Neues Nachwuchsleistungszentrum - Nachwuchs des 1. FC Union steht vor Sprung nach vorn

Di 10.10.23 | 15:02 Uhr | Von Till Oppermann
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Unions Nachwuchstorwart Yannick Stein fliegt durch den Strafraum. (Quelle: IMAGO/Matthias Koch)
Bild: IMAGO/ Matthias Koch

In der Champions League verzichtet der 1. FC Union Berlin notgedrungen auf einen Kaderplatz. Der Grund: Die Eisernen haben zu wenige Profis aus dem eigenen Nachwuchs. Mit neuer Infrastruktur soll sich das ändern. Von Till Oppermann

Marco Grote wollte es nicht beschönigen: "1:4 zu verlieren, ist am Ende schon doof", sagte der U19-Trainer des 1. FC Union Berlin nach der Niederlage vor einer Woche gegen Sporting Braga in der Uefa Youth League. Seine Mannschaft war vor mehr als 3.000 Zuschauern im Stadion An der Alten Försterei sogar in Führung gegangen. Doch dann zeigten die Portugiesen den Berlinern ihre sportlichen Grenzen auf.

Im Vergleich zum Union-Nachwuchs ist Bragas Jugendarbeit in Europa ganz vorne dabei. So weit vorne, dass jedes Jahr mehrere Jugendspieler den Sprung zu den Profis schaffen. Ein großer Teil des Youth-League-Aufgebots spielt schon mindestens für Bragas zweite Mannschaft in der dritten portugiesischen Liga.

UEFA Youth League

Die Youth League ist der größte internationale Klubwettbewerb im europäischen Jugendfußball. Qualifiziert sind die U19-Vertretungen der 32 Teilnehmer der Champions League sowie die U19-Meister der 32 besten europäischen Verbände. In diesem Jahr sind Spieler teilnahmeberechtigt, die nach dem 01.01.2005 geboren sind. Zusätzlich darf jeder Klub fünf Spieler aus dem Jahrgang 2004 nominieren.

Aus Grotes Startelf durfte dagegen noch niemand ein Pflichtspiel im Erwachsenenbereich bestreiten. Den Unterschied belegen schon die Gäste-Torschützen: Kauan Kelvin kam für eine Million Euro aus Brasilien, Roger Fernandes gab in dieser Saison schon zwei Vorlagen bei den Profis und João de Vasconcelos durchlief alle portugiesischen Junioren-Nationalmannschaften. Immerhin: "Da nehmen die Jungs etwas mit, auch wenn es weh tut", sagte Grote über seine Spieler.

Jugendbereich hat sich bereits entwickelt

Und doch hat sich im Union-Nachwuchs in den letzten Jahren mehr getan, als man annehmen könnte. Nach einem vierten Platz in der A-Jugend-Bundesliga Nord/Nordost in der Vorsaison steht die U19 derzeit sogar auf dem dritten Tabellenplatz. Mit U20-Nationalspieler Aljoscha Kemlein debütierte ein Eigengewächs in dieser Saison sowohl in der Bundesliga als auch schon in der Champions League. "Er zeigt uns, dass der Weg stimmt", lobte Nachwuchs-Chef Lutz Munack kürzlich im rbb|24-Interview.

Munack hat eine der schwersten Aufgaben bei Union. Einerseits ist es sein Auftrag, am neuen Nachwuchsleistungszentrum bundesliga-würdige Bedingungen zu schaffen, andererseits müssen die aktuellen jungen Teams schon so gut sein, dass sie sportlich irgendwie mit der rasanten Entwicklung der Profis Schritt halten können. Oder wie er es formulierte: "Unter der Woche spielen wir in Madrid, am Wochenende in Meppen."

Übergang zu den Profis nicht einfach

Dass dieser Spagat nicht immer gelingen kann, zeigte im vergangenen Sommer der Fall des Stürmers Malick Sanogo. Obwohl er in seiner letzten U19-Saison in 16 Ligaspielen 17 Tore erzielt hatte, ließen ihn die Eisernen ablösefrei zur zweiten Mannschaft des 1. FC Nürnberg ziehen. Er habe zwar Potential, so Sportdirektor Oliver Ruhnert, aber da Sanogo bei Union danach keine Spielpraxis mehr bekommen hätte, sei ein Wechsel der "logische Schritt" gewesen.

Und eine Folge der Tatsache, dass der sportliche Bereich bei Union schneller gewachsen ist als die Infrastruktur. Als Union im Jahr 2015 die zweite Mannschaft als Zwischenstufe zwischen Nachwuchs und Profis aus der Regionalliga abgemeldet hatte, war der Sprung aus der A-Jugend in die erste Mannschaft noch leichter.

