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Quelle: imago/Pressefoto Baumann

Von Christian Ziege bis Jörg Heinrich

Diese Berliner und Brandenburger haben Spuren in der WM-Geschichte hinterlassen

Stars für die Geschichtsbücher hat die Fußball-WM in Katar - aus deutscher Sicht - keine geboren. In der Historie des Turniers gibt es aber jede Menge. Auch aus Berlin und Brandenburg. Teil zwei unseres Rückblicks. Von Shea Westhoff und Lukas Witte

Zahlreiche Berliner und Brandenburger haben die WM-Geschichte geprägt. Sei es als Spieler, Trainer oder auch Schiedsrichter. Vor einigen Tagen haben wir auf einige von ihnen zurückgeblickt. Uns haben daraufhin auf verschiedenen Wegen - auch in den Kommentaren unter dem Beitrag - weitere Namen erreicht, die für die rbb|24-Leser:innen unbedingt erwähnt werden müssen. Deshalb setzen wir die Liste mit diesem zweiten Teil fort.

Christian Ziege

Bei der Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea machte Christian Ziege zuallererst durch eine forsche Irokesen-Frisur auf sich aufmerksam, die er in schwarz-rot-goldenen Farben tönen ließ. Der Mittelfeld-Mann, der in Neukölln das Fußballspielen erlernte, wandelte also auf den Spuren legendärer Frisen-Fußballer, wie Kolumbiens Carlos Valderrama mit seinem blonden Mob-Schopf und Paul Breitner mit seinem Wuschel.

Christian Ziege beim 8:0-Sieg gegen Saudi-Arabien. | Quelle: picture-alliance / ASA

Doch der Berliner Charakterkopf lieferte auch fußballerisch. Beim rauschhaften 8:0-Auftaktsieg gegen Saudi-Arabien sorgte er mit zwei, nun ja, schnittigen Flanken für die Kopfballtreffer zum 3:0 (Michael Ballack) und 6:0 (Thomas Linke).

Während Ziege bei der WM '98 unter Berti Vogts nicht über die Rolle des Reservisten hinausgekommen war, setzte Rudi Völler zunächst auf ihn. Auch im Viertelfinale trug Ziege entscheidend zum Sieg der Nationalelf bei, indem er Ballack per Freistoß den 1:0-Siegtreffer servierte. Im Halbfinale (1:0 gegen Südkorea) musste der damalige Tottenham-Profi allerdings für Marco Bode weichen und sollte auch bei der 0:2-Final-Niederlage gegen Brasilien nur noch die letzten sechs Minuten zum Einsatz kommen - als das Spiel eigentlich schon gelaufen war.

Und in Erinnerung bleiben sollte vor allem die Endspiel-Frisur des doppelten Torschützen Ronaldo.

Reinhard Lauck

An den Malocher aus Sielow bei Cottbus dürften sich sowohl Wolfgang Overath als auch Günter Netzer nur allzu gut erinnern. Wobei, gut? Reinhard Lauck, der bei Union Berlin wie auch Energie Cottbus und BFC Dynamo Spuren hinterließ, war bei der WM ‘74 im politisch aufgeladenen Vorrundenspiel der DDR gegen die BRD zunächst auf den feinfüßigen Spielgestalter Overath angesetzt. Der Kölner hatte im Spiel zuvor mit seinem Treffer noch den ungefährdeten Sieg der DFB-Elf gegen Australien eingeleitet.

Reinhard Lauck im Duell mit Wolfgang Overath. | Quelle: imago/Pressefoto Baumann

Nun stand ihm im Hamburger Volksparkstadion Lauck auf den Schuhen, raubte ihm jede Möglichkeit zur Entfaltung. In der 70. Minute reagierte Trainer Helmut Schön, brachte Netzer für den entkräfteten Overath – doch auch ihn konnte Lauck kontrollieren. Am Ende siegte die DDR durch ein Tor von Jürgen Sparwasser mit 1:0. Nach dem Spiel tauschten Lauck und Overath, dem die faire Abwehrleistung seines kampfstarken Gegenspielers großen Respekt abgenötigt haben soll, heimlich die Trikots.

