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Video: rbb Fernsehen | 22.12.2023 | Retro / rbb-Archiv | Quelle: rbb

Parallel-Slalom 1986

Als die Ski-Weltelite auf den Teufelsberg kam

Berlin gilt weder als Berg-Region noch als sonderlich schneefest. Trotzdem war der Teufelsberg viele Jahre lang ein Mekka für Ski-Fahrer. 1986 sogar für die weltbesten. Auch wenn nicht alles nach Plan lief. Von Ilja Behnisch

Bitte bleiben Sie dran jetzt. Es geht gleich ums Weltklasse-Skifahren. In Berlin. 1986. Versprochen. Aber erstmal ein bisschen Ichthyologie, Fischkunde. Bitterling heißt die seltene Karpfenart, die im Berliner Teufelssee vorkommt, von Kennern natürlich liebevoll beim lateinischen Namen gerufen: Rhodeus sericeus amarus Pallas.

Und wer hat in den 1920er Jahren das Skispringen nach Berlin und später den Ski-Sport generell auf den angrenzenden Teufelsberg gebracht? Sie ahnen es vielleicht schon: Der Skiclub Pallas. Ein irrer Zufall? Unbedingt! Aber es wird noch irrer.

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Olympiasieger Wasmeier erinnert sich gern

Eine richtige Sprungschanze stand einmal auf dem zwischen 1950 und 1972 errichteten Schuttberg, der mit seinen 120,1 Metern über dem Meeresspiegel bis 2015 als der höchste Berg Berlins galt. Aber auch Ski-Abfahrt war möglich und vor allem in den Sechziger Jahren beliebt.

Alte Abendschau-Berichte des rbb künden von 1964 errichteten Flutlichtmasten, Schneekanonen und Schleppliften. Auch Ski-Unterricht konnte man nehmen. "Das Ganze kostet Sie einen Telefonanruf im Sporthaus Hansen in Berlin-Neukölln, da befindet sich das Büro des Berliner Skiklubs", heißt es im TV-Bericht von damals. Die Gebühr für die Kurse übernahm übrigens der Senat. Andere Zeiten.

Auch, weil an organisierten Skisport längst nicht mehr zu denken ist. 1999 wurde der Sprungturm abgerissen, seither steht die Ruine der berühmten amerikanischen Abhörstation auf dem Teufelsberg allein in der Landschaft. Der wintersportliche Höhepunkt des Teufelsbergs lag da schon 13 Jahre zurück. Ein offizieller Wettbewerb im Parallel-Slalom war es, der am 28. Dezember 1986 für Schlagzeilen sorgte.

Von einem Weltcup-Rennen ist hier und da im Rückblick die Rede. Tatsächlich ging die Veranstaltung jedoch lediglich in die Wertung für den sogenannten Nationencup ein. Weltklasse-Athleten waren trotzdem am Start, unter anderem Markus Wasmeier, Olympiasieger 1994. Der auch heute noch mit viel Wohlwollen auf die Veranstaltung zurückblickt - und das, obwohl er gleich im Vorlauf ausgeschieden war: "Die Zuschauer sind mir in Erinnerung geblieben, dass die unwahrscheinlich mitgefiebert haben, trotz des schlechten Wetters."

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Zu wenige Zuschauer

Vier Grad plus hatte es am Wettkampftag. Der zuvor mit zwei Schneekanonen und unter Mithilfe eines österreichischen Kunstschnee-Gurus 20 Zentimeter hoch aufgebrachte Untergrund drohte im frühmorgendlichen Regen in die ewigen Ski-Alpin-Gründe zu versinken. Nur mit viel Einsatz und noch mehr Brezel(!)-Salz ließ sich der Kunstschnee überreden, noch ein bisschen länger liegen zu bleiben.

400 Meter lang war die Piste. 82 Höhenmeter mussten die 21 Starter überwinden, ehe sie nach einem Kampf Mann gegen Mann über die Ziellinie schossen. Frenetisch in Empfang genommen von 13.000 Zuschauern. Oder auch 14.800 Zuschauern. Die Quellen sind sich da nicht einig. Klar ist: Zu den Heimspielen der damals wie heute in der zweiten Fußball-Bundesliga aufspielenden Hertha kamen 1986/87 im Schnitt gerade einmal 4.080 Menschen. Doch auch die fast zehntausend Berliner mehr, die es am 28. Dezember auf den Teufelsberg trieb, reichten nicht hin, die Veranstaltung verlustfrei über die Bühne zu bringen. Tatsächlich hatten die Ausrichter mit einer doppelt so hohen Besucherzahl gerechnet.

Ärger mit den Amis

Immerhin den Amerikanern wird es recht gewesen sein. Schon früher fühlten sie sich so nah an ihrer Abhörstation gestört von all den wintersportbegeisterten Menschen. Und während des Ski-Rennens auch von der TV-Berichterstattung. So soll der diensthabende Offizier mitten in der Übertragung beim Sender angerufen und verlangt haben, fortan die Gebäude des US- Militärs aus dem Bildausschnitt zu verbannen. Sollte man der "Bitte" nicht Folge leisten, werde man das Fernseh-Signal abschalten.

Doch soweit kam es nicht, und so konnten die Deutschen auch auf dem Sofa mitverfolgen, wie der Österreicher Leonhard Stock, immerhin Olympia-Sieger 1980, den Parallel-Salom auf dem Berliner Teufelsberg für sich entschied. Stock ist nach seinem Triumph übrigens nie wieder in der deutschen Hauptstadt gewesen. Aber man soll ja bekanntlich aufhören, wenn es am schönsten ist.

Sendung: rbb24, 28.12.2023, 21:45 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch

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