Neuer Mietvertrag kurz vor der Unterschrift
Alba Berlin ist der bekannteste deutsche Basketballklub, zuletzt dreimal in Folge deutscher Meister geworden - und hätte ab Sommer ohne Halle dastehen können. Der Mietvertrag in der Mercedes-Benz-Arena läuft aus. Nun scheint es eine Einigung zu geben. Von S. Schneider
Alba Berlin steht nach monatelangen Verhandlungen vor der Unterschrift eines neuen Mietvertrages in der Mercedes-Benz-Arena. Der Sprecher des Eigentümers der Arena in Berlin, der Anschutz Entertainment Group (AEG), bestätigte rbb|24 auf Anfrage entsprechende Aussagen des Alba-Geschäftsführers Marco Baldi.
Dieser hatte am Montag im Podcast "Abteilung Basketball" gesagt: "Wir werden das schaffen und das wird sehr bald, denke ich, über die Bühne gehen" [audio.podigee-cdn.net]. Man sei dran, dass Alba "mittelfristig in der Mercedes-Benz-Arena weiterspielen" werde. "Das sehen wir auch so. Alle Partner sind zuversichtlich, dass das zu einem guten Ende kommt", sagte der Anschutz-Sprecher Moritz Hillebrand rbb|24.
Es gebe noch letzte Punkte "endzuverhandeln", wann der Vertrag genau unterschrieben werden könne, sei noch offen, wohl innerhalb der nächsten Wochen. Wie lange er gelten soll, sagte Hillebrand nicht, auch Alba äußerte sich auf Anfrage von rbb|24 nicht dazu. Nach rbb-Informationen soll es um mehrere Jahre gehen.
Der aktuelle Mietvertrag des zuletzt dreifachen deutschen Meisters und Euroleague-Teilnehmers endet nach dieser Saison, bislang ist nicht klar, wo Alba seine Heimspiele ab dem Herbst austrägt. "Wir haben Alba immer gesagt: Die Tür ist offen - es ist halt nur nicht mehr wie früher", sagte Hillebrand.
"Nicht mehr wie früher" heißt nichts anderes als: Alba wird künftig mehr Miete bezahlen müssen. Wieviel mehr, wollte Anschutz auf Nachfrage nicht sagen, auch Alba schweigt dazu. "Natürlich wird es teurer. Der Grund, warum wir den Mietvertrag mit Alba gekündigt haben, war ja, dass die Konditionen nicht mehr darstellbar waren", sagte Hillebrand.
Seit der Eröffnung der Halle 2008 tragen die Berliner dort fast alle ihrer Heimspiele aus. Für sie waren die Konditionen des alten, langjährigen Mietvertrags vorteilhaft, für Anschutz immer weniger. Mit Konzerten verdient der internationale Unterhaltungskonzern mehr als mit den Basketballern. Auch die Spiele des zweiten Ankermieters, der Eisbären Berlin, bringen im Durchschnitt mehr ein - noch dazu gehört der Eishockey-Klub Anschutz komplett. Deshalb hatte Anschutz den Vertrag mit Alba Berlin beendet, gegen dessen Willen.
Ein Schiedsgericht hatte den Streit im Sinne von Anschutz beigelegt. Seitdem gab es laut beiden Partnern zwei Verlängerungen um jeweils ein Jahr. Unter anderem, um Alba wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie entgegenzukommen, sagte Hillebrand. Auch Baldi erklärte im Podcast, man habe die letzten ein, zwei Jahre improvisiert.
Der Berliner Senat hatte für sich reklamiert, entscheidend daran beteiligt gewesen zu sein, dass Alba überhaupt noch in der Mercedes-Benz-Arena spielen kann. Diese im Sportausschuss geäußerte Interpretation scheint die zuständige Senatorin Iris Spranger (SPD) allerdings recht exklusiv zu haben. "Wir haben das mit einiger Verwunderung zur Kenntnis genommen. Wir haben nie jemandem vom Senat am Verhandlungstisch sitzen sehen", sagte der Anschutz-Sprecher Hillebrand rbb|24.
Der Sportausschuss strich das Thema bei seiner letzten Sitzung im Februar von der Tagesordnung und vertagte es. Der Sprecher der zuständigen Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport reichte rbb|24 am Freitagnachmittag verspätet die Antwort nach, die Verwaltung sei "mehrfach initiativ auf beide Parteien zugegangen" um das Problem zu lösen.
Die Verhandlungen zogen sich mit Pausen über etwa zehn Monate, natürlich ging es dabei vor allem ums Geld, wie beide Seiten sagen. Der Senat prüfte in der Zeit auch den Umbau von Ersatzspielstätten wie Albas alter Heimat, der Max-Schmeling-Halle, und sogar des Velodroms - für den Fall, dass die Gespräche zwischen Anschutz und Alba scheiterten. Die Radsporthalle aber ist für Basketballspiele nur theoretisch attraktiv und käme laut Senat als Spielort für Alba nur "nach erheblichen baulichen Veränderungen in Frage", teilte der Sprecher der Innenverwaltung am Freitagnachmittag mit.
