Berliner Basketball-Weltmeister
Wegen des engen NBA-Spielplans gibt es Weihnachten für die Berliner Basketball-Weltmeister Moritz und Franz Wagner nur im Schnelldurchlauf. Dennoch wird gefeiert, mit Eltern und Freunden aus Berlin. Und zurückgeschaut - auf einen "richtig geilen Sommer". Von Heiko Oldörp
Franz Wagner muss schmunzeln. Sein Gesicht verrät, dass ihm der Gedanke zwar durchaus sympathisch ist, aber die bei der Basketball-Weltmeisterschaft gewonnene Goldmedaille tatsächlich an den Tannenbaum zu hängen? Nein, das sei dann doch "ein bisschen kitschig", sagt der 22-Jährige gegenüber dem rbb.
Außerdem, ergänzt Wagner, finde er es "immer ganz gut, das normale Leben vom Sportler-Dasein ein bisschen zu trennen". Und eben deshalb seien zu Weihnachten neben den Eltern Beate und Axel auch Freunde aus Berlin zu Besuch in Orlando, "die uns vor allem als Moritz und Franz kennen - und nicht als Basketballer".
Den Tannenbaum haben der 26-jährige Moritz und der vier Jahre jüngere Franz schon etwas länger in ihrer WG stehen. In diesen Tagen soll er geschmückt werden. "Das machen wir immer zusammen", sagt Franz. Weihnachten selbst wird für das einzige deutsche Bruderpaar der NBA-Geschichte allerdings eher schnell abgehandelt.
Am 23. Dezember spielen die Orlando Magic noch bei den Indiana Pacers - und am 26. Dezember bereits wieder bei den Washington Wizards. Nur zwei Tage frei - zu wenig Zeit, um irgendwo hinzufliegen. Deshalb feiern die Wagners Weihnachten unter Palmen in Orlando. Und weil die Söhne bis kurz vor dem Fest beruflich voll eingespannt sind, erledigen die Eltern wichtige Weihnachts-Besorgungen. "Sie übernehmen sehr viele Aufgaben, muss ich zugeben", betont Moritz.
Gefeiert wird zwar mitten in Florida, aber dennoch "typisch deutsch", sagt Franz. Bescherung an Heiligabend, Festessen am 1. Weihnachtsfeiertag. Gans und Rotkohl seien auch im Sunshine State mühelos zu bekommen. Und in Sachen Knödel vertraue er "der Expertise von unseren Eltern und Freunden aus Berlin".
In den letzten Tagen dieses Jahres blicken Moritz und Franz gerne zurück auf die vergangenen Monate, lassen 2023 ein wenig Revue passieren. Dabei ragen die Weltmeisterschaft und der sensationelle Titelgewinn natürlich heraus. Die beiden Berliner Brüder waren unverzichtbare Leistungsträger beim größten Triumph der deutschen Basketball-Geschichte. Im mit 83:77 gegen Serbien gewonnenen Finale erzielte Franz mit 19 Zählern nach Kapitän Dennis Schröder die zweitmeisten Punkte, Moritz steuerte acht Zähler bei.
Der WM-Erfolg habe ihm gezeigt, dass "Opfer bringen fürs Team produktiv" sei, erklärt Moritz. Er war schon immer der etwas extrovertiertere und selbstbewusster Daherkommende der beiden. Insofern habe die Goldmedaille nicht so viel an seinem Auftreten geändert, sagt der 2,11 Meter große Power Forward. Aber er habe durch diese grandiosen zweieinhalb Wochen, die acht Siege in acht Spielen, nun ein "besseres Verständnis" für und auch ein "gewisses Vertrauen" in seine Rolle.
Der Triumph von Manila ist mittlerweile über drei Monate her, für Franz Wagner aber trotzdem immer noch "schwierig in Worte zu fassen". Er spricht von einem "richtig geilen Sommer" und einem "ganz besonderen Vibe, der da entstanden" sei. Nach ihrer Rückkehr nach Orlando haben beide häufig ihre "World-Champions"-T-Shirts getragen. Und es habe von internationalen Spielern "immer mal wieder Gratulationen" gegeben, sagt Moritz. Insgesamt sei im NBA-Alltag aber nicht mehr viel vom WM-Gefühl zu merken, da man zu sehr auf das Tagesgeschäft fokussiert sei.
Auch dort sieht es für die Wagners richtig gut aus. Nachdem die Playoffs in den vergangenen Jahren reine Illusion waren, erscheinen sie in dieser Saison durchaus realistisch. Nach 25 von 82 Hauptrunden-Partien ist das junge Orlando-Team Vierter in der Eastern Conference, hat bislang unter anderem bereits Meister Denver Nuggets sowie die Titel-Mitfavoriten Milwaukee Bucks und Boston Celtics besiegt.
"Wir sind alle ein Jahr älter, haben dazugelernt und eine richtige Identität als Gruppe entwickelt", begründet Franz den Aufschwung. Auf dem Parkett und auch außerhalb gebe es eine enge Verbundenheit der Akteure. Es sei deutlich zu sehen, so Franz Wagner, "dass wir für einander spielen wollen".
Doch so erfolgreich sie künftig auch mit ihrem Verein sein mögen, Orlando ist für beide reines Business. Berlin hingegen ist, trotz der knapp 8.000 Kilometer Entfernung, Heimat. Jeden Sommer kehren Moritz und Franz Wagner zurück in ihre Stadt, in der sie bei Alba Berlin zu Basketball-Profis wurden. Er liebe Berlin, komme immer wieder mit Freude dorthin, sagt Moritz. Wenn er in der Hauptstadt ankomme, ergänzt Franz, habe er "direkt ein ganz anderes Gefühl, das man in anderen Städten nicht kriegt". Und auch wenn sie zu Weihnachten nicht nach Berlin reisen können, werden Familie und Freunde sicherlich ein bisschen Heimatgefühle unter dem Tannenbaum aufkommen lassen - ob mit oder ohne Goldmedaille.
Sendung: rbb24 Inforadio, 19.12.2023, 11:15 Uhr
Beitrag von Heiko Oldörp
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