Special Olympics 2023
Berlin wird im kommenden Sommer erster deutscher Gastgeber der Special Olympics World Games. Vorher soll das "Host Town Programm" den Teilnehmenden die Kultur des Landes näherbringen und die Integration stärken. Von Flynn Jacobs
Wenn im kommenden Sommer am 12. Juni am Flughafen BER einige Passagiere aus Fidschi landen, werden mit großer Sicherheit viele müde Gesichter das Flugzeug verlassen. Rund 20.000 Kilometer sind es von einem Punkt der Erde einmal um den halben Globus zu seinem Gegenüber. Kaum weniger Distanz liegt zwischen den Fidschi-Inseln und Berlin. Dennoch werden die beiden Orte im nächsten Sommer zusammenfinden. Im Rahmen des "Host Town Programms" der Special Olympics wird den Athletinnen und Athleten aus Fidschi der Bezirk Lichtenberg gezeigt.
Die Special Olympics sind die weltweit größte Inklusionsbewegung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Deutschland wird 2023 erstmals Gastgeber der Special Olympics World Games sein, mit Berlin als Austragungsort. In den neun Tagen vom 17. bis 25. Juni werden mehr als 7.000 Athletinnen und Athleten aus 190 Delegationen in 26 verschiedenen Sportarten antreten.
Anders als der Name der Bewegung vermuten lässt, handelt es sich bei den Special Olympics bei Weitem nicht nur um ein sportliches Event. Ziel ist vielmehr, Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung eine Stimme zu geben und sie immer mehr und besser in die Gesellschaft zu integrieren.
Eines der Instrumente ist das sogenannte "Host Town Programm". Es soll die Teilnehmenden und den Austragungsort in den Tagen vor den Weltspielen näher zusammenbringen. In insgesamt 216 Kommunen im ganzen Land, auch Host Towns genannt, werden die Delegationen aus aller Welt empfangen und in Deutschland willkommen geheißen. Laut der Webseite des Veranstalters handelt es sich dabei um "das größte kommunale Inklusionsprojekt in der Geschichte der Bundesrepublik".
Eine dieser Host Towns ist der Berliner Bezirk Lichtenberg. Mit der unter anderem von Bezirksbürgermeister Michael Grunst initiierten Bewerbung wird hier im kommenden Sommer die rund 30-köpfige Delegation der Republik Fidschi beherbergt.
"Was ich wirklich faszinierend finde, ist, welche Energie das hier bei uns freigesetzt hat im Bezirk. Es musste keine große Überzeugungsarbeit geleistet werden, alle im Bezirk wollten sofort mitmachen," sagt Michael Grunst. Das Programm in den vier Tagen ist vielfältig und soll den Athletinnen und Athleten die Stadt und den Bezirk etwas näherbringen. "Wir werden das Museum in Lichtenberg besuchen und zusammen grillen. Außerdem gehen wir in den Tierpark und ins Sportforum, wo wir auch selbst aufs Eis gehen", so Daniela Kaup, Beauftragte des Bezirks Lichtenberg für Menschen mit Behinderung.
Eine Möglichkeit, Bürgerinnen und Bürger und die Teilnehmenden der Special Olympics zusammenzubringen: das Rathausfest. "Gerade durch solche Veranstaltungen erhoffe ich mir auch, dass wir damit Menschen erreichen, die nicht so in dieser Inklusions-Blase sind und dass die ein bisschen ihre Scheu verlieren", sagt Kaup.
Wie vielfältig und bunt der Aufenthalt der Athletinnen und Athleten in den Tagen aussieht, wird von den Bezirken selbst entschieden. Das Besondere an Lichtenberg: Menschen mit geistiger Behinderung sind hier mit in die Planung integriert. So zum Beispiel durch die "wilden Füchse", einem Bewohner-Rat aus Lichtenberg, der die Interessen von Wohngemeinschaften und Genossenschaften für Menschen mit geistiger Behinderung vertritt, selbst einige Teilnehmende an den Special Olympics stellt und ebenfalls in die Gastgeberrolle für die Delegation schlüpfen wird.
Einer der "wilden Füchse" ist Christian Wallner. "Ich mache so etwas auch zum ersten Mal mit und das wird wirklich großartig," sagt Wallner sichtlich stolz. Unterstützung erhalten sie dabei auch vom Bezirksamt. "Die Füchse werden in der Inklusionswoche vor dem Host Town Programm auf ihre Gastgeberrolle vorbereitet. Das heißt, sie erhalten einen Crash-Kurs in Englisch, Landeskunde für die Fidschi-Inseln oder wie Bewegungsübungen angeleitet werden," sagt Daniela Kaup.
Das große Ziel der zwei Wochen im Juni ist die Inklusion von Menschen mit geistiger Behinderung und einen besseren Stand für sie in der Gesellschaft. "Ich habe natürlich ein großes Interesse, dass Inklusion als Thema nicht nur in die Köpfe und Herzen kommt, sondern auch in die Gesetze und das Handeln der Verwaltungen und dass die Erkenntnis kommt, dass wir etwas tun müssen", so Bezirksbürgermeister Grunst.
Ob das gelingen kann, bleibt abzuwarten. Das Host Town Programm als Versuch stößt aber auf jede Menge Dankbarkeit. Sowohl im Bezirk als auch bei den Teilnehmenden. Eine unvergessliche Erfahrung wird es also mit Sicherheit.
Sendung: Unser Leben, 14.12.2022, 13:10 Uhr
Beitrag von Flynn Jacobs
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