rbb24
  1. rbb|24
  2. Sport
Quelle: IMAGO/Contrast

Herthas Aufgabe für die Wintertransferphase

Aus wenig mach viel

Hertha BSC überwintert nur auf Rang 15. Um im neuen Jahr mehr Abstand zu den Abstiegsrängen zu gewinnen, könnte auch die Transferperiode genutzt werden. Wo muss Fredi Bobic handeln und welche Spieler hat er auf dem Zettel? Von Marc Schwitzky

Knapp die erste Saisonhälfte mit Sandro Schwarz im Traineramt ist vorbei. Das Fazit für Hertha BSC fällt durchmischt aus. Einer klar ersichtlichen spielerischen wie auch menschlichen Entwicklung der Mannschaft stehen nur 14 Punkte aus den ersten 15 Partien gegenüber. Damit sich die guten Leistungen besser in der Punkteausbeute widerspiegeln, könnten auch Transfers in der kommenden Wintertransferperiode ein Mittel sein.

rbb|24 checkt, wo sich der Hauptstadtklub womöglich verstärken könnte und ob es bereits konkrete Gerüchte gibt.

Hertha und Union

So geht es 2023 mit den Stadionplänen der Berliner Bundesligisten weiter

Beim 1. FC Union haben die Stadionpläne konkrete Formen angenommen. Im kommenden Jahr soll der Umbau des Geländes beginnen. Bei Hertha hofft man, sich 2023 zunächst auf einen geeigneten Standort für eine neue Arena einigen zu können.

Wo lagen Herthas Probleme in den ersten 15 Saisonspielen?

Um den Bereich für mögliche Verstärkungen einzugrenzen, muss zunächst festgehalten werden, in welchen Disziplinen Hertha bislang eklatante Defizite aufweist. Hierfür sind besonders die für die eigene Spielidee wichtigen Attribute entscheidend: Trainer Schwarz hat bei den Blau-Weißen ein System implementiert, das sich vor allem über (frühe) Balleroberungen und anschließende Umschaltmomente definiert. Einige Automatismen greifen dabei bereits auffällig gut. So ist Hertha beispielsweise das zweitbeste Team der Liga im Abfangen von Bällen.

Die großen Defizite im eigenen Spiel zeigen sich vor allem in der mangelhaften Präzision. Schwarz hat es seiner Mannschaft schulbuchmäßig beigebracht, den gegnerischen Ballbesitz in die eigens gewünschten Zonen zu bringen, um dann den Ball zu gewinnen. Auch wissen die Spieler nun, wo der Ball beim Kontern hingespielt werden soll - die Abläufe sitzen.

Allerdings fehlt es an Passsicherheit und Effizienz, um den eigenen Aufwand zu belohnen. Hertha steht bezüglich der erfolgreichen Kurzpässe auf Rang 15 der Bundesliga, bei langen Bällen auf Platz 14. Das Team spielt nach Augsburg und Schalke die drittwenigsten Schlüsselpässe (Pässe, die zu einem Abschluss führen) der Liga. In vielen Partien bringen sich die Blau-Weißen in aussichtsreiche Angriffssituation, nur um dann die entscheidenden Pässe zu vermasseln. Die Folge: Mittelstürmer Wilfried Kanga erhält zu wenig Vorlagen und es kommt zu oft auf Einzelaktionen von beispielsweise Dodi Lukebakio an.

Herthas Marco Richter nach Hodenkrebs-Erkrankung

Zurück in der Normalität

Seit ein paar Monaten kann Marco Richter seinem Leben und Beruf wieder ganz normal nachgehen. Doch vor nicht allzu langer Zeit erreichte den Fußballprofi von Hertha BSC eine Schreckensnachricht. Die Geschichte einer Rückkehr in die Normalität. Von Marc Schwitzky

Hertha fehlt ein passstarker Ankersechser

Neben dem fehlerbehafteten Passspiel der Hauptstädter fällt auf, dass Hertha ligaweit die viertmeisten Ballverluste nach einem technischen Fehler bei der Ballverarbeitung verbucht. Unpräzise Zuspiele und zu viele unnötige Ballverluste sind somit die Hauptprobleme im Berliner Spiel. Ivan Sunjic, vor der Saison aus Birmingham ausgeliehen, spielt als Mann hinter Suat Serdar und Lucas Tousart zwar keine schlechte Saison, allerdings sind seine Defizite im Ballbesitzspiel offensichtlich.

In vielen Partien ist spürbar, dass Hertha ein ballsicherer und passstarker Spielmacher im zentralen Mittelfeld fehlt, der dem Spiel Balance und Struktur geben kann. Es bräuchte einen sogenannten "Ankersechser" bei Hertha. Jemand, der seine Position im defensiven Mittelfeld diszipliniert hält, über eine gute Übersicht verfügt und sich vor allem um ein progressives Passspiel bemüht. Mit Jean-Philippe Gbamin bei Mainz 05 und Nikola Moro bei Dinamo Moskau hatte Schwarz genau jene Ankersechser bei seinen vorherigen Stationen.

