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Quelle: IMAGO/JOKER

Interview | Landessportbund Brandenburg

"In den Corona-Jahren ist die Sehnsucht, Sport zu treiben, nochmal angestachelt worden"

Der Landessportbund Brandenburg hat nach der Corona-Krise Rekord-Mitgliederzahlen verkündet. Der Vorstandsvorsitzende Andreas Gerlach erklärt im Interview die Gründe und verrät, welche Investitionen auch in die Sportstätten geplant sind.

Neues Jahr, neue Daten: Mitte März veröffentlichte der Landessportbund Brandenburg (LSB) seine Mitgliederzahlen für das Jahr 2022. Erstmals mehr als 360.000 Mitglieder in den Brandenburger Sportvereinen und ein Plus von 16.600 Mitgliedern im Vergleich zum Vorjahr waren positive Nachrichten nach einer komplizierten Zeit für den Sport. Sie sind auch der Anlass für ein Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden des LSB, Andreas Gerlach.

rbb|24: Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie die Mitgliederzahlen des LSB für das Jahr 2022 betrachten?

Andreas Gerlach: Ich kann nur den Hut ziehen vor der Arbeit unserer vielen Vereine. Dass sie es geschafft haben, diese Mitgliederzahlen an sich zu binden, ist beeindruckend. Das muss man klar so sagen.

6.000 mehr als vor Corona-Pandemie

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Mehr als 360.000 Mitglieder insgesamt, ein großes Plus im Vergleich zu 2021 und mehrere Tausend Mitglieder mehr als vor Beginn der Corona-Pandemie. Wie ordnen Sie diese Zahlen ein?

Ich finde diese gesteigerte Anzahl an Mitgliedern sehr beachtlich, habe sie aber auch ein bisschen erwartet. In den Corona-Jahren ist die Sehnsucht, Sport zu treiben, nochmal angestachelt worden. Gleichzeitig konnten wir zu der Zeit aber einen kompletten Jahrgang an Kindern nicht in den Vereinen unterbringen. Die sind jetzt da und wollen natürlich Sport treiben.

Machen also junge Kinder statt älteren Rückkehrern den Großteil der 16.600 neuen Mitglieder in den Vereinen aus?

Im Bereich von null bis sechs und sieben bis 14 Jahren haben wir definitiv mit die größten Zuwächse. Das lässt sich klar auf die Entwicklungen der letzten Jahre zurückführen. Wer zurückgekommen und wer neu eingetreten ist, können wir leider nicht ganz exakt feststellen. Aber ich tendiere dazu, dass mindestens 80 Prozent neu in den Vereinen sind und etwa 20 Prozent wieder eingetreten sind.

Dabei gab es zu den Hochzeiten der Lockdowns und Kontaktbeschränkungen große Sorgen um die Sportvereine. Waren diese Sorgen im Nachhinein unberechtigt?

Nein, die Sorgen waren definitiv berechtigt. Es gab komplette Schließungen der Hallen und wir hatten über einen langen Zeitraum keine richtige Perspektive, wann sich was wie ändern würde. Da war der Zusammenhalt innerhalb der Vereine ganz wichtig. Man darf auch nicht vergessen, dass es teils wirklich gute Zeichen von der brandenburgischen Politik gab. Etwa die Corona-Hilfen, die es uns ermöglicht haben, unbürokratisch zu helfen, wenn Vereine drohten, insolvent zu gehen.

Es gab auch die Angst vor einer großen Flucht der Ehrenamtlichen aus dem Sport, wie man sie ja auch in anderen Branchen durchaus beobachten konnte. Wie ist der Trend hier?

Es ist zum Glück nicht so schlimm, wie es sich am Anfang angedeutet hat und vermuten ließ. Die Tendenz und Angst, Übungsleiter zu verlieren, war schon da. Nach dem Motto: "Ich kann im Verein jetzt nichts machen, was soll ich also noch hier." Der eine oder andere ist auch tatsächlich nicht mehr dabei, aber die großen Sorgen haben sich nicht bestätigt.

Dennoch dürfte das Ehrenamt auch für den LSB in den kommenden Jahren ein Thema bleiben. Gibt es Ihrerseits Überlegungen, wie sich beispielsweise ein Engagement als Trainer - insbesondere für junge Menschen - attraktiver machen lässt?

Da gibt es ja zwei Varianten: Die erste ist, das Ehrenamt staatlich anzuerkennen. Wir unterstützen etwa Konzepte wie Bildungsurlaub zum Erwerben oder Erweitern einer Trainerlizenz und auch Steuererleichterungen. Das können wir selbst aber natürlich nicht beschließen. Wir versuchen deswegen, vor allem unbürokratische Wege ins Ehrenamt zu schaffen. Da sind wir gut unterwegs, werden aber nicht alle Probleme lösen können. Ehrenamt bleibt also Ehrenamt und wird nie bezahlt, sondern höchstens bezuschusst werden.

Noch einmal zurück zu den steigenden Mitgliederzahlen: Mehr Nachfrage erzeugt bekanntlich mehr Bedarf. Welche Herausforderungen stehen für die kommenden Jahre auf der To-Do-Liste des Landessportbunds?

Neben der guten Betreuung unserer Vereine geht es natürlich vor allem um Sportstätten. Das ist natürlich nichts Neues, sondern in Brandenburg seit vielen Jahren so und auch von der Politik erkannt worden.

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Mit welchem Ergebnis?

Wir haben zum Beispiel den "Goldenen Plan Brandenburg", laut dem wir zwischen 2021 und 2024 insgesamt 25 Millionen Euro für den vereinseigenen Sportstättenbau bekommen. Da haben wir 134 Projekte in Bearbeitung, 89 von ihnen werden aktuell bereits bewilligt. Der Plan leistet zumindest einen Beitrag dazu, dass die Vereine mehr Mitglieder aufnehmen und ihnen bessere Bedingungen bieten können. Wir sind auch im Austausch mit der Landesregierung, dass dieses Projekt über 2024 hinaus weitergeht - weil weiterhin viel Bedarf da ist.

Ist dieser Bedarf in allen Teilen Brandenburgs gleich groß? Oder gibt es je nach Region große Unterschiede, was Sanierungsbedarf und strukturelle Probleme angeht?

Der Bedarf ist insbesondere im Berliner Speckgürtel und in unseren größeren Städten da. Ganz einfach, weil es dort zu einer Ballung von Sportvereinen kommt. Im ländlichen Raum hingegen konnten wir schon eine ganze Menge umsetzen.

Haben Sie denn schon eine Prognose, wie sich die Mitgliederzahlen Ihrer Vereine im Jahr 2023 entwickeln werden?

Ich gehe davon aus, dass sie sich weiterhin kontinuierlich positiv entwickeln werden. Mit einem solchen Sprung wie im letzten Jahr rechne ich zwar nicht, glaube aber sehr wohl, dass der brandenburgische Sport weiter wächst.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Jakob Lobach.

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