2:0-Sieg bei Hertha
Der 1. FC Union hat das Hauptstadtderby bei Hertha BSC für sich entschieden. In einem umkämpften Spiel waren die defensivstarken Köpenicker letztlich das abgezocktere Team und nutzten ihre wenigen Chancen eiskalt aus.
Fußball-Bundesligist Union Berlin hat das Hauptstadtderby bei Hertha BSC erneut gewonnen. Vor 74.667 Zuschauern im ausverkauften Berliner Olympiastadion war Hertha zwar ebenbürtig und auch lange Zeit das agilere Team, doch Union nutzte durch Danilho Doekhi nach einem Standard und Paul Seguin nach schöner Vorarbeit von Sheraldo Becker zwei seiner wenigen Chancen zum 2:0 (1:0)-Sieg.
Defensivstark verteidigten die Eisernen im Anschluss clever die Führung - und sprangen wieder auf Platz zwei der Tabelle. Hertha BSC steckt durch die Derbyniederlage weiter im Tabellenkeller fest.
Nach dem 0:5 gegen Wolfsburg musste Hertha-Trainer Sandro Schwarz auf Jonjoe Kenny (leichte Gehirnerschütterung) und Augustin Rogel (Gelb-Sperre und Knieverletzung) verzichten, Ivan Sunjic rotierte auf die Ersatzbank ebenso wie der formschwache Maximilian Mittelstädt. Peter Pekarik, Filip Uremovic, Jean-Paul Boetius und Kapitän Marvin Plattenhardt stießen neu in die 4-2-3-1-Formation der Blau-Weißen.
Auf der Gegenseite nahm Union-Trainer Urs-Fischer drei Veränderungen vor. Auf den Außenpositionen begannen Kapitän Christopher Trimmel und Neuzugang Jerome Roussillion, im Mittelfeld nahm Andras Schäfer Genki Haraguchis Position ein. Union agierte taktisch im bewährten 3-5-2-System.
Vor 75.000 Zuschauern im Olympiastadion versuchte Hertha BSC die Gäste früh anzulaufen, einen ersten Abstimmungsfehler von Union konnte Suat Serdar aber nicht nutzen. Hertha agierte in der Anfangsphase sehr aggressiv und bissig. Serdar setzte sich in der siebten Minute über links durch, gab den Ball in die Mitte und über Boetius landete der Ball am Strafraum bei Lucas Tousart, dessen Schuss aber von Diogo Leite geblockt wurde. Hertha blieb im Anschluss weiter dran, während Union etwas beeindruckt wirkte ob dieser Anfangsoffensive der Hausherren.
Im weiteren Verlauf beruhigte sich die Partie etwas, Union war um Kontrolle bemüht, Hertha schaltete einen Gang zurück. Es war spürbar, dass beide Teams sehr darauf bedacht waren, keine Fehler zu machen. So blieb es bis zur 30 Minute ein intensives, aber auch chancenarmes Spiel. Union setzte sich zusehends in Herthas Hälfte fest und die Hausherren kamen zu einer Konterchance: Dodi Lukebakio tankte sich über die rechte Seite durch, drang in den Strafraum ein und bediente Richter, der aus 16 Metern über das Tor zielte (32.).
Sechs Minuten später zeigte Hertha-Keeper Oliver Christensen bei einem Trimmel-Freistoß erste Unsicherheiten. Die Blau-Weißen konnten mit Mühe zur Ecke klären. Die nächste Standardsituation war dann in der 44. Minute Ausgangspunkt für die Führung der Gäste: Trimmel zog einen Freistoß an den Elfmeterpunkt, Unions Verteidiger Doekhi sprang höher als Geburtstagskind Marc-Oliver Kempf und köpfte wuchtig aus zehn Metern ins Tor der Herthaner. Kurios: Für Doekhi war es das vierte Tor mit seinem vierten Torschuss in der Fußball-Bundesliga.