Mittlerweile ist es so, dass Spieler wie U19-Kapitän Noah Engelbrecht oder U17-Torjäger Kelvin Ojo zwar hochtalentiert sind, ihre Perspektive in der Bundesliga-Mannschaft aber ziemlich unklar ist. Zumal selbst ein Vertrag nicht automatisch Einsatzzeiten verspricht. Der 21 Jahre alte Laurenz Dehl beispielsweise ist bereits seit vier Jahren Profi, aber bestritt in dieser Zeit noch kein Pflichtspiel für die erste Mannschaft. Aktuell dient er Union vor allem dazu, genügend im Verein ausgebildete "Local Player" im Kader zu haben. In der Champions League musste Union sogar auf einen Kaderplatz verzichten, weil es nicht genügend Eigengewächse gibt.

Local Player

In der Bundesliga gelten "Local Player" als Spieler, die entweder mindestens drei Jahre im eigenen Verein oder in Deutschland ausgebildet wurden. Seit der Saison 2008/09 muss jede Bundesliga-Mannschaft mindestens acht dieser Spieler im Kader führen, vier davon müssen im eigenen Verein ausgebildet worden sein. In der Champions League gilt die gleiche Regel. Weil Union bei der Nominierung nur drei Eigengewächse nennen konnte, ist einer der 25 Kaderplätze verfallen.

Neues Nachwuchsleistungszentrum als Ausgangspunkt

Geht es nach Präsident Dirk Zingler wird sich das mit der Fertigstellung des neuen Nachwuchsleistungszentrums rasch ändern. Mit dem 25-Millionen-Euro-Investment wolle Union das Ausbildungsniveau erhöhen, sagte Zingler gegenüber rbb|24. Aber dabei soll es nicht bleiben: "Nach dem Abschluss der Investition in Steine werden wir auch mehr in Beine im Nachwuchs investieren." Wie das aussehen könnte, zeigen zwei Transfers aus dem Sommer. Die U19-Spieler Ion Ciobanu und Oluwaseun Ogbemudia wurden jeweils für eine Ablösesumme vom 1. FC Nürnberg und vom FC St. Pauli verpflichtet.

In Zukunft will Union mit Vereinen wie Stadtrivale Hertha BSC, dem VfL Wolfsburg und RB Leipzig konkurrieren, die bisher bei den größten Talenten aus dem Nordosten des Landes die besten Chancen hatten. Bis dahin können die aktuellen Jugendspieler schon mal auf der größten Bühne des europäischen Fußballnachwuchs lernen, der Uefa Youth League.

Sendung: rbb24 Inforadio, 10.10.2023, 13:15

Beitrag von Till Oppermann

6 Kommentare

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  1. 5.

    Lando, ich muss sagen, ich lese deine Beiträge immer wieder mit einem Grinsen. Echt lustig, in was für einer Traumwelt die Eisernen leben. Dass Union nur dank Investor Kölmel (der den Weg für Red Bull nach Leipzig geebnet hat - kultig!) wird gerne unter den Teppich gekehrt. Dass man den sechstteuersten Kader Deutschlands hat wird auch vergessen, denn man möchte das Underdog-Image beibehalten. Das der Senat für das NLZ Geld springen lassen hat, weil Union selber nichts gebacken bekommen hat (erster Absatz dieses Artikels) etc.
    Umso lustiger, dass IMMER ein Seitenhieb Richtung Hertha sein muss. Gerade der Verein, der deutschlandweit mit die beste Nachwuchsarbeit leistet - und das seit Jahren, nicht wie du es darstellen möchtest, erst mit dem Geld von 777. Aber du kannst sicherlich auch erklären, wie Hertha aus Miami gelenkt wird, wie du es in einem anderen Beitrag kommentiert hast. Kannst ja man auf der MV am Sonntag gucken, wie viel Mitspracherecht 777 bei irgendwas hat. :)

  2. 3.

    Das Abmelden der 2. Mannschaft war ein großer Fehler, denn jetzt fehlt genau diese Stufe auf dem Weg in die 1. Mannschaft. Nachwuchsspieler, die nur alle paar Spiele 5 Min. Einsatzzeit bekommen, entwickeln sich kaum weiter.
    Hier ist genau diese Kombi wichtig - regelmäßige Spiele in Mannschaft 2 und gelegentlich die Chance auf Einsatzzeit in Mannschaft 1. Außerdem war die 2. Mannschaft gut um verletzte Spieler wieder an alte Leistungen heranzuführen.

  3. 1.

    Die Eröffnung des neuen NLZ wird die Nachwuchsförderung auf eine neue Stufe stellen und ist für Union ein Meilenstein.

    Ich hoffe sehr dass es dem FCU gelingt Rohdiamanten den anderen Mitbewerbern abzuluchsen und in Oberspree zu entwickeln.

    Es wird ein langer Weg werden, denn die bereits genannte Konkurrenz arbeitet mit enormer Wettbewerbsverzerrung (BSG Volkswagen, österreichischer Limokonzern, Franchise 777 aus Miami).

    Viel Erfolg & eisern!

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