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Video: rbb24 | 13.02.2023 | Dennis Wiese | Quelle: rbb

Para-Schwimmerin Elena Semechin

Den Krebs besiegt

Im September 2021 gewann Elena Semechin Gold bei den Paralympics. Wenig später wurde bei ihr ein bösartiger Hirntumor festgestellt. Es folgten: Operation und Chemotherapie. Die ist nun überstanden. Zeit für große Ziele. Von Dennis Wiese

Die Energie und Lebensfreude von Elena Semechin sind beeindruckend. Die sehbehinderte Schwimmerin, die am paralympischen Bundesstützpunkt im Sportforum Hohenschönhausen trainiert, strahlt in jedem Moment: "Ich freue mich, dass ich irgendwie einen neuen Lebensabschnitt habe – ohne Chemo. Jetzt kann ich wieder ordentlich ins Training einsteigen", sagt Semechin im Interview mit rbb24.

Anfang Februar hat sie den letzten von zwölf schmerzhaften Zyklen der Chemotherapie hinter sich gebracht. Weitergemacht hat sie auch während der kräftezehrenden Krebsbehandlung. "Wir haben dann geguckt: Ok, wann sind welche Wettkämpfe und daran haben wir dann die Termine für die Chemotherapie ausgerichtet", so Semechin.

Im Juni 2022 gewann die Berlinerin bei der Para-Schwimm-Weltmeisterschaft sogar Silber. Zu der Zeit konnte sie etwa 70 Prozent ihres normalen Trainingspensums absolvieren. In den Monaten danach setzte die Chemotherapie ihr mehr zu. Mit dem Schwimmen aufzuhören, war dennoch keine Option. Im Dezember konnte Elena Semechin etwa 30 Prozent der normalen Trainingsleistungen abrufen.

"Ich bin unermesslich stolz auf sie"

Immer an ihrer Seite ist Trainer Philipp Semechin, der seit 2021 auch mit Elena verheiratet ist: "Ich bin unermesslich stolz auf sie, aus unterschiedlichen Gründen: menschlich ist sie toll, sie ist eine Kämpferin. Sie ist eine tolle Sportlerin. Sie ist von klein auf in ihrem Leben immer wieder aufgestanden, hat sich hochgekämpft aus den widrigsten Bedingungen heraus. Das hat sie stark gemacht, mit dieser schwierigen Diagnose umzugehen und trotzdem mit einem Lächeln in den Tag zu starten."

Berlins Sportlergala im Dezember 2022: Philipp und Elena Semechin | Quelle: IMAGO/Nordphoto

Geboren wurde Elena Krawzow in einfachen Verhältnissen in einem Dorf in Kasachstan. Mit sieben Jahren wurde bei ihr die seltene Erbkrankheit Morbus Stargardt festgestellt. Mittlerweile ist der Sehnerv, der für die Schärfe zuständig ist, abgestorben, die Netzhaut degeneriert. Die Schwimmerin hat eine Sehfähigkeit von zwei Prozent. Unscharf, verschwommen kann sie noch sehen, Farbe und Kontraste noch erkennen. Mit elf Jahren kam sie mit ihrer Familie nach Deutschland. Erst als Jugendliche hat sie mit dem Schwimmen angefangen. 2015, im Alter von 21 Jahren, zog sie nach Berlin, um für den Paralympischen Sport Club Berlin zu starten.

"Gefühlsexplosion", Semechin beim Fallschirmsprung | Quelle: Elena Semechin

Rammstein-Konzert, Tauchschein, Fallschirmsprung

Die vergangenen anderthalb Jahre waren dann eine emotionale Achterbahnfahrt für die junge Frau: Nach dem Sieg bei den Paralympics in Tokio folgte die Diagnose: bösartiger Hirntumor. Noch vor der Operation heiratete Elena Krawzow ihren Trainer Philipp Semechin. Die Ärzte befürchteten zunächst, dass die Schwimmerin nur noch ein Jahr zu leben hat.

Die Krebsbehandlung sorgte für ein schmerzhaftes Jahr 2022, in dem Elena Semechin auch die einst langen Haare ausfielen. Und doch wollte sie sich das Jahr so schön wie möglich machen: "Ich dachte, wenn ich schon so ein beschissenes Jahr mit Bestrahlung und Chemo habe, dann will ich mir ein paar Highlights setzen. Generell ist mir nach der Diagnose bewusst geworden: Es kann kein 'Später' mehr geben. Deswegen musst du alle Dinge, die du immer schon machen wolltest, jetzt machen."

Rammstein-Sänger Till Lindemann und Elena Semechin | Quelle: Elena Semechin

Semechin macht einen Tauchkurs, geht zu einem Rammstein-Konzert und trifft dabei deren Schock-Sänger und Frontmann Till Lindemann hinter den Kulissen. Besonders bleibt ihr ein Fallschirmsprung in Erinnerung: "Ich hatte ein bisschen Angst, muss ich gestehen. Aber das war so ein tolles Erlebnis. Das würde ich jedem empfehlen, der so ein bisschen einen Neustart braucht. Von den Emotionen und Gefühlen eine echte Explosion, das war echt cool."

Paralympics in Paris und eine Babypause

Nun, nach der letzten Chemotherapie, kann Elena Semechin das Trainingspensum langsam wieder steigern. Im August will sie bei der Para-Schwimm-WM in Manchester starten. 2024 soll dann bei den Paralympics in Paris die Titelverteidigung gelingen. Und was steht noch an? "Vielleicht auch irgendwann eine Babypause, mal gucken", sagt die 29-jährige mit einem mädchenhaften Kichern.

Ihre Haare reichen mittlerweile fast wieder bis zum Kinn. Den Krebs hat Elena Semechin vorerst besiegt. Alle paar Monate wird sie zur MRT-Untersuchung gehen. Irgendwann wird der Krebs aller Voraussicht nach zurück sein, auf den Bildern wieder sichtbar sein. Bis dahin können viele Jahre vergehen.

Jetzt kann und soll ein neuer Lebensabschnitt beginnen. Sehr bewusst und voller Lebensfreude, sagt auch Ehemann und Trainer Philipp Semechin, der während der Einheit mit seinen fünf paralympischen Schwimmern mit lauten Kommandos und Trillerpfeife am Beckenrand auf- und abläuft: "Wir leben, wir lieben, wir genießen, wir feiern, wir machen das Beste aus jedem Tag."

Sendung: rbb24, 13.02.2023, 18 Uhr

Beitrag von Dennis Wiese

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