In der Schmeling-Halle wiederum spielen bereits die Füchse Berlin und die BR Volleys, beide müssten damit einverstanden sein, dass mit Alba ein dritter Klub öfter dazukommt. Ein Gutachten im Auftrag des Senats sollte klären, ob durch den Einsatz eines neuartigen Glasbodens die Umbauzeiten zwischen den Spielen in der Schmeling-Halle deutlich verkürzt werden könnten. So könnte man für Alba mehr Ausweichspiele in den Terminplan quetschen.
Dieses Gutachten hätte eigentlich schon bis Ende 2022 vorliegen sollen, der Senat konnte allerdings erst nun, Mitte April, auf Anfrage Ergebnisse vorlegen: "Der Einbau eines Glasbodens wäre eine erhebliche Investition, die sowohl Vorteile wie auch Nachteile mit sich brächte", teilte der Sprecher am Freitagnachmittag mit. Es gebe weitere Untersuchungen. Der Eindruck liegt nahe: Eine echte Alternative zur Mercedes-Benz-Arena hatte Alba zu keinem Zeitpunkt.
Auf die Frage, warum es bis zur bevorstehenden Einigung so lange gedauert hat, sagte der Anschutz-Sprecher Hillebrand, die Sache sei schlichtweg nicht dringender gewesen: "Hätten wir uns im Februar einigen müssen, hätten wir das auch geschafft. Aber die Saison läuft ja noch". Anschutz allerdings war dabei auch in der komfortableren Situation als Alba - und hatte keinen Zeitdruck. Es gebe noch immer einen deutlichen Stau von Veranstaltungen durch die Corona-Pandemie, die Arena sei gut gebucht, sagte Hillebrand. Immer noch würden jede Menge Shows nachgeholt.
Wie der Klub künftig die höhere Miete stemmen will, wird nun interessant. Marco Baldi erklärte, die Bedingungen würden wirtschaftlich betrachtet nicht besser für den Klub, "und da muss man dann eben sehen, wie man das kompensiert." Genauer wurde er nicht. Die Ticketpreise für manche Blöcke zum Beispiel wurden vor der laufenden Saison leicht erhöht, die Dauerkartenpreise nicht, aus Dank für die Treue der Fans in den Pandemiejahren. Aber die deutlich gestiegenen Kosten durch Energiepreise und Hallenmiete könnte Alba auch durch höhere Ticketeinnahmen nicht kompensieren. Das gibt der Markt nicht her.
Dazu kommt: Sieben Spielerverträge enden im Sommer. Der Bundesliga-Tabellenführer braucht gleichwertigen Ersatz, um das hohe Niveau, das er in den letzten Jahren immer wieder nachgewiesen hat, halten zu können. Bei aller Kunstfertigkeit des Sportdirektors Himar Ojeda, Talente auszugraben: Das geht vor allem über die Strahlkraft der Euroleague und dort konkurrenzfähig zu sein, kostet eine Menge Geld. Albas "Wildcard" in der Euroleague läuft im Sommer aus, am Donnerstag haben die Berliner ihr letztes Saisonspiel gegen Villeurbanne gewonnen, sie schlossen die Spielzeit als 16. von 18 Teams ab.
Alba würde gerne dabei bleiben, am liebsten mit einer A-Lizenz, also einer dauerhaften Mitgliedschaft, verbunden mit dem Kauf von Anteilen - die dementsprechend kosten. Langfristig amortisieren sich diese Ausgaben aber, weil die Mitglieder mehr Marketingeinnahmen der Liga kassieren. Die Berliner betonen immer wieder, das niedrigste Budget aller Euroleague-Klubs zu haben. Ihr deutscher, wesentlich wohlhabenderer Hauptkonkurrent FC Bayern hat diese A-Lizenz bereits, noch dazu wird er ab 2024 in einer neuen Arena im Olympiapark spielen [br.de].
Zugleich ist eine Halle wie die Mercedes-Benz-Arena mit ihren 14.500 Plätzen und ihren Vermarktungsmöglichkeiten in der Metropole Berlin für das Business Euroleague attraktiv. Erst Ende Mai, Anfang Juni entscheiden die zwölf Klubs mit einer A-Lizenz über den Verbleib von Alba. "Wir gehen davon aus, dass wir auch nächste Saison dort spielen werden", sagte Baldi. Und das aller Voraussicht nach wieder in der gleichen Halle.
Beitrag von Sebastian Schneider
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