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Interview | Basketball-Profi Giffey über Wechsel nach München

"Ich verstehe, dass man als Alba-Fan darüber nicht happy ist"

Der Wechsel von Alba-Urgestein Niels Giffey zum FC Bayern erregte im November 2022 Aufsehen. Nun treffen Giffey und die Berliner wieder aufeinander. Im Interview spricht er über die Wechsel-Gründe, die Reaktionen und die Unterschiede zwischen den Klubs.

rbb|24: Herr Giffey, Sie gelten als Alba-Legende: Sie sind gebürtiger Berliner, haben Hunderte Spiele für den Klub bestritten und mehrere Trophäen gewonnen. Welche Gefühle haben Sie vor dem Aufeinandertreffen am Sonntag?

Zu allererst freue ich mich, die Jungs, mit denen ich immer noch sehr eng bin, wiederzusehen. Das ist das bestimmende Gefühl.

Das Duell gegen Alba ist natürlich aufgrund Ihres Status als Alba-Urgestein ein emotionales Thema. Ihr Wechsel zum Rivalen hat, so ließ sich beobachten, damals für große Aufruhr gesorgt. Wie kam der Kontakt zum FC Bayern zustande und wie konnte man Sie von dem Wechsel überzeugen?

Ich bin den Sommer mit meinen Agenten eigentlich so angegangen, dass es klar war, dass ich im Ausland spielen wollte. Diesen Plan haben wir länger verfolgt, die Idee Nummer eins war es, im Ausland Euroleague zu spielen. Das hat allerdings nicht geklappt.

Es war eigentlich nicht mein Plan, nach Deutschland zurückzukehren. Nach der wirklich guten Europameisterschaft bin ich nach einer kurzen Pause noch für einen Monat nach Spanien zu Murcia gewechselt. Dort hatte ich einen kürzeren Vertrag und infolgedessen gemerkt, dass es mir gut tun würde, etwas Langfristiges anzugehen.

Durch einen Personalwechsel beim FC Bayern hat sich relativ spontan ein Fenster geöffnet. Es ging dann recht schnell, dass ein Angebot kam und ich dachte: Okay, möchte ich Euroleague spielen? Die Antwort war ja, also habe ich zugesagt. Man hat mir eine sehr gute Perspektive aufzeigt, über Jahre Euroleague spielen zu können. Zudem kenne ich viele der Jungs hier bereits, das konnte ich mir sehr gut vorstellen.

Zur Person

Niels Giffey spielte von 2008 bis 2021 bei Alba Berlin, sieben Jahre davon im Profi-Bereich, ehe er nach Litauen zu Zalgiris Kaunas wechselte. Der zwei Meter große "Small Forward" bestritt 398 Pflichtspiele für Alba, war jahrelang Kapitän und feierte je zwei Meisterschaften und Pokalsiege. Nach Stationen in Litauen und Spanien schloss er sich im November 2022 dem FC Bayern an. Zudem ist er 92-facher deutscher Nationalspieler, 2022 gewann man bei der Heim-EM die Bronze-Medaille.

Hat es damals auch Kontakt zu den Alba-Verantwortlichen gegeben? Und wie wurde Ihre Entscheidung, zum direkten Konkurrenten FC Bayern zu wechseln, in Ihrem alten Alba-Umfeld aufgenommen?

Das ist immer schwierig zu sagen. Ich führe ja nicht die Gespräche, ich rufe niemanden an oder ähnliches. Ob es Gespräche mit Alba gegeben hat, kann ich nicht sagen. Da es ja nicht mein Plan war, nach Deutschland zurückzukommen, war Berlin dementsprechend auch kein Thema.

Die Entscheidung pro München habe ich natürlich in dem Bewusstsein getroffen, einen gewissen Backlash aus Berlin zu bekommen. Allerdings war die Reaktion von den Leuten, mit denen ich eng bin, vollkommen in Ordnung. Die verstehen, was einen dahin bewegt. Natürlich verstehe ich aber auch, dass man als Alba-Fan darüber nicht happy ist.

Sportler:innen können während ihrer aktiven Karriere nur für einen sehr begrenzten Zeitraum Geld verdienen. Inwiefern haben auch finanzielle Aspekte eine Rolle für Ihren Wechsel nach München gespielt?

Ich kann sagen, dass ich ein sehr faires Gesamtangebot über zweieinhalb Jahre bekommen habe. Zweieinhalb Jahre Vertrag zu haben, ist nichts, was in meinem Alter – das hört sich immer etwas blöd an, aber ist ja tatsächlich so – einfach gegeben ist. Natürlich schaue ich da auf alle Komponenten.

