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Quelle: IMAGO / Matthias Koch

Interview | Sarah Abu Sabbah

"Man merkt einfach, dass der Verein komplett hinter uns steht"

Die Frauenabteilung von Union Berlin dominiert die Regionalliga Nordost. Toptorjägerin Sarah Abu Sabbah hat mit 14 Treffern einen großen Anteil. Im Interview spricht sie über Aufstiegsambitionen, Unions Professionalisierung und Mitleid mit Gegnern. Von Marc Schwitzky

rbb|24: 13:0 gegen Berolina Mitte, 9:0 gegen den 1. FFV Erfurt, 5:0 gegen den Magdeburger FFC und 8:0 gegen den die zweite Mannschaft von Turbine Potsdam – so lauten die letzten Ergebnisse von Union Berlins Frauenmannschaft. Sarah Abu Sabbah, haben Sie teilweise Mitleid mit ihren Gegenspielerinnen?

Sarah Abu Sabbah: Das ist eine gute Frage! Sie tun mir nicht leid, aber die Spiele machen auf jeden Fall uns mehr Spaß. Natürlich ist es für unsere Gegner nicht schön, gegen uns so viele Tore zu kassieren, aber darauf können wir auch stolz sein.

Sind diese Spiele dann trotzdem eine Herausforderung? Wünscht man sich nicht manchmal auch diese knappen Spiele oder freut man sich über einen so hohen Sieg genauso?

Wir haben das Spiel gegen Viktoria Berlin knapp mit 1:0 gewonnen – natürlich braucht es im Fußball auch diese spannenden Spiele. Wir freuen uns aber – ob wir das 1:0 oder 10:0 schießen – immer gleich.

Zur Person

Sie führen die Regionalliga Nordost mit neun Siegen aus neun Spielen und einem Torverhältnis von 52:1 an. Haben Sie solch eine makellose Dominanz vor der Saison erwartet?

Durch unsere Strukturen und das Teamgefühl wussten wir schon, dass wir die Regionalliga auf jeden Fall dominieren werden. Ich wusste aber natürlich nicht, dass es so gut laufen wird – das ist besonders schön.

Was macht Union derzeit so stark?

Das Team! Es passt momentan komplett bei uns – ob Trainerteam oder die Mannschaft selbst. Wir haben natürlich auch Schwächen, gehen gerade in unseren Trainingseinheiten auf diese Schwächen ein und arbeiten bereits an Details. Der Ehrgeiz ist da, die Hinrunde ohne Punktverlust zu beenden.

Überragender Saisonstart

Unions Frauenabteilung: Durch Professionalisierung zu Berlins Nummer 1

Im Sommer gab Union Berlin die Professionalisierung seiner Frauen-Mannschaft bekannt. Die Spielerinnen arbeiten und verdienen ihren Lebensunterhalt bei den Eisernen. Dieser Schritt scheint sich bereits früh in der Saison auszuzahlen.

Sie selbst haben mit 15 Toren in neun Spielen einen großen Anteil an dem bisherigen Erfolg. Derzeit sind sie Toptorjägerin der Liga. Was hat dazu beigetragen, dass Sie sich so schnell eingefunden haben?

Da muss ich natürlich auch wieder ein Lob an die Mannschaft richten. Ich habe mich vom ersten Tag an direkt wohlgefühlt. Natürlich war es anfangs etwas schwerer, da man lernen musste, welche Laufwege ich nehme und wie ich die Bälle gerne haben möchte. Mittlerweile versteht man sich auf dem Platz echt blind. Natürlich gibt es immer Verbesserungsmöglichkeiten, aber die Mannschaft hilft mir sehr dabei, dass ich immer Richtung Tor komme.

Im Sommer gab Union Berlin die Professionalisierung seiner Frauen-Mannschaft bekannt. Die Spielerinnen arbeiten und verdienen ihren Lebensunterhalt bei den Eisernen. Wie erleben Sie diesen Prozess innerhalb des Vereins?

Auf jeden Fall sehr schön und gut. Die Verhältnisse, die man bei Union hat, hat man nicht einmal in der unteren Hälfte der ersten Liga. Das kann man schon so sagen, das ist eine sehr starke Verbesserung. Man merkt einfach, dass der Verein komplett hinter uns steht – das ist richtig schön. Wir trainieren oftmals zweimal pro Tag und verdienen unser Geld damit – das ist im Frauenbereich in der Regionalliga eigentlich nicht der Fall.

Wie wird das Projekt von den Fans angenommen? Schwappt die Leidenschaft der Anhänger zu euch über?

