Javier Jimenez Paris vom SC Staaken
Nationalspieler sind in der Oberliga nur selten zu sehen. Und auch gebürtige Arubaner trifft man selbst in Berlin wohl kaum. Beim SC Staaken gibt es einen Spieler, der beides vereint: Javier Jimenez Paris träumt von einer großen Karriere.
Wenn Javier Jimenez Paris in seinem neongelben Trikot für den SC Staaken trifft, packen die Fans einen besonderen Schlachtruf aus. "Aruba, Aruba, Aruba", singen die Anhänger - und der Stürmer zeigt mit seinen Händen ein Herz zu ihnen zurück. "Ich kann gar nicht beschreiben, wie toll das für mich ist", sagt der 22-Jährige.
Aruba, das ist der Name seiner Heimat. Eine winzige Insel in der südlichen Karibik vor der Küste Venezuelas, mit traumhaften Stränden, Palmen und ganz viel Sonne. Das Urlaubsparadies ist Teil des Königreiches der Niederlande. Trotzdem genießt Aruba innere Autonomie, hat eine eigene Verfassung, eine eigene Währung, eine eigene Regierung – und auch eine eigene Fußballnationalmannschaft.
Und so kommt es, dass der Berliner Oberligist SC Staaken plötzlich einen Nationalspieler in den eigenen Reihen hat. Paris hatte schon alle Jugendmannschaften Arubas durchlaufen und dann im Oktober 2019 gegen Jamaika sein Debüt für das A-Team gegeben. "Für mich ist da ein Traum wahr geworden und ich konnte mein Land repräsentieren. Ich möchte meine Mutter, die gestorben ist, als ich sieben Jahre alt war, meine Familie und alle in Aruba stolz machen", sagt er. Sein großes Ziel hat er immer vor Augen: Er möchte Profi-Fußballer werden.
Dass man es aus dem arubaischen Nationalteam zu etwas Großem bringen kann, beweist Denzel Dumfries. Dieser absolvierte zu Beginn seiner Karriere zwei Testspiele für das Team von der Karibikinsel, bevor er es später in die niederländische Nationalmannschaft schaffte und für diese nun bei der WM in Katar im Achtelfinale gegen die USA mit einem Tor und zwei Vorlagen zum entscheidenden Spieler wurde.
Von einer erfolgreichen internationalen Karriere ist Paris allerdings gerade noch weit entfernt. Mit Aruba tritt er aber immerhin schonmal in der Nations League an und schoss im vergangenen Juni sein erstes Tor für seine Heimat. Dabei trifft er auch immer wieder auf den ein oder anderen starken Gegenspieler. "In den Spielen, wo man gegen Star-Nationalspieler anderer Länder spielt, wie zum Beispiel Alphonso Davies von Kanada, sammelt man viele Erfahrungen. Diese nehme ich dann aus der Nationalmannschaft mit zu meinem Verein hier. Ich ermutige meine Mitspieler, sich noch ein bisschen mehr zu pushen – für sich und für unser Team", sagt Paris.
So profitiert auch der Oberligist SC Staaken von seinen Auftritten auf der internationalen Bühne. Seit dieser Saison spielt er bei den Berlinern und erzielte in 15 Spielen bereits sechs Tore. "Eine gute Trefferquote", wie Cheftrainer Jeffrey Seitz findet. "Seine Stärken sind uns gleich aufgefallen. Deswegen haben wir ihn auch verpflichtet. Das sind seine Physis, seine Mentalität und Willensstärke."
Paris machte seine ersten fußballerischen Schritte in Europa im Jahr 2019 auf Malta. Dort entdeckte ihn ein Scout und brachte ihn nach Deutschland zum Brandenburger SC Süd in die Berlin-Liga. "In dieser Saison haben wir ihn zum ersten Mal gegen uns spielen sehen. Da ist er mit einer gelb-roten Karte vom Platz geflogen. Im Anschluss haben wir ihn noch ein, zwei Spiele beobachtet und für gut empfunden, weil auch ein Spieler von uns auf dieser Position den Verein verlassen hat", erzählt Staakens Cheftrainer Seitz
So kam es, dass Paris mittlerweile in der Hauptstadt kickt. "Wann immer ich eine Chance bekomme, gehe ich den nächsten Schritt und schaue, ob das der richtige für mich war", sagt er. Jetzt gerade würde er sich bei dem Oberligisten sehr wohl fühlen. Und auch seine Teamkollegen schätzen Paris für seine Bodenständigkeit und das fröhliche Wesen – und für seine Moves abseits vom Platz. "Im Vergleich zu mir hat er auf jeden Fall eine lockere Hüfte. Wenn wir mal Musik in der Kabine anmachen, hat er den ein oder anderen guten Schwung drauf", erzählt Mitspieler Franz Bobkiewicz.
Was der nächste Schritt sein wird, weiß Paris noch nicht. Eines Tages wolle er für Union oder Hertha spielen, sagt er. "Ich konzentriere mich auf unsere Liga, will mein Bestes geben und Tore schießen, damit die Menschen in Deutschland meinen Namen kennen."
Nach Einschätzung seines Trainers kann das allerdings noch eine Weile dauern. "Ich glaube, für ihn ist es wichtig, dass er sich an den Fußball hier anpasst. Es ist schon ein Unterschied, ob man Nationalspieler von Aruba oder von Kanada ist. Wir freuen uns für ihn, dass er Nationalspieler ist, aber er muss noch einiges dazulernen und sich weiterentwickeln", sagt Seitz.
Paris träumt trotzdem groß und hat sein Ziel fest im Blick. "Eines Tages möchte ich in einer hohen Liga spielen, vielleicht auch mal in der Champions League. Meine Familie ist Fan von Cristiano Ronaldo. Real Madrid ist also das Ziel", erklärt er lachend. Wer weiß, vielleicht rufen eines Tages die Zuschauer im Estadio Santiago Bernabéu den gleichen Schlachtruf, wie es gerade die Anhänger in Staaken tun: "Aruba, Aruba, Aruba!"
Sendung: rbb UM6, 17.12.2022, 18 Uhr
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