben da die Sau rausgelassen und haben einfach als Team funktioniert. Das hat es ausgemacht. Man sieht an vielen Beispielen, dass das auch heute noch geht. Union, der SC Freiburg oder auch die Marokkaner bei der WM – sie alle zeigen, was mit einer geschlossenen Teamleistung möglich ist.
Noch zwei Testspiele, dann endet für den 1. FC Union ein spektakuläres Jahr 2022. Wie sieht Ihre Bilanz aus?
Es war eine Sensation. Unfassbar was da alles geschafft wurde. Man hatte nichts mit dem Abstieg zu tun, hat Europa geschafft und ist sensationell wieder in die Liga gestartet. Ich glaube, wir waren acht Spieltag lang Erster. Da liefen schon die Wetten auf die Meisterschaft. Ich habe auch eine abgeschlossen und werde jetzt im Sommer wohl zum Essen einladen müssen (lacht). Auch der geplante Stadionausbau und die Erweiterung der Infrastruktur ist für den Verein einfach unfassbar schön. Alles, wofür man eigentlich ein paar Jahre mehr braucht, waren jetzt dank des sportlichen Erfolgs möglich. Das Stadion ist immer voll und das ist Fußball in Reinkultur. Ich liebe das einfach, weil es das geilste ist, was es gibt.
Ein letzter wichtiger Termin steht in diesem Jahr aber doch noch an: das Weihnachtssingen im Stadion An der Alten Försterei am 23. Dezember. Werden Sie mit dabei sein?
Damals habe ich das sehr gerne mitgemacht. Da waren nur ein paar tausend Menschen da und alles war ganz gemütlich. Jetzt ist es mir einfach zu voll. Ich bin ja auch schon ein bisschen älter. Meine Töchter haben aber drei Karten bekommen und freuen sich schon richtig drauf, was ich auch verstehen kann. Das ist ein Hammer-Event, bei dem es ganz viel Gänsehaut gibt.
Lust auf mehr von Christian Beeck? Berlin ist die einzige deutsche Stadt mit zwei Fußball-Bundesligisten. Im Podcast Hauptstadtderby widmen sich der Ur-Unioner und Hertha-Ikone Axel Kruse deshalb jede Woche den beiden großen Fußballklubs der Hauptstadt.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Lukas Witte, rbb Sport.
Sendung: rbb24, 12.12.2022, 18 Uhr
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