Volleyball-Bundesligist SC Potsdam
Die Volleyball-Bundesliga hat dem SC Potsdam die Lizenz für die kommende Spielzeit mit Auflagen erteilt. Intern geht die Aufarbeitung von möglichen Steuervergehen in der Vergangenheit weiter - und könnte noch Konsequenzen für den Verein haben. Von Lars Becker
Einen Tag vor dem Start in die neue Bundesliga-Saison mit dem Auswärtsspiel in Dresden hat der SC Potsdam endgültig Klarheit: Die Volleyball-Bundesliga hat dem Vize-Meister der letzten Saison die Lizenz erteilt. Es ist eine positive Nachricht nach zuletzt unruhigen Zeiten im Verein. Nach Vorwürfen des Steuerbetrugs wurde die Spielbetriebs GmbH neu aufgestellt, die Profi-Verträge dorthin übertragen. Damit, so waren sich die Verantwortlichen schon im Vorfeld sicher, habe man die entscheidenden Grundlagen für die Lizenzerteilung gelegt und alle VBL-Vorgaben erfüllt.
Allerdings ist die Lizenzvergabe mit Auflagen verbunden. Der Verein müsse der Liga regelmäßig nachweisen, dass die "wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die ordnungsgemäße Geschäftsbesorgung" gegeben sei. Auch seine Liquiditat muss der SC Potsdam regelmäßig nachweisen.
Auch die Vorfälle der Vergangenheit könnten noch Folgen für den Verein mit sich bringen. "Es gibt natürlich auch in der Neuaufstellung noch etwaige Restrisiken, die aus der alten Saison kommen. Durch die Verzahnung von Verein und GmbH ist nicht gänzlich auszuschließen, dass es noch Forderungen an den Verein gibt", erklärt Daniel Sattler, Geschäftsführer der Volleyball-Bundesliga (VBL). Außerdem müsse zum Beispiel sichergestellt werden, dass die Fördermittel, die der Verein von Stadt und Land unter anderem für die Champions-League-Teilnahme erhält, auch der neuen GmbH zur Verfügung gestellt werden.
Der SC Potsdam soll in den bisherigen Vertragsgestaltungen seiner Volleyballerinnen gegen Steuerrecht verstoßen und Sozialversicherungspflichten missachtet haben. Das legt zumindest ein Gutachten nahe, das Vereinspräsident Andreas Klemund in Auftrag gegeben hatte. Dieses an die Öffentlichkeit gelangte Gutachten stürzte den Verein in eine schwere Krise.
Im Zuge der vereinsinternen Auseinandersetzungen sind der langjährige Vorstandsvorsitzende Peter Rieger und Sportdirektor Toni Rieger von ihren Ämtern zurückgetreten. Aufarbeitung und Klärung der Vorwürfe laufen in den Vereinsgremien und auch in Finanzbehörden weiter. Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wurde mit einem Zweitgutachten beauftragt. Noch bleibt offen, ob die Vorwürfe gerechtfertigt sind, ob daraus möglichicherweise sogar rechtliche Konsequenzen entstehen und wer in diesem Fall dann gerichtsfest haftbar gemacht werden könnte.
Da die Vorwürfe noch nicht justiziabel sind, spielten sie beim aktuellen Lizenzierungsverfahren der VBL noch keine direkte Rolle. Die weitere Entwicklung in Potsdam wird die Liga aber genau beobachten: "Die Bewertung der Vergangenheit und etwaige Verstöße im Lizenzierungsverfahren der Saison 22/23 sind noch nicht abgeschlossen", sagt Geschäftsführer Sattler, "wir haben ja hier auch Ermittlungen von Finanzbehörden und Staatsanwaltschaft, die wir abwarten".
Sollten dem Verein Rechtsverstöße nachgewiesen werden, dürfte auch die VBL nachträglich Sanktionen verhängen. Einen Lizenzentzug habe man dafür aber bisher nicht diskutiert. Dieser würde dem Verein nur drohen, wenn Auflagen wie die Liquidität zukünftig absehbar nicht erfüllt werden könnten. "Beim Höchstmaß der Bestrafung haben wir im Moment keinen Anlass, dem weiter nachzugehen. Das Übrige spielt sich dann zwischen Geldstrafe und Punktabzug ab. Das ist offen", so Sattler.
Die höhere Belastung durch Steuern und Sozialversicherungs-Abgaben in den umgeschriebenen Verträgen trägt der SC Potsdam. Spekuliert wird über einen Betrag im untersten sechsstelligen Bereich. Diese Gelder habe der Klub aber nicht beim Personal eingespart, betont Eugen Benzel, der im Zuge der sportlichen Umstrukturierung vom Team-Manager zum Sportdirektor aufgestiegen ist: "Unser Ziel war es, die Vertragsbestandteile, wie sie auch schon mit den Spielerinnen vereinbart waren, dann so auch zu erfüllen. Das heißt, wir haben es uns eher auf die Fahnen geschrieben, neue Partner zu finden, neue Sponsoren zu aquirieren".
Extrem froh und erleichtert ist Benzel aber vor allem, dass in der schwierigen Situation "viele Partner einfach auch geblieben sind und Unterstützung signalisiert haben." Sportdirektor Benzel, zugleich einer von zwei Geschäftsführern der neuen Spielbetriebs GmbH, sieht weitere Möglichkeiten, um zusätzliche Gelder zu erwirtschaften, "Potentiale, die wir in meinen Augen noch nicht ausgeschöpft haben, einfach auch versuchen voll auszunutzen. Es gibt in der VIP-Hospitality noch sehr viel Potential, was wir ausnutzen können."
Nach zwei sportlich erfolgreichen Jahren mit zwei Vize-Meisterschaften, Pokal-Finale, Super-Cup-Triumph und Champions-League-Teilnahme haben die Negativ-Schlagzeilen der letzten Wochen das so positive Image des SC Potsdam ordentlich angekratzt, die Reputation des größten und vielfältig sozial engagierten Brandenburger Klubs hat Schaden genommen. Viele Mitglieder sorgen sich um die Zukunft ihres Vereins, fragen sich, ob die vielseitigen Angebote weiter aufrechterhalten werden können. Neben dem Spitzensport, betont Pressesprecher Frank Bleydorn, habe der Verein auch ganz andere Ansprüche: "Da geht's einfach darum, jedem Potsdamer und jeder Potsdamerin wieder klarzumachen, dass der SC Potsdam der Verein für jeden Bürger hier schlechthin ist und seine Sportangebote natürlich auch genau in der Form, wie es sie bisher gab, aufrechterhalten wird."
Sendung: rbb24, 06.10.2023, 18 Uhr
Beitrag von Lars Becker
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