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Quelle: Alexis Berg

Berliner Ultraläufer Alexander Dautel

Wie steinige 85 Kilometer Spaß machen können

Laufen. Laufen. Und nochmals Laufen. Das ist die Leidenschaft von Alexander Dautel. In dieser Woche startet der 34-Jährige von der LG Nord Berlin bei der Berg- und Trail-Weltmeisterschaft (WMTRC) in Innsbruck. Von Thomas Juschus

Die Initialzündung bleibt für Alexander Dautel unvergessen. "Dieses Erlebnis hat richtig süchtig gemacht. Danach habe ich gemerkt, dass ich das wirklich will. Und habe gesehen, was man mit gezieltem Training alles erreichen kann, wie man von Monat zu Monat besser werden kann", erinnert sich der 34-Jährige gut an die Anfänge seiner Lauf-Karriere. Ende 2013 überreden ihn seine jüngeren Schwestern zur Teilnahme am Kopenhagen-Marathon.

Der Gelegenheits- und Hobby-Läufer entwickelt schnell Ehrgeiz, liest sich durch Laufforen und Fachbücher, kauft sich ein Trainingsbuch und fängt an, sich systematisch vorzubereiten. In der Vorbereitung auf Kopenhagen gewinnt er im Berliner Grunewald einen Halbmarathon. Sein ambitioniertes Ziel für die Marathon-Premiere lautet danach: Er will unter drei Stunden bleiben. Und Dautel knackt tatsächlich am 18. Mai 2014 in der dänischen Hauptstadt in 2:54,02 Stunden die Marke deutlich.

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Wechsel vom Marathon auf die Ultra-Distanz

Neun Jahre später reichen Dautel Marathon-Strecken längst nicht mehr aus; der Wahl-Berliner, der aus Oberfranken stammt, für das Studium nach Berlin kam und seit 2014 für die LG Nord Berlin startet, gehört in dieser Woche zum fast 30-köpfigen Aufgebot des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) für die World Mountain and Trail Running Championships (WMTRC) - die Weltmeisterschaften im Berg- und Trail-Laufen, die ab Dienstag in Innsbruck-Stubai ausgetragen werden.

Bis zum heutigen Montag (5. Juni) trainiert Dautel mit seinen beiden Schwestern noch auf der französischen Mittelmeer-Insel Korsika. Danach geht es für den Ultra-Läufer direkt weiter nach Tirol zur WMTRC. Neben Katharina Hartmuth vom SCC Berlin ist Dautel der zweite Starter aus der Bundeshauptstadt – und nimmt dort den "Trail Long" unter die Füße.

85 Kilometer, 5.600 Höhenmeter

Rund 85 Kilometer und dazu fast 5.600 Höhenmeter liegen am Freitag (9. Juni) in der Disziplin "Trail Long" vor Dautel und den Läuferinnen und Läufern aus fast 70 Ländern. Was für andere verrückt klingt, ist für ihn längst Passion und eine Lebenseinstellung geworden, wie er sagt.

Dabei läuft Dautel seit 2014 überhaupt erst regelmäßig und hat nach seiner erfolgreichen Marathon-Premiere in Dänemark schnell nach neuen Reizen und Herausforderungen gesucht. Ein paar Monate später ist der in Kronach (Oberfranken) aufgewachsene Dautel gemeinsam mit dem blinden Läufer Anton Luber beim Mauerweglauf in Berlin dabei. Von den 160 Kilometern absolviert er etwas über 100. "Ich habe dadurch Ultra-Läufe als machbar erfahren, bevor ich überhaupt irgendwelche Ziele in diese Richtung hatte", sagt er rückblickend. 2018 wird er Deutscher Meister über 100 Kilometer und gewinnt mit der Mannschaft eine WM-Bronzemedaille.

Excel-Tabellen und Trail-Codes

Parallel zu den Straßen-Läufen entdeckt Dautel bereits seine Leidenschaft für den Trail. "Als ich den ersten flachen 100-Kilometer-Lauf hinter mir hatte, war das Thema für mich eigentlich erledigt. Wenn man so ein Straßenrennen einmal gelaufen hat, kann man es immer wiederholen. Da ist fast alles berechenbar. Es gibt regelmäßig Verpflegung, und ich konnte mir anhand von Excel-Tabellen vorher ziemlich genau ausrechnen, wie ich mich wann fühlen werde", erinnert er sich. Die Berechenbarkeit eines Straßenlaufs ist für den 34-Jährigen relativ einfach.

"Den Code für einen Trail zu knacken, ist deutlich schwerer", sagt Dautel, der in Berlin Statistik studiert hat und als "Machine Learning Engineer" arbeitet. An einem Trail-Run reizt den Programmierer vor allem das Unberechenbare und Unvorhersehbare, wie er sagt. "Beim Radsport fährt man stupide nach Wattwerten und wie eine Maschine. Beim Trail spielen so viele Faktoren eine Rolle: Das Laufen an sich, das Essen, die Witterung und die Höhe, mit oder ohne Stöcke. Das finde ich faszinierend", erklärt Dautel, der nach einem beruflichen Abstecher nach Graz seit einiger Zeit wieder seinen Lebensmittelpunkt in Berlin hat.

Motivation ziehe er auch aus der Nähe zur Natur. "Das macht mir wirklich Spaß. Und zum anderen laufe ich wirklich gern. Und ich habe gemerkt, dass man mit Training sich auf solche Läufe vorbereiten und besser werden kann."

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Leistungssport finanziert aus eigener Tasche

Auf Korsika habe Dautel die 85 Kilometer lange WM-Strecke von Innsbruck schon einmal getestet – allerdings aufgeteilt auf drei Tage. "Korsika hat auch fast alpine Berge, da ließ sich Innsbruck gut simulieren", sagt Dautel, der in Tirol nach Durchsicht der Strecken-Grafiken mit einem "sehr, sehr zähen Lauf" rechnet. "Das wird ein Lauf, in dem man unbedingt Fehler vermeiden sollte. Man braucht einen guten Plan und eine gute Strategie", sagt Dautel, der seinen Sport und die vielen Reisen nahezu komplett als Amateur und aus eigener Tasche finanziert. "Ich habe die letzten Jahre nur keine Schuhe mehr bezahlt – das war es dann auch", sagt er.

Vorbereitet auf die Weltmeisterschaft habe sich Dautel ganz klassisch. Im Winter standen lange Läufe, Tempo-Training und Intervalle auf dem Programm. Und je näher der Wettkampf rücke, desto spezifischer werde das Training. "Da geht es darum, die Fitness auf den Trail zu übertragen", erklärt er.

Kaum Chancen auf eine Medaille

Chancen auf eine Medaille rechnet er sich bei der WMTRC nicht aus – weder im Einzel, noch in der Mannschaftswertung. "Deutschland ist im Trail noch unter ferner liefen, da haben wir normalerweise mit Ausnahme von Hannes Namberger aus Ruhpolding nichts zu melden. Auf den längeren Trails sind die Franzosen und Spanier sehr gut – da gibt es eine andere Trail-Lauf-Kultur als bei uns", sagt Alexander Dautel.

"Mein Ziel ist es, den bestmöglichen Lauf für mich zu machen und in der ersten Hälfte des Feldes ins Ziel zu kommen", sagt der Wahl-Berliner. Und vielleicht dem Code für Ultra-Trails wieder ein Stück näher zu kommen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 06.06.2023, 12:15 Uhr

Beitrag von Thomas Juschus

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