Lauck, der 1976 mit der DDR die Olympia-Goldmedaille gewinnen sollte, hatte nach seiner aktiven Karriere mit seiner Alkoholsucht zu kämpfen und erlag 1997 im Krankenhaus einer Kopfverletzung.

Guido Buchwald

Ganz richtig, das schwäbelnde Urgestein des VfB Stuttgart kam nicht etwa in Baden-Württemberg zur Welt, sondern in Berlin. Doch es war im Trikot der Stuttgarter, als Guido Buchwald erstmals Bekanntschaft machte mit seinem entscheidenden Gegenspieler: Diego Maradona. 1989 spielten der VfB und Maradonas SSC Neapel in zwei Finalspielen um den Uefa Cup. Im ersten Spiel kassierte Buchwald eine umstrittene gelbe Karte - und war somit fürs Rückspiel gesperrt und konnte den Triumph der Mannschaft um Maradona nicht mehr verhindern.

Guido Buchwald neben Diego Maradona. | Quelle: imago images/Sportfoto Rudel

Im Jahr darauf drehte Buchwald mit dem Nationalteam den Spieß um. Der 29-Jährige, der schon im Turnierverlauf wegen eines Übersteiger-Tricks den Spitznamen "Diego" verpasst bekam, hatte im Endspiel gegen Argentinien die Aufgabe, deren besten Spieler zu decken: Maradona.

Der großgewachsene Defensivmann erledigte das brilliant, vor allem abseits des Balls, indem er seinen Gegenspieler unter Einsatz seines Körpers fortschob und immer wieder in Richtung Außenbahn geleitete. Man kann sagen, Buchwald stahl dem besten Fußballer aller Zeiten am Abend des WM-Finals 1990 die Lust an seinem Sport.

Die Boateng-Brüder

Die Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika hatte gleich mehrere Premieren zu bieten. Es war das erste Mal, dass das bedeutendste Fußball-Turnier auf dem afrikanischen Kontinent stattfand, Spanien wurde am Ende zum ersten Mal Weltmeister und es gab das erste Duell zweier Halbbrüder bei einer WM. Im entscheidenden letzten Gruppenspiel kam es bei der Begegnung zwischen Deutschland und Ghana zum Aufeinandertreffen von Jerome und Kevin-Prince Boateng.

Kevin-Prince und Jerome Boateng im Zweikampf bei der WM 2014. | Quelle: imago images/Moritz Müller

Für die gebürtigen Berliner, die den selben Vater haben, war es die erste Teilnahme an einer WM. Beide waren zuvor die Jugendnationalmannschaften beim DFB durchlaufen, Kevin-Prince sah dort für sich dann aber keine Perspektive mehr und schloss sich der Auswahl des ghanaischen Fußballverbands an. Jerome schaffte es hingegen in die deutsche A-Mannschaft, wurde bei dem Turnier in Südafrika in den ersten beiden Spielen aber nicht berücksichtigt. Pünktlich zum Spiel gegen seinen Halbbruder verdrängte er dann Holger Badstuber aus der Verteidigungsreihe.

Als Sieger des Bruder-Duells ging am Ende Jerome vom Platz. Deutschland gewann knapp mit 1:0 und zog als Gruppenerster ins Achtelfinale ein. Auch Ghana gelang trotz der Niederlage der Einzug in die nächste Runde, in der Kevin-Prince beim 2:1-Sieg gegen die USA sein erstes Länderspieltor für die Afrikaner erzielte.

Es sollte nicht bei diesem einen Aufeinandertreffen der Boatengs bei einer WM bleiben. Vier Jahre später gab es in Brasilien die Wiederauflage. Nach einer defensiv geprägten ersten Halbzeit wurden die beiden Brüder allerdings kurz nach der Pause ausgewechselt und verpassten den Rest einer dann spektakulären Partie mit vielen Torchancen auf beiden Seiten, die mit einem 2:2-Unentschieden endete.