Der 0:1-Halbzeitstand war aus Hertha-Sicht ärgerlich, waren die Gastgeber bis dato eigentlich die bestimmende Mannschaft und hatten die besseren Strafraumszenen.
Urs Fischer wechselte zur Pause, brachte Paul Seguin für den unauffälligen und angeschlagenen Schäfer. Nach Wiederanpfiff übernahm Union dann zunehmend die Spielkontrolle und hielt die Hertha durch viel Ballbesitz zunächst vom eigenen Strafraum fern. Die Blau-Weißen kämpften sich zwar zurück in die Partie, doch Torchancen blieben Mangelware, auch weil Union clever verteidigte.
In der 68. Minute überschlugen sich dann die Ereignisse. Rani Khedira traf knapp im eigenen Strafraum den Ball im Zweikampf gegen Kempf, der dabei zu Boden ging. Aus dieser Szene entwickelte sich ein Konter der Eisernen. Becker trieb den Ball über die linke Seite, wurde nicht angegriffen, legte im Strafraum quer auf den mitgelaufenen Seguin, der dann nur noch ins leere Tor einschieben brauchte.
Der Treffer zählte trotz Hertha-Protesten und Videocheck von Schiedsrichter Felix Brych. Hertha wirkte nach diesem 0:2 geschockt, brauchte fünf Minuten bis zum nächsten offensiven Lebenszeichen: Tousart köpfte eine Plattenhardt-Ecke auf den kurzen Pfosten, aber Unions Keeper Frederik Rönnow hielt den Ball mit einer starken Reaktion. Der eingewechselte Niko Gießelmann hätte auf der Gegenseite das Spiel endgültig zu Gunsten der Köpenicker entscheiden können, scheiterte mit seinem Schuss aber am grätschenden Pekarik, der bei dieser Aktion den Ball an die Hand bekam. Doch Schiedsrichter Brych entschied nicht auf Handelfmeter.
Hertha wehrte sich und stemmte sich in der Schlussphase gegen die drohende Niederlage. Richter schoss aus kurzer Distanz aufs Tor, doch Rönnow reagierte erneut stark und parierte per Hechtsprung zur Ecke (83.).
Union spielte an diesem Tag nahezu fehlerfrei in der Defensive und feierte am Ende einen verdienten Derbysieg.
Der 1. FC Union hat das fünfte Derby in Folge gegen Hertha BSC gewonnen. Und dieser Sieg war verdient für die Eisernen, die sich defensiv abermals als enorm kompakt und zweikampfstark erwiesen und in der Offensive durch gnadenlose Effizienz bestachen. Drei Chancen münzten die Unioner in zwei Tore um und brachten die Führung am Ende clever über die Zeit. Union bleibt damit weiterhin auf einem Champions-League-Platz – auch weil die Eisernen perfekt ins neue Jahr gestartet sind: Aus drei Partien konnte die Mannschaft von Urs Fischer alle neun möglichen Punkte holen. Die 36 Punkte aus 18 Spielen sind obendrein neuer Vereinsrekord für die Köpenicker in der Fußball-Bundesliga.
Auf der Gegenseite bot Hertha BSC eine ansprechende Leistung, zeigte sich im Vergleich zum 0:5-Debakel gegen Wolfsburg deutlich verbessert, war in den Zweikämpfen präsent, verpasste es aber über die gesamte Spieldauer des Derbys gefährliche Chancen zu kreieren. Obwohl Hertha damit weiterhin auf Platz 17 in der Tabelle bleibt, ist diese Derbyleistung eine, auf der Trainer Sandro Schwarz aufbauen kann. Das Problem: Hertha braucht langsam Punkte. Nächsten Samstag steht das schwere Auswärtsspiel in Frankfurt an. Abermals keine leichte Aufgabe im Abstiegskampf für die "alte Dame".
Sendung: rbb UM6, 28.01.2023, 18 Uhr
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