Sterne des Sports | FC Internationale
Der FC Internationale Berlin ist der erste Amateurverein mit Nachhaltigkeitszertifizierung in Deutschland und erhielt dafür den silbernen Stern des Sports. Von einem Klub, der sich weit mehr als dem sportlichen Erfolg verschreibt. Von Flynn Jacobs
Sonntagmittag, perfektes Fußballwetter, Eltern sind am Spielfeldrand versammelt: Alles ist angerichtet für einen Amateur-Fußballtag wie aus dem Bilderbuch. Aber auf der „Inter-Arena“-Sportanlage des FC Internationale Berlin ist für Außenstehende nicht alles wie gewohnt. Statt einer fettigen Bratwurst werden vegane Schnitzel serviert. Ein regionales Biobier ersetzt das sonst übliche süffige Billigbier. Fahrradständer und Beton weichen eigens angebauten Blumenbeeten. Selbst die Fußbälle und Trikots sind fair gehandelt.
Nachhaltigkeit ist ein groß geschriebenes Wort beim Schöneberger Fußballverein. Der FC Internationale erhielt im letzten Jahr als erster deutscher Amateurverein in Deutschland eine Nachhaltigkeitszertifizierung vom TÜV und wurde für sein Engagement im November mit dem silbernen Stern des Sports ausgezeichnet. Im Januar 2023 geht der FC als Vertreter des Landes Berlin in den Bundeswettbewerb um den großen Stern des Sports in Gold.
Zusätzlich zur silbern glänzenden Trophäe konnte sich der Verein über ein Preisgeld von 4.000 Euro und jede Menge Anerkennung und Strahlkraft freuen. Das Thema Nachhaltigkeit spielt beim FC eine mindestens genauso große Rolle wie der sportliche Erfolg. Wie wichtig dem Verein eine nachhaltige Ausrichtung ist, lässt sich daran ablesen, dass sie mittlerweile den Weg bis in die Vereinssatzung geschafft hat. Dort verpflichtet sich der Klub, jede Entscheidung vorher auf die Aspekte Ökologie, Ökonomie und Soziales zu überprüfen.
Für die Umsetzung wurde eine Nachhaltigkeits-AG ins Leben gerufen. Unter dem Motto "Inter-Action" will sich der Verein dem gesellschaftlich akuten Thema stellen. "Man interagiert mit jedem Vereinsmitglied bestenfalls und erklärt, warum wir das machen und wie wir den Verein Stück für Stück als Sportverein der Zukunft fit machen können", erklärt der Leiter der Arbeitsgruppe, Anton Klischewski. Die Mitglieder ziehen bei der Vision mit. Der Verein zählt mittlerweile 1.250 Anhänger mit mehr als 40 Nationalitäten, die das Vorhaben unterstützen.
Seit 2020 arbeitet die AG von Klischewski an der nachhaltigen Umstrukturierung des FC Internationale und orientiert sich dabei an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Unter anderem wurde das Catering umgestellt. Neben der klassischen Bratwurst gibt es nun auch vegetarische und vegane Lebensmittel, zudem kommen alle Produkte aus der Region. "Wir probieren über den Dialog auch aufzuzeigen, dass es nicht unbedingt immer Verzicht bedeutet, was wir machen, sondern Umstellung, Neudenken und innovativ zu sein", sagt Klischewski.
Die Vielfalt der Nachhaltigkeit im Verein reicht von Blumenbeeten als Futterquelle für Insekten bis zu Ernährungstipps für Kinder in den Feriencamps. Auch die Ausrüstung des Klubs wird mittlerweile nachhaltig hergestellt. Spielbälle werden teilweise selbst genäht und ansonsten bei jeder neuen Bestellung auf das "Fairtrade-Gütesiegel" überprüft. Damit wird sichergestellt, dass die herstellenden Arbeiter und Arbeiterinnen vor allem aus Pakistan einen existenzsichernden Lohn erhalten. Auch die Trikots werden mittlerweile "fairtrade" produziert.
Für seinen innovativen Weg erhält der FC von seinen Mitgliedern fast durchweg Zuspruch, auch wenn der Verein dafür anfangs häufig Überzeugungsarbeit leisten musste. "Bei den Bällen hat es damals mit der Diskussion angefangen, warum wir hier mit fairen Bällen kicken. Und seit vier Jahren machen wir das jetzt und keiner fragt mehr nach. Man hat sich also daran gewöhnt und das akzeptiert", erklärt Anton Klischewski.
Das soziale Engagement des FC ist tief in der Vereinsgeschichte verwurzelt. Geld sollte im Vereinsalltag keine große Rolle spielen. Bis heute zahlt der FC keine Spielergehälter. "Im Vordergrund steht die Überwindung von Unterschieden zwischen oben und unten, von arm und reich. Alle sollen die Möglichkeit haben, ihrem Sport nachzugehen", heißt es auf der Vereinswebseite. Von Beginn an verpflichtete sich der Klub, weit über das alltägliche Geschehen auf dem Platz hinaus Themen wie Inklusion, Integration, Gleichbehandlung und Anti-Diskriminierung zu stärken.
Neben dem gesellschaftlichen Verantwortungsbewusstsein ist der FC Internationale ganz nebenbei aber auch noch ein gestandener sportlicher Klub. 13 der insgesamt 50 Teams spielen jeweils in Berlins höchsten Ligen. Die erste Herrenmannschaft steht in der Landesliga knapp hinter Altglienicke II auf Platz zwei und spielt um den Aufstieg in die Berlin-Liga mit. Der Schöneberger Klub hat sich einen Namen gemacht und erfreut sich großer Beliebtheit. Seit Jahren steigen die Mitgliederzahlen, mehr als 400 Personen stehen auf der Warteliste.
Der Fokus der Verantwortlichen in der Ausrichtung des Vereins liegt aber weiterhin auf den Bereichen Soziales und Nachhaltigkeit, für die der FC seit Jahren mit verschiedensten Preisen geehrt wird. "Wir finden es natürlich toll, weil wir so diese Botschaft der Nachhaltigkeit im Sport weiter transportieren können. Und es ist einfach auch ein riesiges Geschenk und eine riesige Anerkennung für unsere Arbeit", sagt der erste Vorsitzende Gerd Thomas. Das Preisgeld für den Stern des Sports soll in den nächsten Schritt des FC Internationale fließen: die Gründung einer Stiftung. Die Ideen im Verein für die Zukunftsgestaltung sind zahlreich. Ein Ende der beispielhaften Entwicklung ist also noch lange nicht in Sicht.
Sendung: rbb24, 07.12.2022, 21:45 Uhr
Beitrag von Flynn Jacobs
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