Interview | BR-Volleys-Manager Kaweh Niroomand
Die BR Volleys sind erneut deutscher Meister im Volleyball. Die Berliner holten sich den siebten Titel in Folge, den 13. insgesamt. Für ihren Manager Kaweh Niroomand ist das durchaus von Bedeutung. Auch, weil die Voraussetzungen besondere waren.
rbb|24: Herr Niroomand, herzlichen Glückwunsch zur 13. deutschen Meisterschaft für die BR Volleys. Haben Sie die Feierlichkeiten gut verkraftet?
Kaweh Niroomand: Es geht so. Und es geht ja gleich weiter.
Es gibt aber auch allen Grund zu feiern. National haben sie alle Titel gewonnen, die Meisterschaft nun mit einer herausragenden Finalserie gegen den Erzrivalen aus Friedrichshafen.
Dazu in der Champions League mit dem Viertelfinale das Maximum dessen, was wir erreichen können. Und das mit einer Mannschaft, die neu zusammengestellt war. Es sind großartige Spieler gegangen. Die zu ersetzen, war nicht ganz so einfach. Eins zu eins war das gar nicht möglich. Da mussten wir eine andere Strategie verfolgen.
Die Sie wie beschreiben würden?
Wir haben darauf gesetzt, dass viele junge Leute eine Entwicklung nehmen, die das Team insgesamt stärkt. Man kann nicht von einem 23-Jährigen erwarten, dass er schon so spielt wie ein Sergej Grankin. Aber man kann hoffen, dass er Schritte nach vorne macht. So wie es Johannes Tille geschafft hat. Mit einem Tempo, das man vielleicht nicht erwartet hätte. Das gilt auch für Marek Sotola, das gilt für die Führungsfähigkeiten von Ruben Schott. Wir haben mehr auf die Kompaktheit des Teams gesetzt als auf die Stärke der Einzelnen.
Trotz aller Erfolge: Potential für Verbesserung gibt es immer.
Wir müssen auf zwei, drei Positionen Spieler holen, die in der Lage sind, die Stammspieler auch zu ersetzen. Marek Sotola zum Beispiel hat die gesamte Saison mehr oder weniger durchgespielt. Wir können nur froh sein, dass er sich nicht verletzt hat. Da müssen wir Lösungen finden, das Team in der Breite stärker machen.
An welche Positionen denken Sie?
Das gilt sicher für Außen und Diagonal. Und wir brauchen einen Ersatz für Angel Trinidad, der gehen wird. Er war als erster Zuspieler gedacht. Diese Position hat jetzt Johannes Tille eingenommen. So haben wir uns mit Trinidad verständigt, dass es für ihn besser ist, einen anderen Verein zu haben. Ein Spieler seiner Klasse kann nicht die Nummer zwei sein. Das ist für uns zu teuer und für ihn nicht anspruchsvoll genug.
Besonders in der Finalserie glänzten die Volleys mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung. Könnten Sie trotzdem einen Spieler der Saison benennen?
Das ist sehr schwierig zu sagen, weil ich finde, es haben sich viele entwickelt. Johannes Tille hat uns sicher alle überzeugt als Zuspieler. Wir hätten nicht gedacht, dass er in der kurzen Zeit so schnell nach vorne kommen kann. Marek Sotola ebenso. Der ist jetzt in Europa einer der begehrtesten Spieler auf der Diagonal-Position. Da muss ich froh sein, dass ich ihn hier halten kann. Und eine große Sorge vor der Saison war: Wer wird Kapitän? Wer ist in der Lage, Sergej Grankin zu ersetzen? Nicht spielerisch, sondern als Führungspersönlichkeit. Da haben wir uns lange Gedanken gemacht.
Am Ende haben Sie sich zunächst für Trinidad entschieden.
Durch seine Verletzung ist diese Rolle dann mehr oder weniger Ruben Schott zugefallen. Er ist eigentlich ein eher ruhiger Vertreter seiner Zunft. Aber er hat mit seiner Art, und das zunehmend bestimmender, die Mannschaft geführt. Das war eine sehr wichtige Entwicklung für uns. Denn am Ende braucht so eine Mannschaft, so kompakt sie auch in der Breite ist, auch immer wieder Führungsspieler.
Der Plan ging auf, am Ende steht die 13. deutsche Meisterschaft für die BR Volleys. Jetzt sind sie zusammen mit Friedrichshafen Rekordmeister. Ist das nur eine Zahl oder etwas von Wert?
Das bedeutet mir sehr viel. Vor einigen Jahren hatten wir sogar überlegt, das als Ziel auszugeben, haben es dann aber öffentlich nicht so gespielt, um nicht als arrogant dazustehen. Aber damit geht man in die Geschichtsbücher ein. Das ist keine Momentaufnahme, das wird immer und immer wieder erwähnt werden, auch viele Jahre später noch.
Die Motivation für die kommende Saison steht dann wohl schon fest. Endlich alleiniger Rekordhalter.
Genauso ist es. Ich habe gerade vorhin zusammen gerechnet: Eigentlich wären das jetzt zwei Titel mehr. Und Friedrichshafen hätten einen weniger. Denn wir hatten eine ähnliche Situation, 2015 war das, glaube ich. Wir haben mit 2:1-Siegen geführt in der Finalserie gegen Friedrichshafen. Der überragende Mann war Paul Carroll. Und es war alles bestellt. Der Regierende (Bürgermeister, Anm. d. Red.) war eingeladen, die Halle ausverkauft. Und in der Nacht vor dem Spiel ist Carroll auf dem Weg zur Toilette ausgerutscht und hat sich das gesamte Knie zerschossen. Den Schreck hat die Mannschaft nicht verkraftet.
Und der zweite Titel?
Das Jahr 2020. Das war nicht in Ordnung von der Liga-Führung, uns dort den Titel nicht anzuerkennen (Im Zuge der Corona-Pandemie wurde die Saison abgebrochen, Anm. d. Red.).
Die Jagd nach dem nächsten Titel gehen Sie mit einem neuen Trainer an. Der Erfolgscoach Cedric Enard verlässt Berlin aus privaten Gründen. Auf ihn folgt der Brite Joel Banks. Müssen sich die Zuschauer auf einen anderen Spielstil einstellen?
Ich habe extra beide Trainer lange miteinander sprechen lassen. Das ging mehrere Stunden. Sie verstehen sich sehr gut, kennen sich sehr gut. Ich denke großartig wird sich nichts ändern. Aber es wäre nicht wünschenswert, wenn ein neuer Mann kommt und gar keine neuen Impulse setzt. Das ist auch der Grund, warum wie den Abschied von Enard mit einem ganz, ganz kleinen, optimistischen Auge sehen. Dass durch einen neuen Mann Impulse kommen. Daher erwarte ich schon, dass sich das ein oder andere ändern wird. Zumindest in der Trainingsmethodik, in der Ansprache. Aber das ist nicht befürchtet. Das ist gewollt.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Ilja Behnisch.
Sendung: rbb24 Inforadio, 07.05.2023, 19:15 Uhr
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