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Audio: Studio Cottbus | 01.09.2023 | Florian Ludwig | Quelle: IMAGO / Hentschel

Interview | Eduard "Ede" Geyer

"Genauso schnell wie man zum Denkmal erhoben wird, wird man angepinkelt"

Eduard "Ede" Geyer führte Energie Cottbus bis in die Bundesliga. Jetzt wird ihm dafür ein Denkmal gebaut. Im Interview spricht Geyer über seinen Ausflug zum 3D-Drucker, seine Zeit in Cottbus und den Fußball im Osten.

rbb|24: Herr Geyer, wie geht es Ihnen?

Eduard Geyer: Man könnte jetzt ein gewisses Alter hören. Da redet man fast nur noch über Gesundheit. Aber mir geht es gut und meiner Familie geht es gut. Ich kann nach wie vor den Sport machen, der mir zurzeit gefällt. Das sind Fitness und Ausdauer. Ich gehe ein bisschen Golfen, was ich früher gehasst habe. Aber das ist eine hochpräzise Angelegenheit. Ich denke, soweit kann ich ganz zufrieden sein.

Zur Person

Was macht die Hüfte?

Die Hüfte war ein Problem. Da habe ich eine neue links. Manchmal ist das Knie kaputt und manchmal ist es die Schulter. Ich würde sagen, das sind normale Abnutzungserscheinungen. Das sollte man eigentlich nicht drüber reden.

Wie sieht denn Ihr Alltag im Moment aus? Ich habe gehört, Sie waren an der Ostsee im Urlaub.

Wir versuchen ab und zu mal, aber nie zu lange, eher so 18 Tage an die Ostsee zu fahren. Da waren wir in Binz und jetzt vor Kurzem in Warnemünde. Das ist für uns eigentlich jedes Jahr so ein kleines Highlight. Die Ostsee, die lieben wir. Sie ist auch nicht allzu weit weg. Dann Südtirol, da fahren wir schon jahrelang hin. Wir versuchen uns immer, in ein paar Etappen zu erholen. Das wäre schon übertrieben - wir haben ja genügend Zeit. Aber wir haben natürlich auch vier Enkel und die wollen ja versorgt werden.

Wie beschäftigen Sie sich denn aktuell noch mit dem Sport und Fußball? Wie oft sind Sie im Stadion?

In Cottbus war ich jetzt längere Zeit nicht, obwohl ich ab und zu mal hinfahre, um ein Spiel anzugucken. Aber in Dresden gehe ich regelmäßig zu Dynamo. Man trifft viele Freunde und ehemalige Spieler. Man wünscht sich natürlich immer, dass Dresden nach oben kommt. Man wünscht sich auch als ehemaliger Trainer von Cottbus, dass Cottbus mal in die 3. Liga kommt. Ich verfolge eigentlich den Ostfußball, aber auch die Bundesliga, 2. Liga und Champions League.

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Ich habe jetzt einen gewissen Abstand. Ich brauche mich jetzt nicht mehr so aufregen, kann das in Ruhe genießen und sehe das eigentlich sehr entspannt. Aber immer mit dem Blickwinkel, dass ich den Ostvereinen immer ein bisschen mehr wünsche als allen anderen, weil man mit denen enger verbunden ist. Und natürlich hat mich auch gefreut, dass auch Union Berlin so einen Weg gemacht hat.

Sie sprechen Union an. Als Sie Trainer bei Cottbus waren, hat Union gerade in der 4. Liga gespielt. Jetzt ist Cottbus 4. Liga und Union spielt Champions League.

Das ist verrückt, ne. Der Werdegang der letzten fünf Jahre bei Union ist gar nicht zu toppen. Da ist schon ein kleines Wunder passiert, aber man braucht eben auch die richtigen Leute. Jeder muss wissen, was sein Aufgabengebiet ist, und man braucht auch starke Persönlichkeiten. Was Besseres hätte Union in den letzten Jahren gar nicht passieren können.

Jetzt kommen wir mal auf Ihr Denkmal in Cottbus. So viele Denkmäler hat die Stadt nicht. Wann haben Sie das erste Mal davon gehört, dass die Stadt Ihnen ein Denkmal bauen will?

