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Quelle: IMAGO/Sven Simon

Herthas Marco Richter nach Hodenkrebs-Erkrankung

Zurück in der Normalität

Seit ein paar Monaten kann Marco Richter seinem Leben und Beruf wieder ganz normal nachgehen. Doch vor nicht allzu langer Zeit erreichte den Fußballprofi von Hertha BSC eine Schreckensnachricht. Die Geschichte einer Rückkehr in die Normalität. Von Marc Schwitzky

Dieser Text ist Teil der Reihe "emotionale Achterbahnfahrten", in der auf besonders bewegende Geschichten von Sportlern in diesem Jahr zurückgeblickt wird. Weitere Teile finden Sie ab 22.12.2022 auf Sportschau.de.

Wer Marco Richter spielen sieht, erkennt: Das ist ein Instinktfußballer. Nichts macht ihm mehr Spaß als zu dribbeln, auf engem Raum Lösungen zu finden, sich in Zweikämpfe zu schmeißen und aufs Tor zu schießen. In jeder Aktion ist das Kind auf dem Bolzplatz zu sehen. Immer mit einer Prise Temperament.

Ein nüchterner Analytiker würde womöglich kritisieren, dass es Richter daher teilweise an taktischer Weitsicht fehlt und er immer mal wieder zu hastig agiert, sodass sich technische Unsauberkeiten einschleichen. Mit seiner mutigen Art ist es aber auch immer wieder Richter, der das Spiel seiner Mannschaft belebt und für Unvorhergesehenes sorgt.

"Die Angst ums Leben - und nie wieder Fußball spielen zu können"

Und mit Unvorhergesehenem kennt sich Richter mittlerweile bestens aus. Mitte Juli erhält der 25 Jahre alte Angreifer von Bundesligist Hertha BSC die Schockdiagnose: Bei einer urologischen Untersuchung wird ein Tumor im Hoden diagnostiziert, der operativ entfernt werden muss. In diesem Moment rückt alles in den Hintergrund. "Die Angst ums Leben und nie wieder Fußball spielen zu können", ist alles, was Richter in diesem Moment beschäftigt, erzählt er dem "Spiegel" [Bezahlinhalt]. "Ich konnte kaum reden und habe angefangen zu weinen. Man verbindet mit so einer Nachricht so viele Dinge. Ein Tumor, Krebs! Das Wort hört sich richtig schlimm an."

Doch Richter hat Glück im Unglück. Wenige Tage später stellt sich heraus, dass der Tumor im linken Hoden zwar bösartig ist, aber nicht ausgestrahlt hat. Er muss sich somit keiner Chemotherapie unterziehen und kann recht schnell wieder ins Training einsteigen. "Wie mir meine Mitspieler, Sandro Schwarz, Fredi Bobic, Kay Bernstein und der ganze Verein geholfen haben, war unglaublich", meldet sich Richter damals selbst zu Wort. "Jede einzelne Nachricht, jeder einzelne Kommentar, jedes Video und jeder Zuspruch hat mir über die ungewisse Zeit geholfen und mir Mut gemacht."

Richter meldet sich eindrucksvoll zurück

Richter nimmt aufgrund seines Schicksals und seiner Prominenz nun eine Vorbildfunktion ein. "Wenn ich mir eins erlauben darf zu sagen: Lasst euch regelmäßig durchchecken und spielt nicht die Harten. Der frühzeitige Gang zum Arzt war mein großes Glück", gibt er der Öffentlichkeit via Instagram mit. Mittlerweile nimmt Marco Richter seine Situation mit Humor. "Zum Glück kann ich über das, was passiert ist, jetzt auch mal lachen. Man muss darüber lachen. Das tut gut. Mir hilft das, wenn Späße darüber gemacht werden. Es hilft mir, alles zu verarbeiten." Dass Richter seit ein paar Monaten wieder Fußball spielen darf, wird diesem Prozess sicher zuträglich sein. Zu rennen, dem Ball hinterherzujagen und mit ihm zu tanzen, ist wohltuende Normalität für ihn.

Sportlich scheint Richter wieder der Alte zu sein. Bereits bei seiner zweiten Einwechslung nach der sportlichen Rückkehr erzielt er gegen seinen Ex-Klub, den FC Augsburg, einen Treffer zum 2:0-Endstand. Im Spiel darauf gelingt dem offensiven Außenbahnspieler per Volley-Schuss aus 25 Metern sogar ein wahres Traumtor, das das Berliner Olympiastadion explodieren lässt. In seinen bislang zwölf Ligaspielern in dieser Saison verbucht Richtere drei Tore und zwei Vorlagen - vergangene Spielzeit waren es in 30 Partien nur zwei Torbeteiligungen mehr.

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Trainer Schwarz: "Marco ist ein Symbol"

Richter hat sich beeindruckend zurückgemeldet. Womöglich gerade deshalb, weil er den Wert des "einfach nur kicken" momentan wie kaum ein anderer versteht. Was kurzzeitig die absolute Nebensache war, ist nun wieder der Mittelpunkt - ein Privileg. Herthas Trainer Sandro Schwarz ist voll des Lobes. "Das ist natürlich eine packende Geschichte, wie Marco mit dieser schwierigen Situation umgegangen ist. Und wie schnell er jetzt seine Leistungsfähigkeit untermauert – Woche für Woche, sogar Tag für Tag im Training. Marco ist auch ein Symbol dafür, wie unsere Gruppe immer weiter zusammenwächst."

Tatsächlich präsentiert sich Hertha BSC auf und neben dem Feld so geschlossen wie seit vielen Jahren nicht mehr. Die Reihen in den Vereinsgremien zeigen sich geeint, die Trennung von Lars Windhorst ist im Gange, der Kader wirkt so homogen wie lange nicht mehr und Trainer Schwarz implementiert seine Philosophie immer besser. Marco Richter und die "alte Dame" - beide sind auf dem Weg in die ersehnte Normalität.

Sendung: rbb24 Inforadio, 22.12.2022, 6:15 Uhr

Beitrag von Marc Schwitzky

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