2. Fußball-Bundesliga
Die Fans der Hertha und des Karlsruher SC haben Grund zur Freude: Zum ersten Mal seit fast 13 Jahren treffen die befreundeten Vereine am Samstag wieder in einem Pflichtspiel aufeinander. Sportlich stehen beide Klubs allerdings unter Druck.
"Beim KSC ist es schon immer so gewesen, dass der Klub eine Achterbahnfahrt hinlegt. Aber leider geht der Kurs aktuell steil nach unten", sagt Niklas Scheuble, gebürtiger Karlsruher und seit seiner Kindheit Anhänger des nordbadischen Traditionsvereins.
"Ich habe mit mir gerungen, ob ich die aktuelle Situation als Misere bezeichnen würde", sagt Scheuble im Gespräch mit rbb|24. Denn zeitweise habe es für den 33-Jährigen noch nach einer vorübergehenden "Ergebniskrise" ausgesehen. "Es fehlt das letzte Quäntchen, die Mannschaft bringt sich immer wieder um den eigenen Lohn."
So dominierte das Team etwa die Partie am 8. Spieltag gegen Holstein Kiel noch in der Anfangsphase, ohne allerdings ein Tor zu erzielen. Ein paar defensive Unachtsamkeiten später stand es schon 0:2, der KSC fand keine Antwort mehr. Auch gegen den SC Paderborn zeigte sich der KSC in der Vorwoche phasenweise stürmisch, war nach einem 0:1-Rückstand mit seinen Offensivleuten Igor Matanovic, Fabian Schleusener und dem im Sommer zum KSC zurückgewechselten Lars Stindl drauf und dran, den Ausgleich zu erzielen – ohne Erfolg. Am Ende ging das Spiel mit 0:3 verloren.
Mittlerweile ist das Team von Trainer Christian Eichner auf den Relegationsrang abgestürzt. Mit nur einem Sieg aus den vergangenen neun Spielen scheint der Begriff "Misere" zutreffend.
Die Vorfreude auf das Spiel unter Freunden ist groß. Abgesehen von der Verbindung zwischen dem FC Schalke 04 und dem 1. FC Nürnberg sei Scheuble in Deutschland keine Fanfreundschaft bekannt, die einen so großen Stellenwert genieße wie die zwischen Hertha und dem Sportclub aus Karlsruhe. Die Partnerschaft besteht seit nunmehr fast 50 Jahren und soll entstanden sein, als Hertha-Fans nach Karlsruhe anreisten und dort - überraschend - überaus herzlich in Empfang genommen wurden.
Entsprechend haben für das anstehende Zweitligaspiel zwei Ultra-Gruppierungen des KSC einen Sonderzug von Karlsruhe nach Berlin organisiert; in der Hauptstadt werden die ankommenden Badener von Herthanern in Empfang genommen.
Scheuble verweist zudem auf ein gemeinsames Fan-Fest, dass Hertha- und KSC-Anhänger am Samstag in einer dafür gemieteten Halle auf dem Berliner Messegelände feiern werden [ultra1894.de]. Danach wollen die Fans gemeinsam ins Olympiastadion gehen.
"Lars Stindl ist zu gut für die zweite Liga, wenn man ehrlich ist", sagt der KSC-Podcaster. Der ehemalige Nationalspieler war im Sommer nach acht Jahren bei Borussia Mönchengladbach zurückgekehrt zu dem Klub, der sowohl sein Jugendverein als auch erste Profistation gewesen ist. "In Gladbach hätte er bestimmt noch ein, zwei gute Jahre gehabt", zeigt sich Scheuble überzeugt. Doch der mittlerweile 35-Jährige verlängerte seinen auslaufenden Vertrag bei den Fohlen nicht und teilte mit, wieder in seiner Heimat spielen zu wollen. Für Scheuble und viele andere KSC-Fans sei es die "die Rückkehr des verlorenen Sohnes" gewesen.
Unter Trainer Eichner wurde der ehemalige Nationalspieler sowohl im Sturm als auch im offensiven Mittelfeld eingesetzt. Auf der Position des Zehners konnte Stindl seine Kreativität bislang besser zur Geltung bringen, findet Scheuble.
Pal Dardai (Hertha BSC): "Du musst Respekt für den Gegner haben, Gras fressen, den neuen Rasen richtig kaputt machen, Tore machen und gewinnen."
Christian Eichner (Karlsruher SC): "Das ist für die Fans eine tolle Geschichte. Trotzdem ist es ein Zweitligaspiel. Da wird die Hertha die Punkte brauchen, wir werden sie brauchen."
Etwaigen Kritikern, denen zufolge Hertha BSC im bisherigen Saisonverlauf hinter den Erwartungen zurückliegt, hielt Pal Dardai am Donnerstag auf der Pressekonferenz entgegen: "Da habe ich eine Frage: Wo haben wir angefangen in dieser Saison? Dass es vielleicht gar keine Saison gibt wegen der Lizenz. Wir haben die ganze Mannschaft abgegeben und eine neue geholt."
Gewinnen die Berliner ihr Heimspiel gegen Karlsruhe, winkt immerhin der Sprung in die obere Tabellenhälfte. Ein Sieg wäre laut Dardai auch wichtig, um mit einem guten Gefühl in die anstehende Länderspielpause zu gehen.
Für dieses Unterfangen setzt Dardai auf die beiden Innenverteidiger Toni Leistner und Marc Oliver Kempf, die nach ihren Sperren wieder verfügbar sind. "Die zwei erfahrenen Hasen kommen zurück. Sie werden spielen." In der Offensive muss der Trainer weiter auf seine verletzten Söhne Bence und Palko Dardai verzichten.
Herthas mögliche Startelf: Ernst - Kenny, Leistner, Kempf, Karbownik - Dardai, Zeefuik - Winkler, Reese - Niederlechner - Tabakovic
So wohlgesinnt sich beide Fanlager auch gegenübertreten: Beide Teams brauchen die Punkte und werden sich auf dem Platz sicher auch in entsprechender Intensität begegnen. Entscheidend dürfte sein, ob Herthas gefürchtete Offensive nach der Nullnummer bei Hansa Rostock wieder Fahrt aufnimmt.
Tipp des Gegner-Experten: Scheuble traut der Karlsruher Offensive zu, Herthas Abwehr im Olympiastadion vor Probleme zu stellen – 2:2.
Redaktionstipp: Herthas Fans werden den Karlsruhern Trost spenden müssen – 3:1.
Sendung: rbb24, 09.11.2023, 22 Uhr
Beitrag von Shea Westhoff
Artikel im mobilen Angebot lesen