Der sichere Bundesliga-Absteiger Hertha BSC geht am Samstag ersatzgeschwächt ins Saison-Finale beim VfL Wolfsburg. Coach Dardai sprach von einer "Scheißwoche", Sportdirektor Weber fordert ein letztes Mal Professionalität und Seriosität.
Das Thema der Woche
Auf der Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel seiner Mannschaft beim VfL Wolfsburg nahm Hertha-Trainer Pal Dardai am Donnerstag, wie gewohnt, kein Blatt vor den Mund: "Ich sage ganz ehrlich: Das ist eine richtige Scheißwoche", so der Ungar. Die Ursachen dafür liegen auf der Hand: Durch das 1:1-Unentschieden gegen den VfL Bochum stehen die Berliner bekanntermaßen als erster, sicherer Bundesliga-Absteiger fest – unabhängig davon, wie das blau-weiße Saisonfinale am Samstag (15:30 Uhr) ausgehen wird. Hinzu kommt, dass die Lizenz für die kommende Zweitliga-Saison nach wie vor alles andere als in trockenen Tüchern ist.
Nach dem sportlichen Abstieg kommt Hertha noch lange nicht zur Ruhe. Der Aufschub einer 40-Millionen schweren Anleihen-Rückzahlung soll die Lizenz retten. Papiere mit der entsprechenden Bitte an die Gläubiger bieten Einblicke in die Planungen des Klubs. Von Simon Wenzel
Trotz allem betonte Sportdirektor Benjamin Weber: "Es ist der 34. Spieltag, das letzte Spiel der Saison – das gilt es seriös und professionell anzugehen." Alle weiteren offenen und zukunftsweisenden Fragen – insbesondere auch die Frage, mit welchem Trainer Hertha BSC die Mission Wiederaufstieg starten wird – werden die Verantwortlichen nach dem Saisonabschluss besprechen und Antworten kommunizieren, so Weber weiter.
Der Gegner
In Wolfsburg wartet zum Saisonabschluss ein alter Bekannter an der Seitenlinie auf Hertha-Trainer Dardai. VfL-Coach Niko Kovac ist gebürtiger Berliner und spielte von 1991 bis 1996 sowie von 2003 bis 2005 für die Blau-Weißen. Während seines zweiten Engagements bei Hertha agierte Kovac dabei im Mittelfeld oft an der Seite von Dardai.
Deshalb dürfte Kovac, den Umständen entsprechend, einigermaßen erleichtert gewesen sein, dass sein Ex-Klub bereits am vergangenen Spieltag abgestiegen ist - und es nun nicht seine Mannschaft sein wird, die Hertha den Gnadenstoß verpasst. Schließlich muss der VfL die Partie gegen die Berliner dringend für sich entscheiden, um noch ein Ticket für das europäische Geschäft lösen zu können.
Was sich lange andeutete, ist nun Gewissheit: Hertha BSC muss den Gang in die 2. Liga antreten. Die Berliner stehen vor mehreren Fragezeichen was Kader, Trainerpersonalie und Wirtschaftlichkeit angeht - und die Zeit rennt. Von Marc Schwitzky
So oder so können die Wolfsburger mit ihrer Leistung in dieser Saison aber zufrieden sein. Nachdem sie in der letzten Spielzeit nur auf einem enttäuschenden zwölften Platz landeten, führte Kovac die Niedersachsen nun wieder weiter nach oben. Vor allem das Toreschießen scheinen die Wölfe wieder für sich entdeckt zu haben. Mit 56 Treffern sind sie derzeit das fünft-torgefährlichste Team der Liga. Die Wölfe-Fans dürften, aufgrund der eklatanten Abwehrschwäche der Berliner, wohl auch am 34. Spieltag wieder das eine oder andere Tor zu bejubeln haben.
Zum Angeben
Seit dem gemeinsamen Aufstieg 1997 feierte Hertha nirgends mehr
Auswärtssiege als in Wolfsburg (7). Das ist aber auch schon das Einzige, was für einen Sieg
zum Saisonausklang spricht. Seit dem Wiederaufstieg 2013 verloren die Berliner nämlich
acht ihrer neun Partien am 34. Spieltag (ein Unentschieden).
Letztmals einen Sieg zum Saisonabschluss feierten die Herthaner 2012, als sie sich durch einen 3:1-Erfolg gegen die TSG Hoffenheim noch von Platz 17 auf 16 verbessern konnten, dann aber in der Relegation gegen Fortuna Düsseldorf abstiegen. Ein derartiger Sprung in der Tabelle liegt am Samstag aber eben nicht mehr im Bereich des Möglichen.
Personal
Bei Hertha fehlen:
Die Aufstellung
Für das vorerst letzte Erstliga-Spiel von Hertha BSC stehen Dardai bei weitem nicht alle Akteure zur Verfügung. Insbesondere in der Innenverteidigung ist die Personalnot groß: Ob Marc Oliver Kempf und Agustin Rogel einsatzbereit sein werden, ist noch fraglich. Marton Dardai (Wadenprobleme) und Filip Uremovic (Gehirnerschütterung) reisen gar nicht erst mit nach Niedersachsen.
Als Ersatz stünden die beiden Nachwuchsspieler Pascal Klemens und Joel da Silva Kiala bereit. Dardai werde das Spiel gegen Wolfsburg in jedem Fall nochmal dazu nutzen, einigen Nachwuchsspielern zu Einsatzzeit zu verhelfen und ihnen so "einen Moment" zu schenken. Insbesondere dem hochgeschätzten Talent Ibrahim Maza stellte der 47-Jährige eine Halbzeit in Aussicht.
So könnte Hertha beginnen:Christensen – Kenny, Rogel, Kempf, Plattenhardt – Tousart, Serdar – Lukebakio, Jovetic, Richter – Ngankam
Die Prognose
Auch wenn Hertha in Wolfsburg befreit aufspielen kann, werden die Hausherren - die sich ihrerseits noch für das internationale Geschäft qualifizieren können - keine Trostpreise verteilen.
Der rbb|24-Tipp: Die "Alte Dame" verabschiedet sich mit einer 1:3-Niederlage aus der 1. Fußball-Bundesliga.