Interview | Maximilian Zimmer
Im Derby gegen Babelsberg hat Energie Cottbus erneut die Chance, die Tabellenführung der Regionalliga Nordost zu übernehmen. Der ehemalige sportliche Leiter glaubt dabei an einen Sieg der Lausitzer und sagt ihnen eine starke Rest-Saison voraus.
rbb: Herr Zimmer, nach schwierigem Beginn hatte Energie Cottbus in den vergangenen Wochen einen Lauf und hat sich an die Tabellenspitze ran gepirscht. Was ist Ihre Erklärung dafür?
Maximilian Zimmer: Das gehört zu Pele [Spitzname von Cottbus-Trainer Claus-Dieter Wollitz, Anm.d.Red.], dass sich die neuen Spieler am Anfang erstmal ein bisschen an seine Intensität und das Training gewöhnen müssen. Das zieht er anders auf als andere. Die Integration von neuen Spielern in Cottbus dauert also immer etwas.
Aber dann kommt die Mannschaft eigentlich immer irgendwann ins Rollen, die Mechanismen greifen und es sieht gut aus. Pele hat einen Ansatz, der nicht regionalliga-typisch ist. Das sieht dann auch mal nach Fußball aus. Das hat die Mannschaft jetzt verinnerlicht und die Ergebnisse sprechen für sie.
Hört sich so an als würden die Chancen gut stehen, dass Energie am Ende um den Aufstieg spielt. Oder ist es zu früh daran zu denken?
Nein. Bei Cottbus sieht es sehr gut aus, und sie haben Qualität im Kader. Individuell ist das, glaube ich, das Beste, was die Regionalliga zu bieten hat. Außerdem hat der Verein mit dem Trainer, den Spielern und dem Stadion für die vierte Liga eine große Strahlkraft. Ich glaube also, dass sie es am Ende schaffen werden und ganz oben stehen.
Wer könnte dann der Gegner in den Aufstiegsspielen werden?
Wenn alles normal läuft, wird das wohl Unterhaching werden. Die haben auch richtig Qualität und das sind dann 50:50-Spiele. Ich durfte das auch schon einmal miterleben.
Damals erzielten Sie im Aufstiegsspiel gegen Weiche Flensburg sogar zwei Tore, oder?
Natürlich, wir wollten ja aufsteigen (lacht). Das hat Spaß gemacht damals. Vielleicht hatten wir Flensburg ein wenig unterschätzt. Zur Halbzeit führten wird 3:0 und haben es locker angehen lassen. Und plötzlich haben sie dann noch zwei Tore geschossen. Im Rückspiel vor 20.000 Zuschauern in Cottbus wussten wir aber, dass da nichts anbrennt. Da haben wir es dann runtergespielt und danach schön gefeiert.
Am nächsten Samstag steht für Energie Cottbus das Brandenburg-Derby gegen den SV Babelsberg 03 an. Tatsächlich sind Sie vor einiger Zeit mal bei dieser Begegnung als Trainer eingesprungen. Was haben Sie noch für Erinnerungen daran?
Ja, da war Pele gesperrt. Ich war erst Spieler, dann Sportdirektor und dann habe ich auch noch das miterlebt. Wir haben 2:0 gewonnen und mal ganz entspannt den Derby-Sieg geholt. Das hat Spaß gemacht und war mal ganz etwas anderes. Ich habe schnell gemerkt, dass es als Trainer auch schwierig ist, Einfluss zu nehmen - gerade bei einer hektischen Partie mit ordentlich Stimmung. Da braucht man dann, glaube ich, seine Zeit, um die richtige Kniffe zu kennen. Deswegen ist bei Trainern auch immer die Erfahrung so wichtig.
Sie waren in der Rolle des Coaches ziemlich unerfahren. Haben Sie sich bei Ihren Ansprachen dann an anderen Trainern orientiert, auf die Sie im Laufe Ihrer Karriere getroffen sind?
Nein, das habe ich nie gemacht. Auch nicht in meiner Zeit als Sportdirektor, wo ich erst 28 Jahre alt war. Ich wollte nie irgendetwas kopieren oder mich größer machen, als ich bin. Man probiert es auf Augenhöhe zu machen und offen mit den Jungs zu kommunizieren. So war das als Trainer auch. Ich verstehe etwas vom Fußball und habe den Spielern die Hinweise gegeben, wie man Babelsberg schlagen kann. Aber das war ja auch vorher alles besprochen und ich habe das nicht alleine gemacht. Die Mechanismen hatte die Mannschaft bereits verinnerlicht und man muss die Fußballwelt auch nicht jedes Spiel neu erfinden. Ich habe denen ein oder zwei Sachen gesagt und dann war das mit dem 2:0 ganz erfolgreich.
Zuletzt hatte Energie Cottbus beim Spitzenspiel in Erfurt die Chance verpasst, die Tabellenführung zu übernehmen. War das ein herber Rückschlag?
Nein. Klar haben Sie den gewünschten ersten Tabellenplatz verpasst. Aber in Erfurt kann man mit einem Punkt im Spitzenspiel leben. Und auf lange Sicht mache ich mir da keine Sorgen. Wenn es nicht diese Woche mit der Tabellenführung klappt, dann halt in der nächsten.
Auch beim Derby-Gegner Babelsberg haben Sie selbst einmal gespielt und kennen den Trainer Markus Zschiesche. Seine Mannschaft startete gut, hat zuletzt aber in der Liga dreimal verloren. Ist der Überraschungseffekt mittlerweile verschwunden und die Kontrahenten haben sich auf das Team eingestellt?
Markus Zschiesche ist ein anspruchsvoller Trainer. Wenn man ihn letztes Jahr bei Tennis Borussia gesehen hat, dann kennt man seine Handschrift. Da hat sich nicht viel verändert. Man weiß, dass er gerne offensiv spielt und hoch presst. Für diese Art Fußball brauchst du viel Qualität. Wenn man dann in einer Phase steckt, in der es nicht gut läuft, kommt man dann vielleicht schneller in eine Negativspirale rein. Als Fußballer weiß man, dass es mit jedem Spiel, das man verliert, schwieriger wird und man fängt an nachzudenken.
Trotzdem ist ein Derby halt ein Derby und Babelsberg wird heiß sein und alles reinschmeißen. Aber ich lehne mich auch nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass Cottbus klar der Favorit ist. Sie haben einfach viel mehr individuelle Qualität.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Torsten Michels, rbb Sport.
Sendung: rbb24, 08.12.2022, 18 Uhr
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