Organisator der Fanmeile in Berlin
Die Gruppen für die Fußball-EM werden am Samstag ausgelost. In Berlin laufen die Vorbereitungen allerdings schon seit Monaten. Moritz van Dülmen ist für das Fan-Fest zuständig. Im Interview spricht er über den aktuellen Stand und höhere Kosten.
rbb: Herr van Dülmen, Sie sind der Geschäftsführer der Kulturprojekte in Berlin. Was hat die Fußball-Europameisterschaft mit Kultur zu tun?
Moritz van Dülmen: Fußball ist Kultur aus unserer Sicht. Vor allem, was dann in Berlin los sein wird! Es geht nicht nur um das sportliche Turnier, sondern wir wissen von den anderen großen Turnieren, dass es eine ganze Stadt in den Bann zieht. Es ist ein großer Kultur-Wert, der passiert. Es wird wahnsinnig viele Veranstaltungen geben - natürlich rund um den Fußball, das verbindet die Menschen und wird das Thema Nummer eins sein.
Worum geht es bei diesem "Kulturprogramm" im Rahmen der Euro genau?
Wir bespielen die Innenstadt. Wir werden uns auf das Brandenburger Tor, die Straße des 17. Juni, den Platz vorm Reichstagsgelände konzentrieren, wo wir ein großes Kulturfestival mit Hunderten von verschiedenen Veranstaltungen und Projekten zelebrieren werden, und zwar über den gesamten Turnierzeitraum von Mitte Juni bis Mitte Juli hinweg. Die Viertel- und Halbfinals werden wir auf der Straße des 17. Juni - die ja auch als Fanmeile bekanntgeworden ist - auf Leinwänden zeigen. Das Highlight wird sein, dass wir aus dem Brandenburger Tor ein Fußballtor machen werden. Und die Straße des 17. Juni, also die Westseite des Brandenburger Tors hin zum Großen Stern, werden wir mit Rasen auslegen: Wir werden quasi ein Spielfeld bauen, einen Fan-Park für die Berlinerinnen und Berliner und alle Gäste. Es wird eine besondere, temporäre Sehenswürdigkeit Berlins sein.
Inwiefern gibt es auch Vorgaben seitens der Uefa, dass sie den Städten vorschreibt, was rund um das Turnier passieren muss?
Es ist letztlich eine Veranstaltung, die aus einem Guss sein soll. Da sind wir schnell bei Kommunikationsmaßnahmen, beim "Look and Feel" wie man auch sagt. Natürlich gibt ein Uefa-Logo mit einem Maskottchen etc.. Ob man das mag oder nicht, das spielt für die Sache erst mal keine Rolle. Es ist eine Veranstaltung, die auch einen großen Wiedererkennungswert hat. Dadurch ordnen wir uns ganz klar ein. Das heißt: Wir haben kein eigenes Corporate Design, sondern es ist ein Ort von zehn Orten in Berlin, die die Euro 2024 darstellen.
Wir haben im Oktober erfahren, dass die Gesamtaufwendungen der Stadt Berlin steigen - von 60 Millionen Euro, die einmal veranschlagt waren, auf rund 80 Millionen Euro. Welchen Anteil daran hat das "Kulturprogramm"?
Das lässt sich in Zahlen immer gar nicht so einfach sagen. Aber die Planungen liegen jetzt vor: Wir sind nicht wirklich teurer geworden, aber wir brauchen etwas mehr Geld als man vielleicht zu Vor-Corona-Zeiten geplant hat. Viele Dienstleistungen sind teurer geworden, der Markt hat sich sehr verengt. An vielen Stellen sind die Auflagen größer geworden. Man muss mehr Vorsorge treffen. Insofern: Ja, solche Projekte werden in keinem Fall billiger, das ist leider ein Trend. Ich glaube aber, beim Fußball ist es am Schluss eine Investition. Eigentlich jede Stadt auf der Welt sehnt sich danach, Ausrichter von so einem tollen, großen Event zu sein, denn das bringt ein Vielfaches an Geld in die Stadtkassen. So gesehen ist es eine starke Investition, wenn es auch ein paar Millionen mehr geworden sind. Sämtliche Angebote sind für die Besucherinnen und Besucher umsonst. Ich glaube, das ist eine gute Investition, die sich gut vertreten lässt, weil sie am Ende mehr Geld wieder einspielen wird. So gesehen ist es keine echte Belastung für den Steuerzahler.
Die deutsche Nationalmannschaft befindet sich gerade in einer Krise und macht wenig Lust auf die EM. Ist das für Ihre Planungen ein Problem?
Das ist alles andere als schön und ziemlich doof. In den nächsten Monaten kann aber natürlich noch ein bisschen was passieren. 2006 haben wir nicht nur ein Sommermärchen wegen des schönen Wetters erlebt, sondern auch wegen der guten Leistung der deutschen Mannschaft, mit der damals ebenfalls niemand gerechnet hat. Natürlich spielt das eine große Rolle. Wenn Deutschland direkt am Anfang rausfliegen sollte, sorgt das für einen gewissen Dämpfer. Für die Feierlichkeiten in Berlin und das Gesamtturnier ist es aber zum Glück nicht ganz so schlimm. Trotzdem beobachten wir das mit einer gewissen Sorge.
In Katar bei der WM war die Atmosphäre sehr steril und die ganze Veranstaltung sehr durchkommerzialisiert. Man hat gespürt, dass einige Menschen keine Lust mehr auf dieses Hochglanz-Produkt hatten. Muss man die Leute mit mehr Bodenständigkeit abholen?
Die Sterilität bekommen wir in Berlin gar nicht hin, das klappt vielleicht in München. In der ganzen Stadt wird es genügend dreckige Stellen geben, an denen es unrund ist - wunderbar. Am Brandenburger Tor wollen wir mit dem grünen Spielfeld ein anderes Bild schaffen. Auch das soll aber ein Aufenthaltsort werden - also nicht wie wir es sonst kennen: mit Sponsoren zugekleistert. Die gesamte Optik rund um das Brandenburger Tor und das Reichstagsgebäude wird anders sein als in Katar.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Tabea Kunze, rbb sport. Es handelt sich um eine gekürzte Fassung. Das gesamte Gespräch können Sie mit einem Klick ins Titelbild nachhören.
Sendung: rbb24 Inforadio, 28.11.23, 10 Uhr
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