Das ist schon eine ganze Weile her, aber ich habe das erst gar nicht richtig wahrgenommen. Ich dachte erst, das läuft so nebenbei. Alexander Knappe, der Musiker, hat das praktisch angeschoben und ein Voting gemacht. Und dann hat er mich mal angerufen und gesagt: "Es wird wahrscheinlich so sein, dass du ein Denkmal kriegst." Ich konnte mir da nicht viel drunter vorstellen und habe mich auch nicht viel interessiert.

Das kam, als es dann akut wurde und wir in Berlin für den 3D-Drucker waren. Das ist auch phänomenal, wenn man sieht, wie viele Kameras einen da durchleuchten und was dann rauskommt. Wenn man ein Denkmal kriegt, hat man natürlich auch ein schlechtes Gewissen. Aber ich denke mal, das Denkmal wird dann für den ganzen Verein stehen. Auch für die Spieler, die unter mir gelitten haben.

Wie lief das denn mit dem Denkmal und dem 3D-Drucker ab? Hat die Firma gesagt: "Herr Geyer, ziehen Sie sich mal ein schönes Hemd an und stellen Sie sich da hin." Oder wie lief das?

(lacht) Die Kleidungsvorschrift war nicht gegeben. Aber es war so, dass es auch für mich alles neu war. Es waren junge, sehr charakterlich starke Typen, die einem das alles gut erklärt haben. Und dann ist man in so eine Kammer mit 200 Kameras gekommen und musste sich für ein paar Sekunden ruhig verhalten. Da wurde man praktisch gescannt. Ich habe verschiedene Posen gemacht und eine haben wir dann als ganz gut empfunden. Ich selber habe es auch noch nicht gesehen. Ich habe nur ein kleines Video bekommen, wo der Kopf gescannt wird. Das ist eine große Sache, was da alles möglich ist.

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Ist es nicht auch verrückt: Sie sind jetzt fast 20 Jahre aus Cottbus weg und begeistern immer noch so viele Menschen. Das macht Sie doch bestimmt auch irgendwo stolz. Guckt man dann mit anderen Augen hin, wenn die einem nach 20 Jahren auch noch ein Denkmal geben?

Das ist schon verrückt, wenn man beobachtet, wie schnelllebig die Zeit ist. Ich habe damals mit meinen Partnern zusammen Cottbus zum Leben erweckt. Wir haben dort mit 1.000 Zuschauern angefangen. Cottbus war nie eine Fußballstadt. Das musste sich erst entwickeln. Aber wir haben uns auch nicht das Ziel gesetzt, dass wir in drei Jahren Bundesliga spielen wollen. Wir wollten irgendwie Fußball machen. Dass es so funktioniert hat, war auch für uns eine Überraschung.

Was natürlich dazukam: Als ich dort anfing, ist in der Lausitz viel weggebrochen. Viele Arbeitslose, vieles wurde schlecht geredet und ich denke, wir haben den Menschen auch Selbstwertgefühl gegeben. Als wir in die Bundesliga aufgestiegen sind, wollte erstmal kein Spieler nach Cottbus und keiner wusste, wo Cottbus liegt. Die sind reingefahren, haben am Schild "Cottbus" gelesen, drunter stand "Chóśebuz", und dann dachten sie es ist Polen oder die polnische Grenze. Die meisten Spieler aus dem Westen wollten nicht her. Und wenn der Spieler wollte, wollte die Frau nicht. So peu à peu ist Cottbus auch als Fußballstadt entstanden. So ein Pokalspiel mit 12.000 Zuschauern war früher gar nicht möglich.

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Ganz spontan zum Abschluss: Wem würden Sie ein Denkmal bauen?

Ich würde denken, dass Fußball nur eine Nebenrolle spielt, die in der Gesellschaft sehr eng verankert ist. Aber ich denke, da gibt es Gruppen, die in der Medizin, Chemie, Physik Dinge machen, die für viele Menschen unverständlich sind. Die sind mitunter ein bisschen im Schatten, aber die sind eigentlich für mich diejenigen, die die Gesellschaft voranbringen.

Das haben sich bestimmt viele in der Richtung verdient. Aber man muss ja auch immer ein bisschen vorsichtig mit Denkmälern sein. Genauso schnell wie man zum Denkmal erhoben wird, wird man angepinkelt.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Andreas Friebel, rbb Sport.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.09.2023, 16 Uhr

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