Umbruch bei den Eisbären
Nach einer enttäuschenden Saison planen die Eisbären bereits die neue Spielzeit. In der wollen sie aus ihren Fehlern lernen und dafür verstärkt auf deutsche Spieler setzen. Zwei Transfers von Nationalspielern dürften bald verkündet werden. Von Lisa Surkamp-Erler
Erst in die Schweiz, dann nach Österreich und nach Schweden: Was klingt wie ein abwechslungsreicher Urlaubstrip, ist für Eisbären-Sportdirektor Stephane Richer Arbeitsalltag. Denn auch wenn die neue Saison mit Start im September noch weit weg ist, hat sie für die Führung des Vereins längst begonnen. Und so hat Richer bereits eine kleine Europa-Reise hinter sich, um sich nach möglichen Verstärkungen für seinen Kader umzusehen. Zeit dafür hat er genug. Denn nach dem schlechtesten Abschneiden seit über 20 Jahren und dem Verpassen der Playoffs ist die Sommerpause für die Berliner diesmal ungewöhnlich lang - und gleichzeitig auch bitternötig.
Denn eine Frage musste dringend geklärt werden: Warum hat es der Titelverteidiger nicht unter die besten zehn Teams der Liga geschafft? Eine Erkenntnis der umfangreichen Analyse: "Ich habe nicht die richtigen Spieler ausgesucht, sonst hätten wir nicht die Playoffs verpasst", sagt Richer selbstkritisch und glaubt zudem, "dass wir nach den zwei Meisterschaften vielleicht ein bisschen den Start unterschätzt haben." Zudem hätte dem Team das Tempo im Spiel gefehlt. Und auch Geschäftsführer Thomas Bothstede räumt ein: "Wir haben natürlich Fehler gemacht." Verfolgt vom Verletzungspech gerieten die Eisbären irgendwann in einen "Negativstrudel, aus dem man nicht mehr rauskam".
Die Reaktion auf das frühe Saisonaus war deutlich: Bereits elf Spieler haben die Eisbären verlassen. "Es ist ein größerer Umbruch, als wir das eigentlich wollten", erklärt Bothstede. Die Verträge mit Matt White und Kevin Clark, zweit- bzw. viertbeste Berliner Scorer der Saison, wurden sogar aufgelöst. "Das war keine leichte Entscheidung", erklärt Richer, aber "nach so einer Saison mussten wir diesen Umbruch machen". Dabei waren nicht alle Abgänge von den Berlinern so gewollt. Stürmer Bennet Roßmy, von der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zum Rookie des Jahres gewählt, und Torhüter Tobias Ancicka haben sich im Laufe der Saison beide weiterentwickelt. "Wir wollten, dass beide bleiben", so Richer, "aber sie haben entschieden, woanders hinzugehen."
Inzwischen geht der Blick in der Hauptstadt längst nach vorn. "Man merkt, dass wieder ein bisschen Aufbruchstimmung herrscht", freut sich Bothstede. Fünf Neuzugänge konnten die Berliner bereits präsentieren, darunter mit Tobias Eder und Lean Bergmann zwei deutsche Stürmer mit Nationalmannschaftserfahrung. "Wir werden uns bei den deutschen Spielern etwas breiter aufstellen, dass Spieler wie Marcel Noebels oder Leo Pföderl mehr Unterstützung von deutscher Seite bekommen", erklärt Richer seine Strategie und kündigte noch die Verpflichtung eines weiteren "sehr guten deutschen Stürmers" an. Nach rbb-Informationen ist sich der Rekordmeister mit Frederik Tiffels, zuletzt Meister mit München, bereits einig. Dazu kehrt mit Blaine Byron ein bekannter Stürmer nach Berlin zurück. Einen guten Center und einen Außenstürmer will Richer für sein Team noch finden.
Die Verteidigung ist bereits fast komplett. Mit Ben Finkelstein wurde ein Offensiv-Verteidiger verpflichtet. Zudem kehrt nach rbb-Informationen mit Kai Wissmann ein langjähriger Berliner zurück. Im Tor ist mit Nikita Quapp, der laut Richer "die Qualität hat, die Nummer eins der Liga zu werden" und mit Jonas Stettmer von Vize-Meister Ingolstadt ein junges Duo bereits verpflichtet. Dazu soll noch ein ausländischer Goalie geholt werden, "damit wir eine gute Konkurrenz haben".
Anders als in der letzten Saison will er diesmal aber zwei oder drei der elf möglichen Ausländerlizenzen noch offen lassen, um sich mehr Handlungsspielraum zu erhalten.
Offen ist noch, wie es mit Kapitän Frank Hördler weitergeht. "Wir warten noch, dass er seine Entscheidung trifft", so Richer, der sich mit dem 38-Jährigen in Gesprächen befindet.
Spätestens bis zum 1. August soll der Kader komplett sein. Dann starten in Berlin alle Profis in das gemeinsame Training. "Wir planen für unsere Vorbereitung, dass wir mehr hier in Berlin bleiben und nicht so viel reisen", verrät Richer. Dann soll das Team zu einer Einheit zusammenwachsen, die vom ersten Tag an bereit ist.
Mit der Zielsetzung halten sich die Eisbären allerdings noch zurück. "Ich glaube, das Wort Meisterschaft sollten wir nicht in den Mund nehmen, wenn man Elfter geworden ist", sagt Geschäftsführer Bothstede. "Aber wir sollten uns schon sicher für die Playoffs qualifizieren. Das muss einfach unser Anspruch sein."
Sendung: rbb24, 11.05.2023, 18 Uhr
Beitrag von Lisa Surkamp-Erler
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