Berliner Fußballer Dennis France in Kamerun
Der Berliner Dennis France hat sich seinen Traum vom Profifußball erfüllt. Der Kameruner Zweitligist Sporting Bafang hat den deutschen Fußballer verpflichtet. Das ist aber nicht seine erste Station im afrikanischen Fußball. Von Friedrich Rößler
Nach einem kurzen französischem Stimmen-Wirrwarr antwortet am Telefon ein gut gelaunter Dennis France. Trotz mehr als 7.000 Kilometer Entfernung ist der 29-Jährige gut zu verstehen. Im Hintergrund lärmt der Verkehr von Bussen und LKWs. Eigentlich heißt der Berliner Fußballer Dennis Yves-Pascal France. Sein Rufname ist Pascal, er hat einen französischen Vater und eine deutsche Mutter. Doch in Deutschland und Berlin kennt man ihn eher als Dennis France, als den Neuköllner, der nach eigener Aussage unbedingt in Afrika Profifußballer werden wollte.
Nach drei Stationen im Sudan und drei Versuchen in Guinea hat Dennis France es endlich geschafft. Beim Kameruner Zweitligisten Unisport FC du Haut-Nkam in Bafang hat er einen Vertrag unterschrieben, um beim Saisonziel Erstliga-Aufstieg kräftig mitzuhelfen. "Mich haben das Projekt Aufstieg vom Verein und der Präsident einfach überzeugt", erinnert sich France. Der Berliner hatte zu dem Zeitpunkt mehrere Eisen im Vertragspoker-Feuer, war eigentlich schon auf dem Weg nach Asien.
"Ich war zu dem Zeitpunkt gerade in der Elfenbeinküste und stand dort kurz vor einem Vertrag bei einem Erstligisten. Außerdem hatte ich eine mündliche Zusage aus Thailand." Dennis France saß also vor der Fußball-Saison 2022/23 auf gepackten Koffern in Abidjan, der Hauptstadt der Elfenbeinküste, und war bereit, nach Bangkok zu fliegen. Da kontaktierte ihn ein Freund aus Douala, der größten Stadt Kameruns: Er hätte den Lebenslauf und ein paar Videoclips vom Berliner an den Präsidenten von Unisport geschickt und der wäre sehr interessiert.
"Unisport Bafang hatte direkt Interesse gezeigt und mich wenige Tage später zu sich eingeladen." Nach seiner Ankunft waren sich beide Seiten sofort einig und Dennis France unterschrieb beim Kameruner Zweitligisten.
Die Kleinstadt Bafang liegt vier Autostunden nördlich von der Millionen-Metropole Douala entfernt, hat mehr als 30.000 Einwohner und das Stade Municipal. Bis zu 5.000 Menschen passen in das Stadion, das laut Dennis France über einen grünen und gepflegten Regionalliga-Platz verfügt. Das Trainingsgelände sei allerdings gewöhnungsbedürftig. "Der eine Platz besteht aus Schotter mit riesigen Steinen, der andere ist ein Sand-Rasen-Mix."
Unisport Bafang spielte Anfang der 90er Jahre erstklassig, gewann 1996 die Kameruner Meisterschaft und holte nach mehreren Anläufen 2012 den Pokalsieg. Dadurch waren die Kameruner auch international vertreten, zum Beispiel im Afrikanischen Fußballverbands-Cup, in der Afrikanischen Champions League oder dem Afrikanischen Confederations Cup. Da möchte der Verein wieder hin, dafür haben sie Dennis France geholt.
Bei seinen ersten beiden Versuchen, als Profifußballer in Afrika Fuß zu fassen, probierte es der Berliner im Sudan. Kroos oder Schweinsteiger nannten ihn damals seine Fans bei Al-Merreikh Al-Fasher und Al-Shamali Athletic Club. Das lag daran, dass Dennis France als ausgebildeter Rechtsverteidiger bei den Reinickendorfer Füchsen und dem Frohnauer SC gelernt hatte, das Spiel nach Balleroberung geordnet aufzubauen. Eine Fähigkeit, die auch in Kamerun sehr geschätzt wird.
"Die Fans haben mich sehr gut aufgenommen, am ersten Trainingstag waren 5.000 Zuschauer da, die mich alle sehen wollten," erzählt Unisports Neuzugang aus Deutschland. Das habe ihm Zuversicht und Rückhalt gegeben. Er vermisse zwar auch seine Familie und Berlin, "aber dank Internet und Fernsehen kann ich nach Deutschland irgendwie Kontakt halten".
