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Quelle: imago images/MIS

Herthas Restprogramm im Abstiegskampf

Vier Spiele für ein Halleluja

Vier Spieltage bleiben Hertha BSC, um den Abstieg in die 2. Bundesliga doch noch zu verhindern. Doch dafür dürfen die Berliner kaum noch Punkte liegen lassen - sie treffen dabei auch noch auf zwei direkte Konkurrenten. Ein Ausblick.

Für Hertha BSC stehen die Wochen der Entscheidung an: Klassenerhalt, Relegation oder direkter Abstieg? Letzteres ist gerade am wahrscheinlichsten, aber den Berlinern bleiben noch vier Spiele, um sich entgegen aller Erwartungen in der Liga zu halten. Das Budget für Fehler und Ausrutscher ist dabei allerdings aufgebraucht - denn die Ausgangslage könnte kaum schwieriger sein.

Hertha ist Tabellenletzter mit nur 22 Punkten. Im Endspurt müssen nun mindestens sechs Zähler dazukommen, um noch eine Chance auf den Ligaverbleib zu haben. Für den braucht die Mannschaft von Pal Dardai nicht nur eigene Siege, sondern auch Patzer der Konkurrenten im Abstiegskampf. Ein Blick auf das Restprogramm verrät: Zumindest zweimal haben die Berliner selbst noch die Chance, sich gegen Kellernachbarn zu beweisen. Abseits davon heißt es wohl: wünschen und hoffen.

31. Spieltag: Zuhause gegen den VfB Stuttgart

Die erste Aufgabe dieses äußerst verzwickten Unterfangens lässt sich direkt der Sparte Pflichtsieg zuordnen. Denn die Partie gegen den VfB Stuttgart könnte zum sogenannten Sechs-Punkte-Spiel werden (Spoiler: es gibt aber auch da nur drei). Mit einem Sieg im Olympiastadion würde sich Hertha bis auf drei Punkte an die Schwaben heranwanzen und damit gleich mal kräftig den Druck auf diese erhöhen. Denn eine Woche später muss der VfB gegen die Leverkusener ran. Und für die geht es noch um die Teilnahme am Europapokal. Keine leichte Aufgabe für Dardais Kollege Hoeneß junior - und wohl noch schwieriger, wenn man die Berliner noch an den Hacken hat.

Eigentlich - wieder so eine Hoffnung - weiß Hertha schon, wie man gegen die Stuttgarter einen solchen Sieg fabriziert. Bereits im vergangenen Jahr empfingen die Berliner am 31. Spieltag die Stuttgarter zu einem tadellosen Abstiegskracher im Olympiastadion. Der Trainer Felix Magath guckte schweigend zu, Davie Selke und Ishak Belfodil schossen die Tore zu einem wichtigen 2:0-Erfolg. Alle drei sind längst weg. Aber die Fans der blau-weißen werden sich trotzdem eine Wiederholung wünschen.

0:2-Niederlage

Hertha letztlich chancenlos in München

Ein Erfolgserlebnis blieb Hertha-Trainer Pal Dardai auch im zweiten Spiel nach seiner erneuten Rückkehr verwehrt. Doch beim Gastspiel in München stimmte über weite Teile der Partie zumindest die Defensiv-Leistung.

Daumen drücken für schwere Beine

Dabei könnte den Berlinern in die Karten spielen, dass der VfB kurz zuvor mit voller Kraft gefordert ist. Am Mittwochabend trifft er im DFB-Pokalhalbfinale auf Eintracht Frankfurt. Pal Dardai und sein Gefolge dürften vor den Fernsehern auf ein Elfmeterschießen hoffen - damit die Stuttgarter möglichst ausgepowert ihre Dienstreise nach Berlin antreten.

Erschöpfte Gäste wären dem Tabellenletzten äußerst dienlich, denn anders als Hertha sind die Schwaben seit dem letzten Trainerwechsel in Top-Form. Sebastian Hoeneß hatte den Job nach einer Niederlage gegen den 1. FC Union vom ewigen Bruno Labbadia übernommen. Seitdem hat das Team nicht mehr verloren. Auch die Tordifferenz des VfB ist deutlich besser als die der Berliner, weshalb es in der Endabrechnung mehr als Punktgleichheit brauchen wird, um die Stuttgarter zu überholen. Sollten sie im Olympiastadion drei Zähler bewerkstelligen, wäre ihr Klassenerhalt wohl besiegelt - und der Abstieg der Hertha erdrückend wahrscheinlich.

32. Spieltag: Auswärts beim 1. FC Köln

Aber angenommen Hertha schafft gar einen Heimsieg: Im folgenden Auswärtsspiel gegen den 1. FC Köln muss die Mannschaft gleich weiter punkten. Nur mit mindestens einem Unentschieden kann sie den Abstand auf den rettenden 15. Platz oder zumindest den Relegationsplatz weiter verringern oder sogar aufholen. Dann, wenn der VfL Bochum an diesem 32. Spieltag zu Hause gegen Augsburg patzen und der VfB gegen Leverkusen verlieren sollten. Das Problem: Für den 1. FC Köln geht es aller Voraussicht nach zu diesem Zeitpunkt noch um den sicheren Klassenerhalt.

Denn aktuell belegt Köln Platz elf mit 35 Punkten und hat sieben Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz. Kommende Woche trifft die Mannschaft von Steffen Baumgart auf besagtes Bayer Leverkusen zum rheinischen Derby. Erwartungsgemäß dürfte bei Bayer für den "Effzeh" nicht viel zu holen sein.