Hertha fehlt es an Kaderbreite

Ein weiteres Problem der "alten Dame" ist die an manchen Stellen fehlende Kaderbreite. Beispielsweise besteht eine große Abhängigkeit Herthas von Serdar. Der Lieblingsschüler von Trainer Schwarz ist der einzige "Balltreiber" im Herthaner Kader, der mit solch einer Ballsicherheit, Torgefahr und Tiefe im eigenen Spiel gesegnet ist. Mit Vladimir Darida ist nun der Serdar-Backup verkauft worden.

"Sportpfarrer" Bernhard Felmberg im Interview

"Als Fan von Hertha BSC betet man eigentlich jeden Tag und zwar seit Jahrzehnten"

Bernhard Felmberg ist Bischof und Hertha BSC-Fan. In der Kapelle des Olympiastadions verknüpft er Glaube und Fußball. Im Interview mit rbb|24 spricht er über seine Arbeit und erklärt, warum er nicht die Weihnachtsgeschichte beim Singen in der Alten Försterei lesen wollte.

Hier müssen die Verantwortlichen also dringend tätig werden. Mit Aissa Laidouni (26, Ferencvaros Budapest) wurde vor kurzem der passende Spielertyp mit Hertha in Verbindung gebracht. Mit seinem 2023 auslaufenden Vertrag wäre der Tunesier genau jemand für Bobic’ Beuteschema, doch mit seinen starken Leistungen bei der vergangenen Weltmeisterschaft hat Laidouni vermutlich auch weitere Interessenten auf den Plan gerufen.

Kanga könnte Konkurrenzkampf guttun

Auch im Mittelsturm ist Hertha etwas dünn besetzt. Zwar betonen sowohl Schwarz als auch Bobic, wie zufrieden sie mit Neuzugang Kanga trotz seiner bisher nur zwei geschossenen Tore sind. Dennoch könnte dem Ivorer ein echter Konkurrenzkampf guttun. Davie Selke könnte den Verein noch im Winter verlassen, mit dem verletzungsanfälligen Jessic Ngankam ist nur schwer zu planen.

Florian Niederlechner soll laut Medienberichten ein konkretes Thema bei Hertha sein, doch wohl erst für den kommenden Sommer. Hier müssen die Verantwortlichen also kalkulieren, ob das Risiko, "nur" mit Kanga und Perspektivspielern wie Ngankam und Derry Scherhant in die Rückrunde zu gehen, womöglich zu groß ist und gegebenenfalls auf dem Transfermarkt reagieren.

Wenig Geld: Hertha muss taktieren

Grundsätzlich gilt, dass Hertha im Transferwinter sehr genau mit seinem Geld haushalten muss. Zwar muss alles ausgelotet werden, um das oberste Ziel - den Klassenerhalt - wahrscheinlicher zu machen, doch aufgrund der wirtschaftlich extrem angespannten Situation hat Manager Bobic nur wenig Möglichkeiten.

Die Transferaktivitäten des vergangenen Winters geben einen Geschmack davon, in welchem Regal sich Hertha bedienen kann: Spieler, deren Verträge im Sommer auslaufen oder die keine Rolle mehr bei ihren Vereinen spielen und die daher billig zu haben sind. Oder aber Perspektivtransfers, die keine Soforthilfe sind. Es wird also nur um punktuelle Verstärkungen gehen. Eben auch, weil bereits der bestehende Kader noch ungenutzte Potenziale aufweist und es auf keiner Position eklatante Fehlbesetzungen gibt.

Verstärkung aus den eigenen Reihen?

So sind auch "interne Neuzugänge" ein Thema. Die Eigengewächse Lukas Ullrich und Julian Eitschberger müssen eine Perspektive für die kommende Saison geboten bekommen, Ensar Aksakal hat gerade einen Profi-Vertrag unterschrieben und Nader El-Jindaoui hat nun mehrmals bei Schwarz vorspielen dürfen. Womöglich verstärkt sich Hertha also auch aus den eigenen Reihen.

Schließlich könnten Spieler wie Deyovaisyo Zeefuik, Peter Pekarik, Maximilian Mittelstädt, Myziane Maolida oder ein Selke den Verein im Winter verlassen, um Ablösen zu generieren und Gehaltskosten zu senken. Darida und Dong-jun Lee haben bereits den Anfang gemacht. Der Ausbildungsverein Hertha BSC wird diese Kaderlücken auch mit eigenen Talenten füllen wollen - und müssen.

Beitrag von Marc Schwitzky

Artikel im mobilen Angebot lesen