2. Fußball-Bundesliga
Bei Hertha BSC ist der Bundesliga-Aufstieg kein Muss, aber ein Traum. Am Freitagabend treffen die Berliner auf Holstein Kiel. Ein Sieg über den Tabellenzweiten würde Hertha auf sechs Punkte heranbringen.
Holstein Kiel gehört momentan zum Favoritenkreis um den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga. Zuletzt war man zwar im Topspiel gegen Spitzenreiter FC St. Pauli mit 3:4 unterlegen, zeigte aber nach der Pause große Moral, schaffte den Anschluss und hätte beinahe noch einen Punkt geholt. Der Start ins neue Jahr war für den Herbstmeister allerdings geprägt von einem Auf und Ab. Zwei Niederlagen im Januar (gegen Braunschweig und Fürth) folgten ein Remis gegen Magdeburg und zwei Siege gegen Schalke und Paderborn.
Trainer Marcel Rapp steht für Kontinuität, ist seit zweieinhalb Jahren im Amt und hat eine spielstarke Mannschaft geformt, die mit Steven Skrzybski und Lewis Holtby dazu zwei namhafte Offensivspieler in ihren Reihen weiß. Beide präsentierten sich zuletzt formstark. Sebastian Richter vom Kieler Fanklub "Förde Lords" sagt rbb|24 zu Trainer Rapp: "Er hat offensichtlich richtig Ahnung, all seine taktischen Umstellungen funktionieren und Kiel spielt unter ihm immer wieder überraschenden Fußball."
Rapps bevorzugtes Spielsystem ist ein 3-4-1-2, mit Holtby als Antreiber hinter den beiden Spitzen, dazu verfügt Holstein über schnelle, gefährliche Außenbahnspielern wie Tim Rothe, der bereits auf sechs Torvorlagen kommt. Kiel zeichnet zudem eine große Stärke auf fremden Plätzen aus. Mit sieben Siegen aus elf Spielen belegen die Holsteiner den ersten Platz in der Auswärtstabelle der 2. Liga. Hertha sollte in seinem Heimspiel also gewarnt sein vor der Konterstärke des Gegners.
"Zufriedenheit wäre untertrieben - es ist Wahnsinn, einfach unglaublich", zeigt sich Kiel-Fan Sebastian Richter gerade zu euphorisiert von der bisherigen Saison seiner "Störche". Es habe nach dem gehörigen Kaderumbruch im vergangenen Sommer niemand damit gerechnet, dass Holstein Kiel 2023/24 Chancen auf den Aufstieg in die erste Liga haben würde.
Zig langjährige Leistungsträger und Identifikationsfiguren hatten den Verein vor Saisonbeginn verlassen. Hauke Wahl ging zu St. Pauli, Alexander Mühling nach Sandhausen, Fin Bartels beendete die Karriere - und dann ist da ja noch Fabian Reese. Der Flügelstürmer wechselte im Sommer von Kiel zu Hertha. Die Verantwortlichen begegneten dem Aderlass damit, sehr viele junge Spieler zu verpflichten. "Dass das innerhalb kürzester Zeit so gut passen würde, hat niemand für möglich gehalten", so Richter.
Auch die aus seiner Sicht sehr gelungenen Fan-Proteste gegen den DFL-Investoren-Deal stimmen den 53-Jährigen äußerst positiv: "Demokratischer ging es nicht, ich fand es super. Am beeindruckendsten fand ich, wie friedlich und kreativ es abgelaufen ist."
"Es klingt womöglich wie eine Phrase, aber: es gibt niemanden, der heraussticht", sagt Kiel-Fan Richter. "Die sind alle gut drauf und können alles etwas. Im letzten Spiel haben dann auch die, die zuletzt Ladehemmungen hatten - Joshua Mees, Shuto Machino und Winterneuzugang Alexander Bernhardsson - alle getroffen. Die Torgefahr ist auf sehr viele Schultern verteilt", so Richter, der das Kieler Kollektiv betont.
Und dann fällt ihm doch noch ein Name ein: "Steven Skrzybski ist vermutlich noch einmal eine Liga für sich, blickt man auf die Technik." Der 31-Jährige ist mit acht Saisontreffern Kiels bester Torschütze, hinzukommen zwei Vorlagen. Gegen Hertha könnte der gebürtige Berliner besonders motiviert sein - von 2000 bis 2011 spielte er für den Stadtrivalen Union Berlin.
Pal Dardai: "Selten war ich so positiv wie jetzt, das strahle ich im Umgang mit den Spielern auch aus. Sie trainieren energisch, sind auch verbal gut dabei. Wir sind oft genug auf die Nase gefallen, um zu lernen, dass wir gemeinsam etwas schaffen können. Das ist für das Wochenende das optimale Spiel. Es ist einer der besten Gegner, nicht umsonst stehen sie da oben. Trotzdem wollen wir in unserem Stadion gewinnen."
Marcel Rapp: Die Pressekonferenz von Holstein Kiel zum Spieltag fand nach Veröffentlichung dieses Artikels statt.
Hertha-Trainer Pal Dardai hat die Qual der Wahl. Nachdem Andreas Bouchalakis mit einem erneuten Fehler ein Gegentor beim 1:1 am vergangenen Spieltag bei Eintracht Braunschweig verursacht hatte, könnte ein Wechsel auf der Sechser-Position bevorstehen. Nicht nur Bouchalakis, auch Doppelsechspartner Aymen Barkok steht in der Kritik.
Mit Pascal Klemens und Jeremy Dudziak stehen Alternativen bereit. Auf der anderen Seite erwartet Dardai viele große Spieler beim aktuellen Tabellenzweiten, zu denen Bouchalakis und auch sein Nebenmann Barkok besser passen würden: "Die beiden sind kopfballstarke Spieler, die auch schon mal besser gespielt haben." Ein schwieriges Puzzle für den Ungarn.
Ein weiteres Puzzleteil ist Ibrahim Maza, der sich nach langer Verletzungspause beeindruckend zurückgemeldet und beim Unentschieden in Braunschweig einen Treffer erzielt hatte. Die Wahrscheinlichkeit, dass der 18-jährige Angreifer gegen Kiel startet, sei laut Dardai groß. Wer definitiv nicht spielen wird, sind die Verletzten: Marc-Oliver Kempf, Marton Dardai und Agustin Rogel.
Ernst - Kenny, Klemens, Leistner, Karbownik - Bouchalakis, Barkok - P. Dardai, Maza, Reese - Tabakovic
Der Tipp des Gegner-Experten: "Reese darf zwar den Ehrentreffer machen, aber es geht 3:1 für Kiel aus."
Der rbb|24-Tipp: Dass Fabian Reese gegen seine alte Liebe trifft, kann man unterschreiben. Allerdings tut er das, um seine neue Liebe zu einem 2:2-Unentschieden zu schießen. Damit macht Hertha tabellarisch keine großen Sprünge, lässt den Abstand nach oben aber auch nicht abreißen.
Sendung: Der Tag, 28.02.2024, 18 Uhr
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