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Quelle: rbb/Christian Dexne

WM-Tagebuch aus Katar

Wenn sich zwei alte Bekannte aus Cottbus im Spielertunnel treffen

Das letzte Treffen lag 16 Jahre zurück. Gregg Berhalter war damals Spieler in Cottbus und rbb-Sportreporter Christian Dexne berichtete über den Zweitligisten. Nun trafen sich beide bei der WM wieder - und es kam zu einer überraschenden Szene.

Eine meiner Aufgaben ist es, direkt nach den Spielen die sogenannten Flash-Interviews zu führen, also kurze Interviews mit Spielern und Trainern. Die dafür mit vielen Sponsorenwänden errichtete Flash-Zone im Spielertunnel gleicht kurz nach Abpfiff einem Ameisenhaufen. Überall wuseln Verantwortliche der Fifa und der Presseabteilungen der Verbände hin und her, schieben die Spieler zwischen zwölf verschiedenen Interviewpositionen hin und her und ziehen den Reportern am Hemd, wenn die kurzen Gespräche länger als 90 Sekunden dauern.

In dieser ganzen Hektik kommt es zwischen mir als Reporter und den jeweiligen Spielern außer einem kurzen "Hello" zu keinem Austausch außerhalb der zwei bis drei Fragen. Es ist ein Speed-Dating, drei schnelle Fragen, drei Antworten und zack, der Nächste, bitte.

Über den Autor

"You know me from Cottbus"

In diesem ganzen Gewusele kam es neulich nach dem 1:1 zwischen Wales und den USA zu einer kuriosen Entschleunigung. Ich hatte Gregg Berhalter als Gesprächspartner angefragt, der ja nicht nur Nationaltrainer der USA ist, sondern von 2002 bis 2006 auch Spieler bei Energie Cottbus war. Ich hatte ihn damals kennengelernt und auch mal abseits der Spiele mit ihm Beiträge gedreht, in denen man ein wenig mehr Zeit verbringt als nur nach den Spielen bei den kurzen Interviews. Aber: Das lag sechzehn Jahre zurück und ich hatte nicht vor, ihn in der oben beschriebenen Situation in der Flashzone darauf anzusprechen.

Wir begrüßten uns neben der Kamera mit Handschlag und Berhalter war noch etwas versunken in der Reflexion des gerade zu Ende gegangen Spiels. Dann aber schaute er noch einmal hoch, starrte mich fast an und sagte: "Hey, I know you!?", starrte mich weiter an und fügte an "but I don't remember why." Ich grinste und sagte nur: "You know me from Cottbus." Berhalter fing an zu strahlen, nahm mich spontan in den Arm und sagte, er erinnere sich, zeigte auf die Kamera und die Sponsorenwand und meinte, ich würde ja im Grunde noch immer dasselbe tun wie zu seiner Zeit als Spieler dort. Wir lachten beide und es ergab sich ein kleines Gespräch über den FC Energie.

Berhalter dachte, Cottbus spiele in der Dritten Liga, schüttelte traurig den Kopf, als ich ihm sagte, es sei inzwischen nur noch die Regionalliga. Er sagte, er wolle schon seit Jahren mal wieder dorthin zurück, er habe es dort immer gemocht, zählte mit Rost, Piplica und Beeck sogar noch einige Namen auf, mit denen er damals zusammen gespielt hatte.

Gregg Berhalter in seiner Zeit bei Energie Cottbus. | Quelle: IMAGO / Contrast

Schwelgen in Erinnerungen

Berhalter hatte die Situation, in der wir uns befanden, völlig vergessen und schwelgte in Erinnerungen. Die Verantwortlichen der Fifa und des US-amerikanischen Fußballverbandes um uns herum waren irritiert, denn sie bekamen schon mit, dass der Trainer den Moment gerade sehr genoss, während gleichzeitig diverse Sender weltweit auf ein Interview mit ihm warteten. Es dauerte insgesamt auch nur eine Minute, aber das ist in der Hektik der Flashzone eine kleine Ewigkeit. Überall stehen Reporter, die über die kleinen Rückleitungen in ihren Ohren nervöse Redakteure aus ihren Regien hören, wann denn mit Interviews zu rechnen sei.

Berhalter und ich führten dann das Interview sehr entspannt und in erstaunlich gutem Deutsch und er ging seiner Wege. Nach dem Sieg gegen den Iran und dem Weiterkommen der USA wiederholte sich das Wiedersehen, wir hielten den Zusatzplausch aber in Grenzen, Berhalter war euphorisch und wollte schnell in die Kabine zur feiernden Manschaft.

Inzwischen ist er mit den USA im Achtefinale gegen die Niederlande ausgeschieden, doch mit seiner jungen Mannschaft hat der ehemalige Cottbuser eine für die USA erfolgreiche WM gespielt. In vier Jahren dann wird er erst Recht im Rampenlicht stehen. Dann sind die USA Gastgeber der nächsten Weltmeisterschaft.

Sendung: rbb24, 06.12.2022, 18 Uhr

Beitrag von Christian Dexne

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