Interview | Ex-Hertha-Kapitän Fabian Lustenberger
2019 wechselte Fabian Lustenberger nach zwölf Jahren bei Hertha BSC zurück in seine Schweizer Heimat. Im Interview spricht er über seine Rückkehr, die Beziehung zur Alten Dame und darüber, wo er die Stärken der Berliner sieht.
rbb|24: Fabian Lustenberger, 2019 haben Sie Berlin nach zwölf Jahren bei Hertha in Richtung Ihrer Schweizer Heimat und der Young Boys Bern verlassen. Wie ist es Ihnen seitdem ergangen?
Fabian Lustenberger: An sich sehr gut. Ich bin ja wieder zu Hause bei meiner Familie. Meine Frau ist ja schon 2017 mit den Kindern in die Schweiz gezogen, ich bin aber noch zwei Jahre alleine in Berlin geblieben und immer gependelt. Seit 2019 sind wir in der Schweiz wieder zusammen. Es fühlt sich gut an, nach zwölf Jahren im Ausland wieder zu Hause zu sein, die Familie und Freunde wieder um mich zu haben. Von daher ist es mir sehr gut ergangen.
Auch sportlich waren Sie äußerst erfolgreich: Zwei Schweizer Meisterschaften und ein Pokalsieg können sich sehen lassen. Dazu sind Sie auch noch Kapitän in Bern. Was macht Sie und Ihr Team so erfolgreich?
Ich glaube, dass hier in Bern schon vor meiner Zeit angefangen wurde, sehr gut zu arbeiten. Viele Entscheidungen, die hier zuletzt getroffen wurden, waren die richtigen. Es ist immer schwierig, ganz nach oben zu kommen, aber noch deutlich schwerer dann auch oben zu bleiben. Man muss den Verantwortlichen also hoch anrechnen, dass sie Jahr für Jahr eine Mannschaft mitsamt Trainerstab zusammenstellt, die erfolgreich sein kann. Hinter der Umsetzung steckt dann natürlich auch viel Arbeit von der Mannschaft, den Trainern und den Verantwortlichen. Das alles wird in Bern gelebt und von oben vorgelebt.
Bei Ihrem Ex-Verein Hertha BSC läuft es hingegen nicht nur in dieser Saison deutlich schlechter. Wie verfolgen Sie die Entwicklungen bei Hertha?
Ich bin natürlich informiert, wobei es ein bisschen weniger geworden ist. Am Anfang war nach meinem Abgang noch mehr Kontakt da, waren auch noch mehr Leute da, zu denen ich eine persönliche Beziehung hatte. Mittlerweile sind es nur noch drei, vier Spieler, die ich persönlich kenne und auch in Staff und Vereinsführung ist sehr viel neu. Die Uhr stelle ich also nicht mehr danach, wann bei Hertha oder in der Bundesliga gespielt wird. Aber wenn es passt, gucke ich mir Herthas Spiele schon an und drücke natürlich auch die Daumen, dass sie da unten rauskommen und die Klasse halten.
Haben Sie, auch wenn Sie den Verein nun nur noch aus der Ferne beobachten, ein Gefühl dafür, was die aktuellen Probleme bei Hertha sind?
Das ist ein gutes Stichwort: Ich bin natürlich sehr weit weg und glaube, dass es mir auch nicht zusteht, aus der Ferne irgendwelche Urteile zu fällen. Ich glaube, es ist wichtig, dass Ruhe in den Verein kommt, so dass die Verantwortlichen in Ruhe arbeiten können. Wir wissen aber alle: Das steht und fällt mit dem sportlichen Erfolg. Hertha ist also gefordert, Spiele zu gewinnen und Punkte zu sammeln, um das Arbeiten für alle Beteiligten wieder einfacher zu machen.
Aus ihrer Sicht als Ex-Kapitän: Hat Hertha auf dem Platz auch ein Führungsproblem? Immerhin sind zeitgleich mit Ihnen auch noch Spieler wie Vedad Ibisevic, Thomas Kraft, Salomon Kalou und Per Skjelbred gegangen.
Auch das ist aus der Ferne schwierig zu beurteilen, weil ich ja nicht tagtäglich dabei bin und mitbekomme, was in der Mannschaft und der Kabine passiert. Aber ich glaube, dass die genannten Spieler im Verein definitiv ein gewisses Standing hatten. Es sind aber auch immer wieder neue Spieler nachgekommen: Marvin Plattenhardt ist lange da, Maxi Mittelstädt hat sich aus der eigenen Jugend durchgebissen, Kevin-Prince Boateng ist auch da. Es gibt also schon genügend Spieler, die diese Führungsrolle übernehmen können.
Zwei Ihrer ehemaligen Mitspieler aus Bern sind mittlerweile in Berlin aktiv. Wilfried Kanga bei Hertha und Jordan Siebatcheu bei Union. Was macht die beiden Stürmer aus?
Ich glaube, bei uns in Bern waren sie sehr erfolgreich, was die Trefferquote anging. Jordan konnte das ein bisschen mitnehmen zu Union, wo er ja am Anfang sehr gut performt und auch Tore geschossen hat. Willy hat in seiner Zeit bei uns auch sehr gut getroffen, ist bei Hertha aber noch nicht so richtig in Tritt gekommen. Das ist aber auch normal. Der Schritt aus der Schweiz in die Bundesliga ist schließlich nicht klein.
Haben Sie noch Kontakt zu den beiden?
Ab und zu per SMS, WhatsApp oder über die sozialen Medien – hin und wieder mal Fragen wie es geht und läuft. Aber engen persönlichen Kontakt habe ich nicht mehr mit ihnen.
Abschließend noch einmal zurück zu Hertha BSC: Trauen Sie Ihrem ehemaligen Verein den Klassenerhalt zu und falls ja, was spricht dafür?
Ich traue es Hertha auf jeden Fall zu. In der Bundesliga ist vieles möglich, weil sie tabellarisch sehr eng zusammen liegt. Gegen Gladbach hat die Mannschaft zuletzt auch bewiesen, was sie leisten kann. Jetzt geht es darum, die direkten Duelle gegen die vermeintlich kleineren Mannschaften für sich zu entscheiden und so wichtige Punkte zu sammeln – auch wenn das natürlich nicht einfach ist. Ich war ja auch das ein oder andere Mal im Abstiegskampf und weiß, dass es insbesondere mental sehr schwierig ist. Aber ich hoffe, drücke die Daumen und bin auch überzeugt, dass es für Hertha möglich ist, die Klasse zu halten.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Lisa Surkamp-Erler, rbb Sport.
Sendung: rbb24, 25.02.2023, 18 Uhr
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