Ja, auf jeden Fall! Ich bin dankbar für die Fans, bei den Spielen sind immer welche dabei. Es wäre natürlich noch schöner, wenn noch mehr Fans kommen würden, aber die, die da sind, machen eine Bombenstimmung. Sie haben ihren Anteil daran, dass wir derzeit so erfolgreich sind.

Gibt es einen Austausch mit der Männerabteilung? Wie nehmen Sie die Einbettung der Frauenabteilung im Verein wahr?

Ich finde, dass wir schon sehr gut eingebettet sind. Wir haben viele Medientermine, müssen immer mal wieder Videos drehen – ob Comedy oder das Beantworten von Fragen. Da kümmert sich der Verein sehr gut drum. Die Herrenabteilung postet auch regelmäßig unsere Ergebnisse auf ihren Social-Media-Kanälen und das unterstützt uns natürlich auch sehr.

Sie haben bei Bayer Leverkusen, Borussia Mönchengladbach und zuletzt beim SV Meppen in der Bundesliga gespielt. Nun spielen Sie plötzlich in der 3. Liga. Ein Rückschritt für Sie oder aufgrund von Unions Ambitionen langfristig zwei nach vorne?

Das ist für mich auf keinen Fall ein Rückschritt. Natürlich würde man zunächst sagen, dass es von den Ligen her einer ist, aber die Gespräche haben mir die Strukturen und Professionalisierung Unions aufgezeigt. Es macht einfach riesigen Spaß. Man versucht natürlich, der Mannschaft mit der eigenen Erfahrung zu helfen. Ein Teil der Mannschaft hat noch keine Bundesliga gespielt, deshalb tut man alles dafür, in die 2. Liga aufzusteigen. Wenn man schonmal Bundesliga gespielt hat, ist es natürlich das Ziel, wieder dahin zurückzukehren.

FAQ zum Dialogforum

So steht es um eine mögliche Berliner Olympia-Bewerbung

Sollte Berlin sich als Austragungsort für die Olympischen Spiele 2036 bewerben? Diese Frage wird am Sonntag im Rahmen des "Dialogforums Olympiabewerbung" diskutiert. Während der Berliner Senat sich eine Bewerbung wünscht, gibt es auch Skepsis.

Mit Viktoria Berlin gibt es einen weiteren sehr ambitionierten Regionalligisten, der mittelfristig die 1. Liga ansteuert. Auch Union-Rivale Hertha BSC ist seit dieser Saison mit einer eigenen Frauenabteilung am Start. Spüren Sie, dass sich aktuell etwas im Frauenfußball verändert?

Auf jeden Fall. Man merkt, dass heutzutage deutlich mehr in den Frauenfußball investiert wird als noch vor zehn oder 15 Jahren. Man merkt es auch an den Zuschauerzahlen, beim Derby gegen Hertha waren 1.500 Zuschauer im Stadion – das war einfach sehr schön. Der Frauenfußball hat einen riesigen Schritt nach vorne gemacht. Ich spüre es bei Union ja selbst, aber man sieht auch bei Hertha oder Viktoria, dass die Unterstützung deutlich besser geworden ist.

Würden Sie sich wünschen, dass Hertha irgendwann gegebenenfalls auch aufsteigt, damit das Stadtderby weiter bestehen kann?

Nachdem wir hoffentlich aufgestiegen sind, kann Hertha gerne nachziehen. Natürlich wäre es etwas Schönes, wenn Union und Hertha in der 2. Liga spielen würden, da das Stadtderby etwas ganz Besonderes ist.

Jennifer Zietz, Leiterin Frauen- und Mädchenfußball sagte vor ein paar Wochen: "Professionalisieren, um in der Regionalliga zu spielen, ist nicht unser Anspruch.“ Nach dem überragenden Saisonstart ist der Grundstein für einen Aufstieg in dieser Saison gelegt. Wohin soll es mit Unions Frauen gehen? Was sind Ihre Ziele – kurz wie mittelfristig?

Kurzfristig ist das Ziel, dass wir Herbstmeister werden, alle unsere Spiele gewinnen und auf uns selbst achten, um mittelfristig auch Meister zu werden. Langfristig wollen wir die Relegationsspiele gewinnen und uns in der 2. Bundesliga halten. Von dort aus kann man hoffen, recht schnell in die 1. Liga aufzusteigen, aber erst einmal wollen wir die 2. Liga erreichen und uns dort etablieren.

Sendung: rbb24, 10.11.2023, 18 Uhr

Beitrag von Marc Schwitzky

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