Herthas 0:2-Niederlage in der Analyse

Fünf Lehren aus dem Bayern-Spiel

Gegen Bayern München zeigte sich Bundesliga-Schlusslicht Hertha BSC lange Zeit zumindest defensiv auf der Höhe. Warum es am Ende dennoch für keinen Punktgewinn reichte und was nun noch Mut macht im Abstiegskampf.

Köln braucht noch Punkte für den sicheren Klassenerhalt

Der 1. FC Köln wird also gegen die Hertha ebenfalls punkten müssen, um sicher in der Liga zu bleiben. Das sind keine guten Vorzeichen für die Berliner. Der nächste blau-weiße Hoffnungsschimmer: Die Kölner präsentieren sich in dieser Saison nicht gerade heimstark. Fünf Niederlagen setzte es bereits zuhause, unter anderem gegen den Abstiegskandidaten Bochum.

Für Pal Dardais Spieler wird es vor allem darum gehen, Köln läuferisch ebenbürtig zu sein. Kaum ein Team der Bundesliga läuft mehr als der "Effzeh", sagen die Statistiken, und keines schlägt mehr Flanken aus dem Spiel heraus. Dardais Vorgabe dürfte also lauten: Konsequentes Verteidigen der Kölner Flankenläufe und hohen Bälle - um dann die in dieser Saison so selten gemeisterten schnellen Umschaltmomente zu nutzen. Das sollte - so die Theorie - dann am Ende für die Tore zum Sieg oder zumindest einem Unentschieden reichen.

33. Spieltag: Zuhause gegen den VfL Bochum

Sollte es aber bescheiden laufen, könnte Hertha bereits vor dem letzten Heimspiel der Saison rechnerisch abgestiegen sein. Wenn nicht, wird ein Sieg gegen den VfL Bochum zur absoluten Pflicht, um diesen zumindest in der Tabelle zu überholen und im besten Fall sogar den Abstand zu vergrößern.

Die Mannschaft des Trainers Thomas Letsch ist vor allem gegen Top-Teams immer mal wieder für eine Überraschung gut. Sie gewann gegen Leipzig, holte einen Punkt im Stadion An der Alten Försterei und beeinflusste zuletzt mit dem Unentschieden gegen Borussia Dortmund sogar den Meisterschaftskampf.

Zeitgleich fängt sie sich aber auch die meisten Gegentore der ganzen Liga, 67 waren es bisher. Hertha hat die zweitmeisten, es sind nur sechs weniger. Hoffnung dürfte den Berlinern aber auch die Auswärtsschwäche des VfL machen. Nur acht Punkte gab es für die Herren von der Castroper Straße in dieser Saison auf Montage zu holen. Ligaweit schlechter ist hier nur noch Hertha selbst. Es trifft sich daher aus deren Sicht gut, dass die Partie im Olympiastadion ausgetragen wird.

Stadion-Blindenreporter bei Hertha BSC

Die Augen der Sehbehinderten

Dank Herthas ehrenamtlicher Blindenreporter entgeht auch sehbehinderten Fußballfans im Olympiastadion nichts. Und dennoch stoßen Stadionbesucher wie Johannes Lobinger immer wieder an Grenzen, die jeder Herthaner nur zu gut kennt. Von Anton Fahl

Um die Bochumer Verteidigung dort überwinden zu können, sollte man den Ball aber wohl möglichst am Boden halten. Denn niemand gewann in dieser Saison bislang so viele Kopfballduelle, wie der VfL und niemand hat so wenige Treffer mit dem Kopf gemacht, wie Hertha (4 von insgesamt 35). Pal Dardai wird also vor allem auf schnelles Kurzpassspiel setzen müssen, um am vorletzten Spieltag drei Punkte in der Hauptstadt zu behalten.

34. Spieltag: Auswärts beim VfL Wolfsburg

Optimal wäre es aus Sicht der Berliner natürlich, wenn es für sie am letzten Spieltag in Wolfsburg nur noch darum gehen würde, nicht zu arg auseinandergenommen zu werden. Würde sich der VfL vorne recht schludrig anstellen, könnte Hertha zumindest den Vorteil der besseren Tordifferenz gegenüber dem VfL Bochum wahren. Deutlich wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Berliner zu diesem Zeitpunkt entweder schon abgestiegen sind oder aber noch bangen müssen.

Aber wurscht wie, wenn man gegen eine Mannschaft von Niko Kovac spielt, weiß man: Es ist meistens extrem unangenehm. Denn die VW-Profifußballabteilung hat genau das, was Hertha so häufig Probleme bereitet: Schnelligkeit. Für kein anderes Team der Liga sind so viele intensive Läufe und Sprints notiert, Trainer Kovac lässt es eher selten schleifen. Ungünstig für die fehleranfällige Abwehr der Hertha, die in dieser Saison so oft Probleme mit dem Stellungsspiel gezeigt hat.

Fans und Angestellten der Hertha bleibt auch hier vor allen Dingen Hoffnung - darauf, dass die Gastgeber am letzten Spieltag schon mal ein wenig den Fuß vom Gas nehmen, weil sie die Qualifikation für die Conference League bereits sicher haben. Im Moment sieht es aber eher danach aus, als würde Wolfsburg bis zum Ende gegen Leverkusen um die Teilnahme am europäischen Geschäft kämpfen müssen. Dann könnte man es durchaus als kleines bis mittelgroßes Fußballwunder einsortieren, sollte sich Hertha tatsächlich am 34. Spieltag über zum Klassenerhalt oder in die Relegation retten.

Sendung: rbb24, 02.05.2023, 18 Uhr

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