Interview | Viktoria-Sportdirektor Rocco Teichmann
Sportlich ist der FC Viktoria Berlin nach dem Drittliga-Abstieg noch nicht wieder richtig in der Regionalliga angekommen. Dabei helfen soll jetzt der Umzug zurück ins Heimatstadion. Sportdirektor Rocco Teichmann erklärt, was er sich davon verspricht.
[Anm. d. Red.: Das Rückkehr-Spiel des FC Viktoria im Stadion Lichterfelde gegen den Chemnitzer FC wurde nach der Veröffentlichung dieses Interviews witterungsbedingt abgesagt.]
rbb|24: Herr Teichmann, hinter Viktoria liegt nach dem Abstieg aus der 3. Liga die erste Hinrunde zurück in der Regionalliga Nordost. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Rocco Teichmann: Es war schwierig den Übergang in die Regionalliga erfolgreich umzusetzen. Gerade am Anfang haben die Erfolgserlebnisse gefehlt, obwohl die Leistung eigentlich nicht so schlecht war. Irgendwann kommt man dann in einen Strudel und wir hatten Mitte der Hinrunde eine Phase, die ein bisschen schwieriger war. Da mussten wir viel mit der Mannschaft und dem Funktionsteam kommunizieren und auch kritisieren. Zum Ende sind wir dann ein bisschen in die Spur gekommen und haben die letzten vier Spiele nicht mehr verloren. Man kann nicht sagen, dass wir mit der Hinrunde zufrieden sind. Es war aber auch zu erwarten, dass man nicht nur "Hurra-Fußball" von uns sehen wird. Wichtig ist es, dass wir diese Erkenntnisse mit in den Winter genommen haben und jetzt mit Schwung in die Rückrunde gehen.
Wie hat Viktoria die Winterpause denn genutzt?
Wir haben versucht den Kader ein wenig zu optimieren. Aus diesem haben wir drei Spieler entfernt, was notwendig war, um einen Impuls zu setzen. Darüber hinaus sind zwei neue Spieler dazu gekommen [Marcel Köstenbauer und Iba May, Anm. d. Red.]. Die übrigen Jungs sind alle auch mal in sich gegangen, haben in den Spiegel geguckt und Revue passieren lassen, ob sie denn alles dafür getan haben, um erfolgreich zu sein. Die ersten Erkenntnisse nach den zweieinhalb Wochen Vorbereitung, die wir jetzt gemeinsam bestritten haben, zeigen schon, dass da eine sehr hohe Konzentration ist, ein hoher Fokus auf der Aufgabe liegt und man auch selbstkritisch ist. Jetzt müssen wir gucken, dass wir uns als Mannschaft schnellstmöglich belohnen.
Zum Beginn der Rückrunde steht eine sehr große Veränderung an. Nach eineinhalb Jahren im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark zieht Viktoria zurück ins Stadion Lichterfelde. Welche Vorteile erhoffen Sie sich von der Rückkehr des Vereins in die heimatliche Spielstätte?
Die Regionalliga heißt ja nicht ohne Grund Regionalliga. Da sollte eine gewisse Regionalität dahinterstecken. Wir sind nun mal ein Lichterfelder Verein und gehören deshalb auch nach Lichterfelde. Dort haben wir Ewigkeiten gespielt und in der Regionalliga am Ende auch sehr erfolgreich. Deshalb ist die Vorfreude definitiv da. Wir merken schon in der Vorbereitung auf das erste Spiel [am Samstag gegen den Chemnitzer FC; Anm. d. Red.], dass wir uns im Stadion Lichterfelde mehr zuhause fühlen. Jetzt sind auch die Fans und Mitglieder gefragt, ein Signal zu senden und zu den Spielen zu kommen.
Werden Sie der Zeit im Jahn-Sportpark aber auch ein wenig hinterhertrauern?
Nicht alles im Jahn-Sportpark war schlecht. Administrativ und organisatorisch wurde es am Ende mit dem Senat ein bisschen schwierig. Aber im Jahn-Sportpark zu spielen bedeutete ja auch in der 3. Liga zu sein. Von daher will ich das nicht schlecht reden und wir haben dort auch schöne Erlebnisse gehabt. Und das Stadion hat auch Vorteile, zum Beispiel sind die Rasenfläche und die Kabinensituation besser als in Lichterfelde.
Am Samstag, 13 Uhr steht nun das erste Heimspiel zurück am Ostpreußendamm an. Für Mitglieder gibt es dann freien Eintritt. Wird die Partie gegen Chemnitz also ein großes Fußballfest mit voller Hütte werden?
Im ersten Schritt habe ich noch nicht so das Gefühl, dass wir dort auf einmal einen Hexenkessel haben werden. Aber das liegt auch an uns. Wir müssen dafür sorgen, dass die Leute wieder Lust haben zu kommen. Das wird ein längerer Prozess werden, aber ich glaube trotzdem, dass wir nach Lichterfelde gehören. Vor allem wenn wir in der Regionalliga spielen. Dort kann viel mehr Stimmung aufkommen als woanders.
Wie wichtig wäre dafür gleich mal ein Sieg zum Rückrunden-Auftakt?
Eine Niederlage wird nicht dabei helfen, dass das Stadion voll wird. Deswegen wäre es natürlich wichtig. Chemnitz hat aber im Gegenteil zu uns acht Tage in der Türkei verbracht und dort zwei sehr gute Testspiele absolviert. Der Platz und die Temperaturen in Lichterfelde sind aber natürlich nicht mit der Türkei zu vergleichen und ich glaube, es könnte durchaus ein Vorteil sein, dass wir eben schon die ganze Zeit hier trainiert haben. Es wird in diesem Spiel viel über Kampf und Mentalität gehen. Gerade für uns, die eine nicht so gute Hinrunde gespielt haben, sind diese Parameter wichtig, um konkurrenzfähig zu sein. Daran wird die Mannschaft sehen, ob sie den nächsten Schritt gegangen ist oder nicht.
Was wird Viktorias Ziel für die zweite Saisonhälfte sein und wo soll die Mannschaft am Ende stehen?
Es geht aktuell definitiv nicht darum, um den Aufstieg zu spielen. Klar ist, dass wir eine bessere Rück- als Hinrunde spielen müssen. Das muss der Anspruch sein. Der Auftakt hat es allerdings in sich und wir müssen den Kopf rausstrecken und selbstbewusst in die Spiele gehen. Wir haben eine junge Mannschaft, die sich erstmal in der Regionalliga etablieren muss. Das muss das erste Ziel sein. Wir sind eben kein Drittligist mehr und jeder muss ehrlich zu sich sein, dass er noch Luft nach oben hat. Ich erhoffe mir also von der Rückrunde, dass wir uns Richtung Mittelfeld orientieren und die maximale Anzahl an Punkten holen. Parallel wollen wir unser Heimspiel im Viertelfinale des Berlin-Pokals gewinnen [am 26. März gegen den Landesligisten FC Liria; Anm. d. Red.] und die Voraussetzungen schaffen, um den Pokalsieg zu spielen. Das sind erstmal zwei spannende Ziele, um sich dann im Sommer weiter zu optimieren und nach oben zu orientieren, damit wir irgendwann mal wieder an der Tür klopfen, aus der wir letzte Saison gekommen sind.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Lukas Witte, rbb Sport.
Sendung: rbb24, 20.01.2023, 18 Uhr
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