Steffen Freund

Heute ist er vielen vor allem durch seine Tätigkeit als Experte bei Fußballübertragungen im Fernsehen bekannt, früher war Steffen Freund aus Brandenburg an der Havel einer der Vorreiter auf seiner Position. Der Sechser blickt auf eine erfolgreiche Karriere zurück, wurde zweimal deutscher Meister und gewann die Champions League. Auch bei der Nationalmannschaft hinterließ er seine Spuren, seine erste und einzige WM-Teilnahme hatte er sich aber wohl ganz anders vorgestellt.

Steffen Freund bei der WM 1998 am Laptop in seinem Hotelzimmer. | Quelle: imago images/Alternate

1995 gab er sein Debut für die DFB-Elf und entwickelte sich durch seinen strategischen und aggressiven Spielstil schnell zu einem wichtigen Akteur im defensiven Mittelfeld. Als Deutschland 1996 in England Europameister wurde, war er einer der Leistungsträger im Team. Das Endspiel verpasste Freund allerdings, weil er sich im Halbfinale das Kreuzband riss.

Der Brandenburger kämpfte sich von seiner Verletzung zurück und gewann ein Jahr nach der EM mit Borussia Dortmund die Champions League. 1998 sollte dann sein großer Moment kommen: Der damals 28-Jährige stand im deutschen Aufgebot für die Weltmeisterschaft in Frankreich und wollte den nächsten Titel holen. Doch das Turnier sollte am Ende wohl zu einer der größten Enttäuschungen seiner Karriere werden. Nicht eine einzige Minute stand der Sechser, der zwei Jahre zuvor noch Europameister wurde, auf dem Platz. Vom Leistungsträger wurde er plötzlich zum Bankdrücker.

Danach endete nach nur drei Jahren und 21 Länderspielen seine kurze Nationalmannschaftskarriere. Er wechselte zu Tottenham in die Premier League, konnte aber nie mehr so ganz an die erfolgreichen Zeiten anknüpfen. Geplagt von häufigen Verletzungen beendete er seine Karriere 2004 im Alter von 34.

Jörg Heinrich

Für einen anderen Brandenburger wurde die WM 1998 allerdings zum Sprungbrett. Außenspieler Jörg Heinrich stand in Frankreich bei jedem Spiel in der Startelf des ehemaligen Bundestrainers Berti Vogts. Erst vier Jahre zuvor hatte der Rathenower den Sprung in die Bundesliga geschafft und wechselte für 100.000 DM von Emden zum SC Freiburg. Nach der Weltmeisterschaft sollte er plötzlich zum damals teuersten deutschen Fußballprofi werden.

Jörg Heinrich bei der WM 1998. | Quelle: imago images/Pressefoto Baumann

Nach zwei Jahren im Breisgau ging es für Heinrich weiter zu Borussia Dortmund, mit denen er an der Seite von Steffen Freund die Champions League gewann. Der Erfolg sicherte ihm einen Platz im DFB-Aufgebot bei der WM 1998. Zwar schied er mit Deutschland bereits im Viertelfinale mit einer deutlichen 0:3-Niederlage gegen Kroatien aus, doch er schien einige Leute auf sich aufmerksam gemacht zu haben. Der AC Florenz machte dem BVB ein Angebot, das man nicht ablehnen konnte. Für 25 Millionen DM wechselte Heinrich in die italienische Serie A – es war die höchste Ablöse, die bis dahin für einen deutschen Spieler gezahlt wurde.

Große Erfolge konnte Heinrich danach nicht mehr feiern. Nach seinem kurzen Ausflug nach Italien kehrte er zurück nach Dortmund und beendete seine aktive Laufbahn 2006 beim 1. FC Union Berlin, wo er danach kurzzeitig auch den Posten des Sportdirektors übernahm.

Beitrag von Shea Westhoff, Lukas Witte

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