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Quelle: IMAGO / Ostseephoto

Eiskunstlauf-EM

"Ich würde noch nicht davon sprechen, dass sie ein Traumpaar sind"

Bei der Eiskunstlauf-EM in Kaunas stehen zwei Berliner Paare besonders im Fokus. Hase/Volodin laufen bislang eine nahezu perfekte Saison, Hocke/Kunkel zählen ebenfalls zu den Medaillen-Kandidaten. Der Expertencheck mit Daniel Weiss.

Vor dem Auftakt der Europameisterschaft im Eiskunstlauf, die am Mittwoch im litauischen Kaunas beginnt, gibt es gerade aus Berliner Sicht allen Grund zur Vorfreude. Das neu formierte Paarlauf-Duo, bestehend aus Minerva Hase und Nikita Volodin, gewann in seiner Premieren-Saison bislang alle Wettkämpfe. Auch in Kaunas (alle EM-Entscheidungen sehen Sie im Livestream auf sportschau.de) zählen die Berlinerin und der gebürtige Sankt Petersburger – beide 24 Jahre alt – zu den Top-Favoriten.

Und doch steigt Daniel Weiss ganz dezent auf die Euphorie-Bremse. "Sie haben ganz viele tolle Ansätze, eine fantastische Technik und akrobatische Elemente unglaublich schnell gelernt", sagt der ehemalige deutsche Eiskunstläufer und heutige ARD-Experte. "Ich wäre aber noch vorsichtig mit Superlativen und würde noch nicht davon sprechen, dass sie ein Traumpaar sind." Es sei allerdings bemerkenswert, wie gut sie nach so kurzer Zeit schon harmonieren würden. Auch Eiskunstlauf-Urgestein Knut Schubert hatte Hase und Volodin unlängst als "Rohdiamanten" bezeichnet.

Eiskunstlauf-Paar Hase und Volodin

"Das sind zwei Rohdiamanten"

Mit einem neuen Paarlauf-Partner möchte die Berliner Eiskunstläuferin Minerva-Fabienne Hase wieder Podiumsplätze angreifen - eine internationale Startfreigabe für den russischen Nikita Volodin macht es möglich. Von Anton Fahl

Von dreifachen Twists und innovativen Choreographien

Verbesserungspotenzial sieht Weiss etwa in einem der Parade-Elemente des Paarlaufs: dem dreifachen Twist. "Beim Absprung muss das Bein der Dame einen gewissen Winkel haben, um den höchsten Schwierigkeitsgrad zu bekommen. Davon sind sie noch weit entfernt." In der Choreographie sähe es "schon toll aus", doch auch in dieser Hinsicht sei "Luft nach oben, um noch geschmeidiger und innovativer zu werden. Das braucht ein, zwei Jahre, um zu reifen und instinktiv zu wissen, wie sich der Partner bewegt. Wenn du das schaffst, bist du ein Traumpaar."

Weiss traut es Hase/Volodin sogar zu, eine ähnliche Ära zu prägen wie es Aljona Savchenko gelang - erst mit ihrem Partner Robin Szolkowy, mit dem sie zwei Mal olympische Bronze gewann (2010, 2014) und später mit Bruno Massot, mit dem der Aufstieg nach ganz oben glückte (2018).

"Sie haben die Grundvoraussetzungen, um bis zu den Olympischen Spielen 2026 etwas ganz Großes daraus zu machen", sagt Weiss. Es käme nun besonders darauf an, immer wieder zu beweisen, dass sie mit dem steigenden Druck umgehen können. Denn: Nach der EM ist vor der WM, die im März in Montreal ansteht. "Das Talent haben sie."

Der erste Auftritt in Finnland sei "eher wackelig", der Grand-Prix in Japan sei dagegen schon "wirklich super" gewesen. Vor dem Grand-Prix-Finale im Dezember in Peking war Volodin zunächst aufgrund einer Erkrankung eine Woche außer Gefecht - und trotzdem triumphierte das Duo am Ende. "Da hat er gezeigt, was für ein fantastischer Sportler er ist. Er ist ohne Vorbereitung nach China geflogen und dann haben die beiden da super abgeliefert. Und Glück gehört auch immer dazu", meint Weiss.