In München arbeiten Sie mit Coach Andrea Trincheri zusammen. Er gilt als recht emotionaler Trainer, der sehr aktiv an der Seitenlinie ist und klare taktische Vorgaben hat. Damit ist er womöglich das Gegenteil zu Aito Garcia Reneses, Ihrem ehemaligen Coach bei Alba, der sehr ruhig wirkt und das freie Spiel fördert. Wie würden Sie die jeweiligen Coaching-Stile beschreiben und wie haben die beiden Trainer Ihr Spiel weiterentwickelt, beziehungsweise tun sie es noch?

Das stimmt, die beiden sind in ihren jeweiligen Spielphilosophien, ihrer Basketball-Lehre echt unterschiedlich. Gerade die Ansprachen von Aito und auch wie er das Training geleitet hat, waren besonders. Es fühlt sich an, als wäre man wieder an der Uni. Man sitzt im Lehrsaal und hört dem Professor dabei zu, wie er einem manchmal auch sehr theoretische Konzepte beibringt. Manchmal hat man sich auch gefragt, was diese Dinge mit unserem Spiel zu tun haben, allerdings haben sie auf langer Strecke, wenn man dabei blieb und Interesse gezeigt hat, auch Sinn ergeben.

Wenn wir bei diesem Vergleich bleiben, hält Trincheri von Spiel zu Spieler eher eine Art Ted-Talk. Seine Ansprachen sind sehr spezifisch auf das Spiel ausgerichtet. Es ist sehr interessant, wie er die Spiele analysiert, vor allem aus einem emotionalen Standpunkt heraus. Er zieht dabei immer wieder Vergleiche zum Leben.

Es ist Ted-Talk versus Uni-Vorlesung, wenn man so will.

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Was sind ansonsten Unterschiede zwischen Alba und dem FC Bayern?

Ich würde sagen, dass es beim FC Bayern einfach ein etwas anderes Konzept ist. Die Spieler sind durchschnittlich etwas älter und erfahrener, das Spiel ist dadurch auch etwas langsamer und detaillierter auf den Gegner ausgerichtet.

Bei Alba war der Kader in den letzten Jahren hingegen immer etwas jünger als in München, man hat sich auch weniger auf den Gegner ausgerichtet.

Wie bewerten Sie Ihre ersten Monate im neuen Klub?

Der Start war ziemlich gut, ich habe mich schnell eingefunden. Was jetzt wiederum wirklich genervt hat, war, dass ich mich ein- zweimal mit Viren herumgeschlagen habe, da habe ich alles mitgenommen, was so im Umlauf ist.

Wie nehmen Sie die jeweiligen Saison-Verläufe der Saison wahr, national wie international?

Gerade in der Euroleague ein Fazit zu ziehen, fällt sehr schwer, da die Liga so unglaublich eng ist. Es fühlt sich so an, als wäre die Liga so ausgeglichen wie noch nie. Ich habe keine Ahnung, wer die Euroleague dieses Jahr gewinnen könnte. Ich habe natürlich ein paar Kandidaten, man hat dieses Jahr allerdings nicht die wirklich klaren Favoriten. Ich glaube, beide Vereine haben bislang auf jeden Fall ein paar Siege liegen lassen.

National ist es auch wieder eng. Es ist bei der BBL aber auch wie in den letzten Jahren: Es gibt zusätzlich immer so ein bis zwei Teams, die einfach eine extrem gute Saison spielen. Diese Saison ist es Bonn, davor war es ein paar Jahre lang Ulm. Ludwigsburg ist wieder konstant da. Das ist schon spannend zu sehen.

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Was für ein Spiel erwarten Sie am Sonntag? Auf welche Aspekte wird es besonders ankommen?

Es wird darauf ankommen, wer das Tempo des Spiels diktieren darf und wie gut der Ball bei welchem Team läuft. Bei unserem letzten Spiel in Berlin haben wir es ganz gut hinbekommen, die Fast Breaks zu unterbinden und das Spiel für Alba ein bisschen langsamer zu gestalten.

Zum Schluss noch eine Zukunftsfrage: Würden Sie es kategorisch ausschließen, irgendwann zu Alba zurückzukehren oder lassen Sie das für sich offen?

Die letzten Jahre habe mich auf jeden Fall gelehrt, dass wirklich alles passieren kann.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Marc Schwitzky.

Sendung: rbb24 Inforadio, 08.01.2022, 18 Uhr

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