Hertha vor dem Spiel gegen Gladbach
Nach vier Niederlagen in Folge steht Hertha BSC gegen Borussia Mönchengladbach unter Zugzwang. Im Fokus stehen ein Taktikwechsel und ein im tabellerischen Nichts mäandernder Gegner. Von Marc Schwitzky
"Es wäre nicht das erste Mal, dass wir mit einer Dreierkette spielen, sie ist eine Option", stellte Hertha-Trainer Sandro Schwarz einen Formationswechsel für das Spiel am Sonntag gegen Borussia Mönchengladbach in Aussicht. In den letzten Tagen war ein Abweichen des bisher von Schwarz favorisierten 4-3-3-Systems das beherrschende Thema der Woche – eine willkommene Abwechslung, werden manche sagen, dass nach Tagen des erneuten Hertha-Chaos wieder fußballerische Inhalte im Fokus standen.
"Wichtig ist nicht, was wir spielen, sondern wie wir spielen", fügte Schwarz an. Und doch war ein gewaltiger Unterschied zu erkennen, als Herthas Übungsleiter nach katastrophalen ersten 45 Minuten gegen Eintracht Frankfurt zur zweiten Halbzeit von einer Vierer- zu einer Dreierabwehrkette wechselte. Das neue 3-5-2 verlieh den Berlinern deutlich mehr Struktur und defensive Sicherheit, auch wenn die Partie in Hessen mit 0:3 verloren ging.
Schwarz wollte sich auf der Pressekonferenz nicht allzu sehr in die Karten schauen lassen und stellte auch die altgediente Viererkette als Option gegen die Borussen in Aussicht, doch spricht das aktuell vorhandene Personal deutlich für einen Systemwechsel. Womöglich ist das 3-5-2 das letzte Ass in Herthas Ärmel, um noch eine Kehrtwende in der laufenden Saison einzuleiten.
Während Hertha mit dem angestrebten Klassenerhalt eine klare Mission verfolgt, wirkt Gegner Borussia Mönchengladbach derzeit etwas ziellos. Platz sechs und damit die Europa League ist mit acht Punkten Abstand beinahe so weit weg wie der Relegationsplatz mit zehn Zählern. Vier magere Punkte haben die "Fohlen" aus den vier Partien nach der WM-Pause geholt, die Saison wirkt nach 19 Spieltagen verkantet.
Dabei macht vor allem die Art und Weise der letzten Auftritte den Beobachtern Sorgen. Zeigten die Borussen vor der langen Saisonunterbrechung teilweise eleganten, mitreißenden Ballbesitzfußball, wirken sie mittlerweile ideen- und durchaus ambitionslos. Trainer Daniel Farke muss einen Weg finden, die aufgekommene Lethargie seiner Mannschaft aufzulösen.
Zwar agieren die Gladbacher defensiv stabil, doch offensiv gehörten sie an den letzten Spieltagen immer zu den ungefährlichsten Mannschaften der Liga. Die einzige Ausnahme bildet der 4:1-Sieg über Hoffenheim am 18. Spieltag, doch ist das Ergebnis aufgrund des formschwachen Gegners mit Vorsicht zu genießen. Selbst gegen Tabellenschlusslicht Schalke kam die Borussia am vergangenen Wochenende nicht über ein 0:0 hinaus – und das verdient.
Aktuell scheint eher die Zukunft von Lars Stindl, Ramy Bensebaini, Julian Weigl und Marcus Thuram, die allesamt ablösefrei im Sommer gehen könnten, im Fokus zu stehen als sportliche Themen. Die vielen personellen Fragezeichen sorgen für Unsicherheiten auf dem Platz.
Womöglich kommt die Partie gegen Mönchengladbach für Hertha zum perfekten Zeitpunkt. Denn: Sechs der acht Saisonniederlagen haben die Fohlen gegen Teams, die mit einer Dreierkette agieren, kassiert. Unter Trainer Farke tun sie sich schwer, Zugriff auf Dreierketten-Formationen zu entwickeln und offensive Durchschlagskraft zu entwickeln. So könnte die Systemumstellung von Sandro Schwarz genau das richtige gegen den Tabellenneunten sein.
Formation und Besetzung Herthas im zweiten Durchgang gegen Frankfurt haben vermutlich schon nahezu preisgegeben, wie die Berliner am Sonntagnachmittag auflaufen könnten. Die größten Fragezeichen stehen hinter der Besetzung der Außenverteidiger und des Mittelsturms. Marvin Plattenhardt und Maximilian Mittelstädt konkurrieren auf links, Jonjoe Kenny und Marco Richter auf rechts. Im Sturmzentrum muss Schwarz sich zwischen Florian Niederlechner, Jessic Ngankam und Dodi Lukebakio entscheiden.
Sechs Spieler fallen für die Begegnung am 20. Spieltag aus: Wilfried Kanga, Peter Pekarik, Stevan Jovetic, Agustin Rogel, Chidera Ejuke, und Kelian Nsona.
So könnte Hertha BSC beginnen: Christensen – Uremovic, Kempf, Dardai – Mittelstädt, Cigerci, Kenny – Serdar, Tousart – Niederlechner, Ngankam
Normalerweise ist Borussia Mönchengladbach wohl keine Mannschaft, die Hertha BSC schlagen muss. Mitte Februar 2023 ist die Lage bei den Berlinern jedoch mal wieder so brenzlich, dass Punkte gegen nahezu jeglichen Gegner dringend benötigt werden. Die Systemumstellung und der formschwache Gegner könnten Anlässe zur Hoffnung sein, doch muss Hertha endlich über ganze 90 Minuten eine kohärente, kämpferische Leistung zeigen, um erfolgreich zu sein. Gelingt das, sind die zuletzt sehr zahmen Fohlen zu schlagen.
Der rbb|24-Tipp: Hertha BSC zeigt sich im Vergleich zum Frankfurt-Spiel klar verbessert, kommt aber nicht über ein Unentschieden hinaus und spielt 1:1.
Sendung: rbb24, 11.02.2023, 18 Uhr.
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