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Eiskunstlauf-Duo Hocke/Kunkel arbeitet sich zurück

Das Berliner Eiskunstlaufpaar Annika Hocke und Robert Kunkel konnte nicht beim Grand-Prix-Finale in Peking teilnehmen, weil Kunkel mit Rückenbeschwerden zu kämpfen hat. Nun trainieren die Deutschen Meister für ihr Comeback auf dem Eis. Von Tabea Kunze

Volodin noch ohne deutschen Pass

Gänzlich unumstritten ist das neue Paarlauf-Duo aber nicht. Volodin darf wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine nicht unter der Flagge seines Heimatlandes an Wettkämpfen teilnehmen. Stattdessen trainiert er seit der Saison 2022/23 mit Hase - und kann in der laufenden Spielzeit dank einer internationalen Starterlaubnis für Deutschland an den Start gehen.

"Ich habe da eine zweigeteilte, klare Antwort. Ich bin weiterhin gegen die Teilnahme russischer Sportler, auch wenn sie nichts dafür können, dass ihre Staatsführung diesen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt. Wir können das aber nicht laufen lassen, ohne darauf zu reagieren", meint Weiss. "Auf der anderen Seite muss man jeden Fall einzeln betrachten. Nikita hatte mit dem Leistungssport in Russland nichts mehr zu tun. Er ist bei Shows gelaufen und hätte das ohne Partnerin so auslaufen lassen. Ihn nach Deutschland zu holen, finde ich daher schon legitim. Er ist - im Gegensatz zu anderen Spitzensportlern - auch nicht dadurch aufgefallen, dass er sich im Stadion neben Putin hingestellt und ihn gefeiert hat. Er will für Deutschland starten und hat von Russland die Freigabe bekommen. Das finde ich absolut okay."

Für eine Teilnahme an den Olympischen Winterspielen 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo bräuchte Volodin jedoch noch einen deutschen Pass - ein Sachverhalt mit offenem Ausgang, den Weiss als "das nächste Zittern" beschreibt.

Chef's Kiss: Das Berliner Paarlauf-Duo Annika Hocke und Robert Kunkel. (Quelle: IMAGO / Xinhua) | Quelle: IMAGO / Xinhua

Um die Zukunft des deutschen Paarlaufs macht sich der Eiskunstlauf-Experte aber ohnehin keine Sorgen. "Was Medaillen betrifft, sind wir nur im Paarlauf konkurrenzfähig. In allen anderen Disziplinen spielt Deutschland keine Rolle." Schließlich wäre da ja noch ein zweites Berliner Paar - bestehend aus der 23-jährigen Annika Hocke und dem 24-jährigen Robert Kunkel - zu nennen, das ebenfalls in Kaunas mitmischen wird und das bei den Europameisterschaften im Vorjahr die Bronzemedaille gewann.

"Es ist eine wahnsinnig enge und spannende Konkurrenz. Für die Zuschauer ist das toll", sagt Weiss. "Es gibt sieben oder acht Paare, die um das Podium kämpfen. Nicht so wie früher, da wusste man: Da kommen drei russische Paare und ein italienisches und dann ist klar, wer auf dem Podium landet. Diesmal ist es sehr offen."

Erfolg hätte historische Dimension

Eine erst kürzlich auskurierte Rückenverletzung von Robert Kunkel komme erschwerend hinzu, könne aber auch "ein kleiner Vorteil sein." Hocke und Kunkel würden, so Weiss, nicht mehr mit der Erwartungshaltung in die Europameisterschaft starten, unbedingt eine Medaille zu gewinnen. "Der Erwartungsdruck ist nicht mehr so hoch. Vielleicht tut es ihnen sogar gut, im Schatten von Minerva und Nikita zu stehen."

Und dennoch meint der Experte: "Beide deutschen Paare haben das Potenzial, eine Medaille zu holen." Was eine Leistung von historischer Dimension wäre. Denn zuletzt gelang das vor mehr als vierzig Jahren, bei der Europameisterschaft in Dortmund 1983, als Deutschland noch ein geteiltes Land war. Damals holte Sabine Baeß mit Tassilo Thierbach die Goldmedaille, während Birgit Lorenz und Knut Schubert auf dem dritten Platz landeten.

Die positive Entwicklung des deutschen Paarlaufs – pünktlich zu den beiden bevorstehenden sportlichen Höhepunkten - kommt nicht von ungefähr, meint Weiss: "Annika und Minerva waren mit ihren Partnern schon seit ein paar Jahren im Windschatten von Aljona. Das ist nicht von Null auf Hundert gekommen, das dauert alles seine Zeit."

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