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Audio: rbb24 | 15.05.2023 | Auszug aus dem Interview mit Joyce Hübner | Quelle: Joyce Hübner

Interview | Extremläuferin Joyce Hübner

Berlinerin will in 140 Tagen deutsche Grenze ablaufen

Vor gut zwei Wochen ist die Berlinerin Joyce Hübner in ein Mammut-Laufprojekt gestartet: In 140 Tagen will sie die deutsche Grenze ablaufen. Im Interview erzählt die 35-Jährige, wie sie auf diese Idee kam und welche Herausforderungen sie dabei erwarten.

rbb|24: 120 Marathons in 140 Tagen, 5.200 Kilometer entlang der deutschen Grenze – wie kommt man auf diese verrückte Idee?

Joyce Hübner: Tatsächlich kam die Idee von meinem Freund. Das war eine Schnapsidee im Biergarten. Wir hatten uns über andere großartige Projekte und Läufer unterhalten und dann schlug er vor, dass ich doch einmal um Deutschland laufen sollte, weil das bisher noch niemand gemacht hätte. Seitdem wollte ich das in Angriff nehmen und aus der Schnapsidee wurde dann tatsächlich Wirklichkeit.

Haben sie zuvor schonmal etwas vergleichbares gemacht oder ist es ihr erstes extremes Laufprojekt?

Naja, diese Art Etappenlauf habe ich zuvor noch nicht gemacht. Aber es war schon der ein oder andere Marathon dabei. Um genau zu sein 18. Auch zwei Ultramarathons und Ultra-Trail-Läufe habe ich schon absolviert. Also von allem ein bisschen etwas, aber bei weitem nicht so extrem, wie jetzt das Pensum ist.

Und trotzdem haben Sie sich die Schnapsidee sofort zugetraut?

(lacht) Nein, da musste ich schon eine Weile drüber nachdenken. Ich habe mir vorher angeschaut, wo die Grenze lang geht und was das ungefähr für mich bedeutet. Von dem Spruch im Biergarten bis zu dem Entschluss, es wirklich zu tun, sind bestimmt drei Monate vergangen. Aber in dieser Zeit habe ich mich schon intensiv damit beschäftigt und mir gesagt, dass am Ende das meiste Kopfsache sind. Die Muskeln und der Knochenbau werden sich schon daran gewöhnen.

Wie sieht das Training für diese Mammut-Aufgabe aus? Geht man einfach laufen?

Ja, Ich bin eigentlich nur laufen gewesen. Dabei habe ich aber schon immer längere Strecken absolviert und versucht, 100 bis 120 Kilometer in der Woche zu schaffen. Das bedeutet Minimum 20 Kilometer pro Lauf. Nebenbei bin ich auch noch ein bisschen Rennrad gefahren und war auf dem Hometrainer. Und im Fitnessstudio, da war ich immer an einem Gerät zum Treppen steigen, weil Berlin ja sehr flach ist und ich sonst keine Höhenmeter trainieren konnte. Natürlich reicht das lange nicht, um topfit für das Projekt zu sein. Der größte Teil kommt dann auf der Strecke selbst.

Wie läuft das organisatorisch? Haben Sie die Strecke schon komplett durchgeplant?

Ich versuche möglichst auf der Grenze zu laufen. Manchmal gibt es dort kein Durchkommen, dann nehme ich den nächstmöglichen Weg, wenn es nicht gerade eine Bundesstraße oder Autobahn ist. Im besten Fall laufe ich aber direkt auf der Grenze. Da kann es schon auch mal passieren, dass ich so 1.000 bis 1.600 Höhenmeter mache, weil eben die Grenze genau über einen Berg verläuft. Ich laufe über Straße, Stock und Stein. Es waren schon Untergründe aller Art dabei.

Laufen Sie ganz allein oder haben Sie Mitstreiter?

Ich habe versucht, das Ganze auf meinen Social-Media-Kanälen publik zu machen und jeden eingeladen mitzumachen. Natürlich auch ein bisschen aus Selbstnutzen, weil es deutlich einfacher fällt, wenn Menschen mit dabei sind und man sich gegenseitig motivieren kann. Jetzt haben wir gerade Tag 13 des Projekts und es gab bis jetzt nur zwei Tage, wo niemand mit dabei war. Manchmal laufen die Menschen nur ein kleines Teilstück mit, aber auch das ist natürlich super. Am Wochenende sind aber auch Leute den kompletten Marathon mitgelaufen.

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Laufen Sie jeden Tag die gleiche Distanz und wie sieht es mit Ruhetagen aus?

Genau. 120 Marathons in 140 Tagen. Also habe ich 20 Ruhetage eingeplant, wobei ich mich da jetzt noch gar nicht so genau festlegen will. So weit es gut läuft, will ich sechs Tage am Stück durchziehen und dann einen Tag Pause machen. Gestartet bin ich in Frankfurt Oder und bin jetzt gerade in Sachsen. Wenn ich in den Alpen angekommen bin, werde ich wohl ein paar Pausentage mehr einlegen müssen. Sobald es dann wieder flacher wird, laufe ich vielleicht auch mal acht Tage am Stück.

Ein kleiner Teil der Strecke ist also schon absolviert und sie haben ein Gefühl für die Aufgabe bekommen. Zweifeln Sie schon manchmal daran, ob Sie es wirklich schaffen werden?

Nein, bis jetzt noch nicht. Es gibt natürlich Tage, die hart an der Schmerzgrenze sind. Aber da stellt sich immer die Frage, ob das ein Schmerz ist, weil man keine Lust hat, einem langweilig ist oder es nervt, oder ist es ein echter körperlicher Schmerz, der bleibende Schäden hinterlässt. Bis jetzt waren es wohl eher miese Stimmungen und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich das schaffe. Natürlich wird es wehtun und schlimme Augenblicke geben, aber ich habe das große Ziel vor Augen. Und wenn ich am Ende einen Marathon wandern oder langsam laufen muss, ist es mir egal. Hauptsache ich erreiche mein Ziel.

Abseits von den Schmerzen: Gibt es auch ernstere gesundheitliche Bedenken und haben Sie sich vorher medizinisch beraten lassen?

Ich habe mich vorher sportmedizinisch durchchecken lassen und war in allen möglichen Testzentren, die es so gibt. Bis jetzt haben alle gesagt, dass es rein körperlich gut aussieht und ich fit bin. Was aber auf dem Weg passiert, weiß niemand. Ich versuche, auf meinen Körper zu hören und den langwierigen vom kurzweiligen Schmerz zu unterscheiden. Es ist ein bisschen tricky, aber wenn man auf sich hört, wird das schon irgendwie funktionieren.

Wie lässt sich der zeitliche Aufwand des Mammut-Projekts mit ihrem alltäglichen Leben vereinbaren? Gehen Sie trotzdem einem normalen Job nach?

Ja, tue ich. Ich habe Anfang des Jahres dann meine Arbeitszeit reduziert, damit ich anständig trainieren kann. Und jetzt für die Zeit, in der ich unterwegs bin, habe ich unbezahlten Urlaub genommen. Alles andere wäre auch nicht möglich gewesen. Kurz habe ich darüber nachgedacht, ob ich remote arbeiten könnte, aber das lässt mein Job gar nicht zu.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Lukas Witte, rbb Sport.

Sendung: rbb24, 16.05.2023, 21:45 Uhr

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