Die ersten Wochen waren für den deutschen Fußballer in Kamerun aber trotzdem nicht ganz einfach. Allein in der Provinz, ohne Freunde und Familie und mit der Ungewissheit, ob der Zweitligist Unisport Bafang die richtige Entscheidung war. Das erste Spiel verlor Frances neuer Arbeitgeber 0:1 gegen Victoria United, holte anschließend nur ein Unentschieden (1:1) gegen AS Fap und konnte erst am dritten Spieltag einen Sieg gegen Stade de Bertoua einfahren (1:0).
Die ersten beiden Spiele fanden sogar ohne Neuzugang France statt. Beim Sieg war er dann 80 Minuten dabei, erlebte den Treffer in der 65. Minute hautnah auf dem Platz. "Bei meiner Auswechslung hat dann das ganze Stadion meinen Namen gerufen. Da habe ich gesehen, dass ich auf einem guten Weg hier bin."
Weitere Startschwierigkeiten bereiteten dem Berliner die Vorurteile gegenüber Europäern. Immer wieder bekam er zu Ohren, dass er als Weißer nur wegen des Geldes und der Frauen käme. "Es ist mir wichtig, dass die Leute hier akzeptieren, dass ich so einer wie sie bin", betont Dennis France. Er sei nicht reich dank seines Fußballvertrages, auch wenn er vielleicht 50 bis 100 Euro mehr als seine Teamkollegen bekäme.
"Ich spiele gern in Afrika, weil mich das Leben abseits des Fußballplatzes sehr fasziniert", sagt France. Die Menschen schätzten ihren engsten Familienkreis um sich herum sehr und würden hart für ihr Existenzminimum arbeiten. "Was in Deutschland zum Standard gehört, ist in Afrika nicht selbstverständlich."
Schon seine Familie habe ihm beigebracht, dass man für seine Ziele hart arbeiten muss. "Mit 17 oder 18 Jahren habe ich aufgehört, von der europäischen Profifußballer-Karriere zu träumen", berichtet France. Damals hatte sich durch Zufall eine Chance im Sudan geboten.
Zwei Mal versprach man ihm dort einen Profivertrag. Zwei Mal kehrte Dennis France mit leeren Händen und leeren Taschen zurück nach Berlin. 2013 hielt der Erstligist Al-Merreikh Al-Fasher seine Vertrags-Versprechen nicht ein und hielt France lange Zeit hin. Als er sich in seiner Verzweiflung dann an einen anderen Verein (Al-Shamali Athletic Club) wandte, ließ man Dennis France erneut hängen. Der Ablauf seines Touristenvisums beendete dann kurzfristig alle Träume vom Profifußball.
Zwei Jahre später scheiterte er erneut. Statt beim Erstligisten Al-Ahli Khartoum landete Dennis France bei einem Zweitliga-Verein in der sudanesischen Provinz. Nach einer wochenlangen Odyssee ohne ausreichend Geld und Essen kehrte er Dank der Hilfe seiner Mutter völlig abgemagert und mit 30 Kilogramm Gewichtsverlust nach Berlin zurück.
Trotzdem habe es ihn "immer gereizt und motiviert, eventuell in Afrika spielen zu können, neue Länder und Kulturen kennen zu lernen", sagt France. Eine Zeit lang, so erzählt er, habe er daher in Berlin gejobbt, Geld zurückgelegt und sich mit Amateurfußball fit gehalten - mit dem Ziel, in einem anderen Land eine Chance zu bekommen. "Ich habe neben meinen Jobs in Berlin nebenbei immer Bewerbungen geschrieben", erzählt France - nach eigenen Angaben habe er bis heute fast 20.000 Vereine weltweit angeschrieben und viel Geld für Reisen ausgegeben. Wenn man etwas haben möchte, müsse man selbst darum kämpfen, sagt er.
Jetzt ist er in Bafang bei Unisport gelandet, um das Fußballspiel aus einer sicheren Defensive heraus nach vorne aufzubauen. Diese Qualität, mit der Dennis France den Präsidenten des Kameruner Fußballklubs beeindruckt hat, soll jetzt beim Projekt Aufstieg helfen. Doch France spricht nicht davon, dass er es jetzt endlich geschafft habe, dass sein Traum vom Profifußballer in Afrika Wirklichkeit geworden ist. Er sei aber auf einem guten Weg, ist er überzeugt.
Sendung: rbb24 Inforadio, 11.12.2022, 14:14 Uhr
Beitrag von Friedrich Rößler
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