Kommentar | Union in der Champions League
Um 17:23 Uhr gab es in Köpenick kein Halten mehr. Nach dem Sieg gegen Bremen spielt der 1. FC Union Champions League. Ein einzigartiges Fußball-Märchen, das die Eisernen dennoch nicht abheben lassen wird, kommentiert rbb|24-Inforadio-Sportreporter Lars Becker.
Es ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte - ja, es ist ein Fußball-Märchen, das der "kleine" 1. FC Union da gerade schreibt, Kapitel für Kapitel. Auf den Tag genau vier Jahre nach dem ersten Bundesliga-Aufstieg der Vereinsgeschichte entern die Eisernen aus Berlin-Köpenick die Beletage des europäischen Fußballs: Champions League! Es ist die Krönung einer geradezu surrealen Reise, die ausschließlich eine Richtung kennt - nach oben: Aufstieg, Klassenerhalt, Conference League, Europa League und jetzt der vorläufige Höhepunkt Champions League.
Das kann doch nicht immer so weitergehen! Wie oft habe ich das kopfschüttelnd gedacht. Wann endet dieser atemberaubende Höhenflug? Wann kommt die sportliche Delle, der Einbruch? Und es ging einfach weiter, weiter, immer weiter.
Der Erfolg ist das Resultat der Arbeit von vielen Beteiligten an den unterschiedlichsten Stellen, in den verschiedensten Funktionen. Aber drei Personen sind maßgeblich für diese Traumstory verantwortlich: Präsident Dirk Zingler, Sportdirektor Oliver Ruhnert und Trainer Urs Fischer.
Drei unterschiedliche Persönlichkeiten mit klar abgesteckter Zuständigkeit, die in den letzten Jahren nahezu alles richtig gemacht und mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln und Möglichkeiten verblüffende Resultate erzielt haben. Zingler, der Macher, der den Verein führt und weiterentwickelt. Ruhnert, der mit seinem Netzwerk und herausragenden Transfers die Qualität des Kaders sukzessive verbessert. Und Fischer, der diese Spieler tatsächlich besser macht und zu einem Team verbindet, das mehr ist als die Summe seiner Teile. "Ein Verein ist meist gut, wenn die Führung souverän ist", so hat Zingler die Basis der Erfolge gerade genauso schlicht wie zutreffend zusammengefasst.
Diese Erfolgsserie hat die Eisernen jetzt bis in die Champions League getragen. Der Klub kann sich über Millioneneinnahmen in bislang unbekannten Dimensionen freuen, die Fans auf Duelle mit ganz großen Klubs des europäischen Fußballs: Real oder Barca, ManCity oder ManUnited, Inter, Milan oder PSG - unvergessliche Auswärtsfahrten inklusive.
Längst ist der 1. FC Union die Nummer eins im Berliner Fußball. Der wahre - wenn der Begriff nicht so verbrannt wäre - "Big City Club". Aber: Union wird nicht abheben, nicht die Bodenhaftung verlieren, dafür stehen die Verantwortlichen - und auch die Fans der Eisernen können dieses vielleicht einmalige Erlebnis einordnen. Ein Geschenk, ein großes Glück.
Irgendwann werden die Himmelsstürmer aus Köpenick an ihre sportlichen Grenzen stoßen. Es kann gar nicht anders sein. Aber darum geht's jetzt nicht. Jetzt ist der Moment, um einfach nur zu genießen.
Sendung: rbb Spezial - Union feiert, 27.05.2023, 20:15 Uhr
Beitrag von Lars Becker
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