"Inklusiv gewinnt" in Potsdam
Malte und Ole Braunschweig sind Schwimmer mit und ohne Handicap. Am Sonntag werden sie beim Event "Inklusiv gewinnt" gegeneinander antreten. Neben ihrer Leidenschaft für den Sport verbindet die Brüder auch der Gewinn von Medaillen.
Eigentlich wollte Malte Braunschweig Fußballer werden. Der kleine Junge sieht bei einem Spiel seines großen Bruders zu. Und es ist um ihn geschehen. Er rennt einfach aufs Spielfeld. "Ole ist dem Ball hinterhergerannt und ich bin Ole hinterhergerannt", erzählt Malte Braunschweig im Interview mit rbb24. Sein Bruder Ole ergänzt: "Meine Mutter ist Klein-Malte im Zickzack hinterher, das Spiel musste dann für 15 Minuten unterbrochen werden." Danach habe die Mutter entschieden: Das mit dem Fußball lassen die Brüder mal besser sein.
Aus heutiger Sicht eine gute Entscheidung. Denn die beiden gebürtigen Berliner Malte und Ole Braunschweig, der eine 23, der andere 25 Jahre alt, sind mittlerweile zu erfolgreichen Schwimmern des Deutschen Schwimmverbandes gereift. Am kommenden Sonntag treten sie bei "Inklusiv gewinnt" in Potsdam (Sonntag, 16:45 Uhr live im rbb Fernsehen) gegeneinander an, wobei das Duell dann mit besonderen Vorgaben stattfinden wird. Denn Malte Braunschweig gehört zu den weltbesten Para-Schwimmern, während sein großer Bruder ganz ohne Handicap durchs Becken krault.
Durch einen speziellen Modus sind die Leistungen bei diesem Inklusions-Event direkt und fair vergleichbar. Beim Schwimmen funktioniert das nach einem speziellen System: Die persönliche Bestzeit entscheidet darüber, wann ein Athlet startet. Der am stärksten beeinträchtigte Schwimmer startet zuerst, danach bekommen die anderen Teilnehmer nacheinander ihr Startsignal. Wer als erster anschlägt, hat gewonnen.
Grundsätzlich treten olympische, paralympische und Special Olympics-Athletinnen und Athleten in einem Wettkampf gegeneinander an – und teils auch in Staffeln. Beim Schwimmen sind es neben Malte und Ole Braunschweig auch Weltmeister und Olympiasieger Florian Wellbrock und die Weltmeisterin im Para-Schwimmen von 2023, Verena Schott.
In weiteren Sportarten wie Kanu, Leichtathletik und Volleyball werden sich zusätzlich deutsche Top-Athletinnen und Athleten am Sonntag in Potsdam messen, darunter zahlreiche Nationalspieler, Weltmeister, und Olympiasieger – mit und ohne Handicap.
Malte Braunschweig wurde mit einer Dysmelie, einer Fehlbildung am linken Arm geboren, aber die Brüder haben sich von klein auf unterstützt. "Ich schätze an meinem Bruder sehr, dass er nie aufgibt", sagt Ole in einem rbb24-Interview kurz vor den Olympischen Spielen 2021. Für beide war dies der bisherige Höhepunkt ihrer Karriere: Als Brüderpaar schaffen sie die Qualifikation für Tokio, der eine für die Olympischen, der andere für die Para-Olympischen Spiele. Die größte Bühne, die es im Schwimmsport gibt.
Zu einer olympischen Medaille reicht es am Ende zwar nicht, aber seitdem haben die beiden Braunschweigs auf ihren Paradestrecken einen Leistungssprung gemacht. Ole holt bei der EM 2022 in Rom über 50 Meter Rücken mit Bronze erstmals Edelmetall. Malte schwimmt bei der Para-WM 2023 über 100 Meter Freistil und 100 Meter Schmetterling jeweils auf den dritten Platz. Wenn sie über den Antrieb für ihre Erfolge sprechen, dann kommen sie schnell auf die Familie zu sprechen: "Wir wollten unsere Eltern stolz machen und zeigen, dass sich der ganze Aufwand, das Investieren in uns gelohnt hat", sagt Ole Braunschweig.
Neben dem Gewinn von Bronzemedaillen verbindet die Brüder auch ihr Verein. Beide steigen für die SG Neukölln auf die Startblöcke und beide haben eine kleine Achillesferse: das ungeliebte Brustschwimmen. "Wenn wir in Potsdam das machen müssen, haben wir beide schon verloren", flachst Malte, und Ole kann da nur zustimmen. Glück für die beiden: Bei "Inklusiv gewinnt" werden die Brüder gegen andere Athleten im Rückenschwimmen antreten - aber eben erstmals auch bei einem Wettkampf gegeneinander.
Malte und Ole wollen dieses Kräftemessen gewinnen, denn eine gesunde Geschwister-Rivalität ist durchaus vorhanden. Sie wissen aber auch, dass es keine Bestzeiten geben wird, da sie nach einer längeren Pause erst vor wenigen Wochen wieder ins Training eingestiegen sind. Grundsätzlich geht es bei dem Inkluisions-Event in Potsdam für die beiden aber um viel mehr als "nur" den sportlichen Wettkampf. Malte Braunschweig sagt: "Wir wollen der Gesellschaft zeigen, dass para-olympische Sportler genauso hart trainieren wie olympische Sportler."
Schirmherrin der Veranstaltung ist die zweimalige Olympiasiegerin im Eiskunstlauf Katarina Witt. Sie wird am Sonntag die Athletinnen und Athleten im Luftschiffhafen in Potsdam begrüßen.
Das Event soll zukünftig einmal im Jahr stattfinden und dabei die Chancen von Inklusion erlebbar machen – mit den verbindenden Möglichkeiten des Sports, eingebettet in ein Familienfest, was es für Malte und Ole Braunschweig schon lange ist.
Weitere Infos über die Veranstaltung "Inklusiv gewinnt" gibt es hier.
Sendung: rbbUM6, 02.09.2023, 18 Uhr
Beitrag von Fabian Friedmann
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